Therapie der Hypothyreose

Mini-Update

Über die Therapiekontrollen bei Hypothyreose wurde in unserer Zeitschrift vor sehr vielen Jahren berichtet.(1) Aktueller sind die Angaben zu Levothyroxin in unserem (zur Zeit vergriffenen) Buch über «100 wichtige Medikamente». In der Ausgabe vom August 2009 der «Treatment Guidelines from The Medical Letter» werden die aktuellen Empfehlungen zu diesem Thema wiedergegeben.(2) Der folgende Text fasst diese Empfehlungen zusammen.

Levothyroxin

Levothyroxin (T4) zeichnet sich allgemein durch eine gute Bioverfügbarkeit (bis zu 80% einer oralen Dosis) und eine lange Halbwertszeit (7 Tage) aus. Das Hormon kann deshalb gut nur einmal täglich gegeben werden und es ist nicht schlimm, wenn einmal eine Dosis vergessen wird. Die Bioverfügbarkeit verschiedener Levothyroxin-Präparate wird in der amerikanischen Literatur kontrovers diskutiert; es gibt jedoch keine guten Anhaltspunkte, dass das eine oder das andere Präparat vorzuziehen wäre.(3)

Wird ein adäquater T4-Blutspiegel aufrechterhalten, so ist damit eine genügende Versorgung des Körpers mit dem biologisch aktiven Trijodthyronin (T3) sichergestellt. Eine Levothyroxin- Monotherapie genügt, um bei Personen nach einer Thyroidektomie normale T3-Spiegel zu erzeugen.(4)

Levothyroxin hat eine geringe therapeutische Breite. Bei Kranken im Alter über 50 Jahren, die eine asymptomatische Herzkrankheit haben könnten, wird eine Behandlung deshalb mit einer niedrigen Levothyroxin-Dosis (25 bis 50 mcg/Tag) begonnen. Ist bereits eine koronare Herzkrankheit oder bedeutsame kardiale Risikofaktoren vorhanden, so kann die Anfangsdosis auch nur 12,5 mcg/Tag betragen. Die Tagesdosis kann dann in kleinen Schritten alle 4 bis 6 Wochen angepasst werden.

Es ist wichtig, dass Levothyroxin nüchtern, mindestens eine halbe Stunde vor dem Frühstück, mit einem grossen Glas Wasser eingenommen wird. Obwohl, wie erwähnt, kein Präparat speziell vorzuziehen ist, empfiehlt es sich, einer Person immer dasselbe Präparat abzugeben.

Die Wirkung der Hormonsubstitution wird frühestens nach 2-3 Wochen manifest. Der Schilddrüsen-Hormonstatus soll zuerst nach etwa 6 Wochen und später jeweils 6 Wochen nach einer Dosisanpassung überprüft werden. Lässt sich ein euthyreoter Zustand feststellen, so genügen Kontrollen alle 6-12 Monate. Zusätzliche Kontrollen sind indiziert, wenn ein Medikament hinzugefügt wird, das eine Interaktion verursachen könnte, sowie in der Schwangerschaft.

Unerwünschte Wirkungen beruhen in der Regel auf einer zu hochdosierten Behandlung; sie entsprechen den Symptomen einer Hyperthyreose. Eine iatrogene Hyperthyreose kann Ursache eines Vorhofflimmerns sein und trägt langfristig das Risiko einer Osteoporose.

Zahlreiche Interaktionen sind bekannt; in der Tabelle 1 sind Medikamente zusammengestellt, die die Wirkung einer Levothyroxin- Behandlung beeinträchtigen. Levothyroxin kann auch, bei nicht-euthyreoten Kranken, die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen. So kann bei Therapiebeginn eine verminderte Digoxin- und Theophyllinwirkung und eine erhöhte Wirkung oraler Antikoagulantien beobachtet werden.

In der Schweiz sind drei verschiedene Levothyroxin-Präparate, Eltroxin®, Euthyrox® und Tirosint® erhältlich. Während Eltroxin ® nur in zwei Dosisstufen (50 und 100 mcg) existiert, sind die letzteren beiden Präparate in zahlreichen Dosisstufen verfügbar. Die 50-mcg-Tablette von Eltroxin® ist teilbar; bei Euthyrox ® sind alle Tabletten (von 25 bis 200 mcg) teilbar. Tirosint ® wird als Weichkapseln zu 12,5 bis 150 mcg angeboten. Euthyrox® hat den Vorteil, dass alle Dosisstufen denselben Preis haben (entsprechend monatlichen Kosten von CHF 5.25).

Liothyronin

Oral verabreichtes Liothyronin (T3) wird praktisch zu 100% bioverfügbar, hat aber eine viel kürzere Halbwertszeit (1,5 Tage) als T4. Da dies zu relativ ausgeprägten Schwankungen des Plasmaspiegels führt, wird es nicht zur Substitution empfohlen. Es ist jedoch als fixe Kombination mit T4 erhältlich. Das in der Schweiz verkaufte Präparat heisst Novothyral® und enthält 100 mcg Levothyroxin und 20 mcg Liothyronin in einer (teilbaren) Tablette. Gemäss einer Meta-Analyse wird mit einer kombinierten T3/T4-Therapie in Bezug auf verschiedene Messgrössen (Lebensqualität, Körpergewicht, Lipide) kein signifikant besseres Resultat als mit einer T4-Monotherapie erreicht.(5) Es ist jedoch möglich, dass Personen mit einer genetisch bestimmten Variante des DIO2-Gens unter der Kombination bessere Resultate erreichen.(6)

Schwangerschaft

Einzelne Fachleute empfehlen, vor und allenfalls während einer Schwangerschaft die Schilddrüsenfunktion zu überprüfen. Sofern eine Hypothyreose behandelt werden muss, sollte das TSH bis zum Erreichen stabiler Werte in 6-wöchigen Abständen kontrolliert werden.

Myxödem-Koma

Besonders bei alten und während langer Zeit unbehandelten Personen mit Hypothyreose kann es zu einem Myxödem- Koma kommen. Dieses soll rasch mit hohen Levothyroxin- Dosen (100 bis 500 mcg am ersten Tag, in der Folge noch 50 bis 100 mcg/Tag) behandelt werden. Da es sich um eine seltene Komplikation handelt, gibt es jedoch kaum kontrollierte Studien.

Zusammengefasst und ergänzt von E.Gysling

Subklinische Hypothyreose

Ob Personen mit TSH-Werten zwischen 5 und 10 mU/L, aber normalem freiem T4 als hypothyreot behandelt werden sollen, wird kontrovers beurteilt. Unklar ist auch, ob Personen mit subklinischer Hypothyreose einem erhöhten kardiovaskulären oder Mortalitäts-Risiko ausgesetzt sind.(7)

Standpunkte und Meinungen

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Therapie der Hypothyreose (1. Oktober 2009)
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
pharma-kritik, 31/No. 5
PK255
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