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Frakturrisiko bei latenter Schilddrüsendysfunktion
- m -- Blum MR, Bauer DC, Collet TH et al. Subclinical thyroid dysfunction and fracture risk. JAMA 2015 (26.Mai); 313: 2055-65 [Link]
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Peter Wiesli
- infomed screen Jahrgang 19 (2015)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 23. September 2015 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei Personen mit einer manifesten Hyperthyreose ist das Frakturrisiko erhöht. Ob auch eine latente Hyper- oder Hypothyreose mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert ist, sollte mit dieser Meta-Analyse untersucht werden.
Methoden
In den Datenbanken Medline und Embase wurde nach Kohortenstudien gesucht, in denen der Zusammenhang zwischen TSH-Werten und Frakturrisiko untersucht worden war, und für die individuelle Patientendaten verfügbar waren. Als Euthyreose galten TSH-Werte von 0,45-4,49 mIU/l, als latente Hyperthyreose solche von kleiner als 0,45 mIU/l und als latente Hypothyreose solche von 4,50 bis 19,99 mIU/l (beide bei normalem freiem T4). Primärer Endpunkt war die Zahl von Hüftfrakturen.
Ergebnisse
13 prospektive Kohortenstudien erfüllten die Auswahlkriterien. Unter 70'298 Personen (Durchschnittsalter 64 Jahre, 61% Frauen) fand man 4'092 (5,8%) mit einer latenten Hypothyreose und 2'219 (3,2%) mit einer latenten Hyperthyreose. Während total 762'401 Personenjahren (durchschnittliche Beobachtungszeit 12,1 Jahre) wurden bei 2'975 (4,6%) Personen Hüftfrakturen beobachtet. Die «Hazard Ratio» HR für eine Hüftfraktur betrug für eine latente Hyperthyreose im Vergleich mit einer Euthyreose 1,36 (95% CI 1,13-1,64). Wenn Personen, die im Rahmen der Substitution einer Hypothyreose erniedrigte TSH-Werte aufwiesen, nicht in die Analyse einbezogen wurden, betrug die HR sogar 1,52 (95% CI 1,19-1,93). Ein TSH-Wert unter 0,1 mIU/l war mit einem noch höheren Hüftfraktur-Risiko verbunden (HR 1,61; 95% CI 1,21 -2,15). Das Risiko für Frakturen allgemein (sekundärer Endpunkt) war mit einer HR von 1,28 ebenfalls erhöht. Eine latente Hypothyreose hingegen war nicht mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert.
Schlussfolgerungen
Eine latente Hyperthyreose ist mit einem erhöhten Frakturrisiko assoziiert, nicht aber eine latente Hypothyreose.
Zusammengefasst von Thomas Koch
Eine über einen langen Zeitraum persistierende Hyperthyreose begünstigt die Entwicklung einer Osteoporose, besonders wenn zusätzliche Risikofaktoren wie ein Sexualhormonmangel vorliegen. Ein erhöhtes Fraktur-Risiko im Zusammenhang mit einem Exzess an Schilddrüsenhormonen wäre darum grundsätzlich biologisch plausibel. Entscheidend ist aber die Frage, ob sich mit einer Behandlung eines leichten Schilddrüsenhormonexzesses das Fraktur-Risiko senken lässt. Ob und in welchem Ausmass sich die Behandlung einer subklinischen Hyperthyreose auf das Fraktur-Risiko auswirkt, kann aufgrund dieser Studie nicht beurteilt werden. Die Behandlung einer Hyperthyreose mit Thyreostatika, Radiojod oder einer Thyreoidektomie ist medizinisch und ökonomisch anspruchsvoll und sollte nur bei klarer Indikation durchgeführt werden. Unbestritten ist die Behandlung bei einer manifesten Hyperthyreose (erhöhte periphere Schilddrüsenhormone und supprimiertes TSH). Die Therapie einer subklinischen Hyperthyreose wird kontrovers diskutiert. Meines Erachtens kommen für die Behandlung einer subklinischen Hyperthyreose (normale periphere Hormone und TSH-Suppression) am ehesten symptomatische Personen mit mindestens zweimal nachgewiesenem TSH unter 0,1 mU/l in Frage. Müdigkeit, Gewichtsabnahme und Schwäche können bei betagten Menschen die einzigen Symptome einer Hyperthyreose sein. Bei asymptomatischen Personen mit persistierender TSH-Suppression kann eine Behandlung im Einzelfall in Betracht gezogen werden, wenn sie älter als 65 Jahre sind und eine Herzkrankheit (Vorhofflimmern) und/oder Osteoporose haben. Sehr zurückhaltend sollte meines Erachtens aufgrund der aktuellen Datenlage die Indikation für eine Behandlung der subklinischen Hyperthyreose bei asymptomatischen Personen mit einem TSH über 0,1 mU/l gestellt werden. Vor allem muss (und kann) bei der Behandlung einer Hypothyreose mit Schilddrüsenhormonen eine Übersubstitution vermieden werden.
Peter Wiesli
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