Ketoazidose unter SGLT-2-Hemmern
- pharma-kritik-Jahrgang 42
, Nummer 4, PK1118
Redaktionsschluss: 27. November 2020 - PDF-Download der Printversion dieses Artikels
Bereits 2015 wurde aufgrund von Fallberichten und von Beobachtungen in klinischen Studien vor dem Risiko einer diabetischen Ketoazidose unter SGLT-2-Hemmern («Gliflozinen») wie Canagliflozin (Invokana®), Dapagliflozin (Forxiga®) und Empagliflozin (Jardiance®) gewarnt. Jetzt wurde diese unerwünschte Wirkung in einer grossen Kohorte bei über 200’000 Personen mit einem Typ-2-Diabetes untersucht, die SGLT-2-Hemmer erhielten. Verglichen wurden diese mit einer sehr ähnlichen Population, die aber DPP-4-Hemmer («Gliptine») erhielt. Während gut 370'000 Personenjahren wurde bei 351 Individuen eine diabetische Ketoazidose festgestellt, was einer Inzidenzrate von 1,4 auf 1000 Personenjahre entspricht. Das relative Risiko war unter SGLT-2-Hemmern um das Dreifache erhöht, mit dem stärksten Effekt unter Canagliflozin (Hazard Ratio HR 3,58, 95%-Vertrauensintervall 2,13-6,03), gefolgt von Empagliflozin (HR 2.52, 1,23-5,14) und Dapagliflozin (HR 1,86, 1,11-3,10). Dies könnte auf Unterschieden in der Rezeptorselektivität und dem Grad der renalen Elimination beruhen. Diese Studie bestätigt damit die Assoziation von Ketoazidose mit SGLT-2-Hemmern evidenzbasiert mit Praxisdaten («real-world»). Bei einer solchen seltenen unerwünschten Wirkung bleibt jedoch das absolute Risiko auch bei einer relativen Erhöhung um das Dreifache gering. Gerade in Anbetracht des zukünftig wohl eher erweiterten Einsatzes von SGLT-2-Hemmern (zur Prävention von kardiovaskulären und renalen Erkrankungen) ist es unerlässlich, sich dieser potentiell schwerwiegenden Nebenwirkung bewusst zu sein.
Bei Personen, die mit SGLT-2-Hemmern behandelt werden und bei denen Brechreiz, Erbrechen oder ein allgemeines Malaise auftritt, sollten Serum-Ketonkörper bestimmt werden. Liegt eine metabolische Azidose mit erhöhter Anionenlücke vor, so müssen die SGLT-2-Hemmer abgesetzt werden.
Literatur
Standpunkte und Meinungen
- Datum des Beitrags: 29. November 2020 (14:52:08)
- Verfasst von: Dr.med. Theodor von Fellenberg, Chefarzt Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Tropen- und Reisemedizin (Center da sandà Val Müstair)
- Macht der Einsatz der DDP4 Hemmer überhaupt noch Sinn?
Die DDP4 Hemmer haben ganz offensichtlich im Vergleich zu andern oralen Antidiabetika ein vorteilhaftes Nebenwirkungspotential. Man muss sich ernsthaft fragen ob trotz des geringen Nebenwirkungspotentials dieser Medikamentengruppe deren Einsatz bei noch immer fehlenden harten Endpunkten zu rechtfertigen ist. Das insgesamt geringe Ketoazidose Risiko der SGLT-2 Hemmer bestärkt mich die DDP4 wenn immer möglich durch SGLT-2 Hemmer zu ersetzten.
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