Schlaganfälle nach koronarem Bypass
- Kommentar: Peter Diem
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 1. März 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Die aorto-koronare Bypassoperation wird immer häufiger und bei immer älteren Patienten durchgeführt. Peri- und postoperative Embolien und Blutdruckschwankungen können zu Schlaganfällen und Enzephalopathien führen. Verlässliche Angaben zur Inzidenz neurologischer Komplikationen fehlten jedoch bisher. Diese prospektive Multizenterstudie untersuchte die Inzidenz von Schlaganfällen und Enzephalopathien nach elektivem Bypass.
Methoden
In den Jahren 1991 bis 1993 wurden in 24 Zentren der USA 2108 Personen in die Studie aufgenommen. Die Beobachtungszeit beschränkte sich auf die Dauer der Hospitalisation. Erfasst wurden anamnestische Faktoren, Operationsverlauf und postoperativer Verlauf. Als Endpunkte wurden zwei Typen von neurologischen Komplikationen unterschieden. Als Typ 1 galten tödliche und nicht-tödliche Schlaganfälle, transitorische ischämische Attacken (TIA) und Stupor oder Koma. Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit, Agitiertheit und epileptische Anfälle ohne Nachweis einer fokalen Läsion wurden als Endpunkte vom Typ 2 klassiert.
Ergebnisse
Ein Drittel der Patienten war über 70 Jahre alt, 25% waren Diabetiker und 57% waren Hypertoniker. Bei 129 Patienten(6,1%) traten neurologische Komplikationen auf. Rund die Hälfte wurden als Typ 1 klassiert, wobei es sich vor allem um Schlaganfälle handelte. Diese führten bei acht Patienten zum Tod. Bei den Typ-2-Komplikationen stand die Beeinträchtigung der intellektuellen Fähigkeiten im Vordergrund. Ein fortgeschrittenes Alter und eine vorbestehende Lungenerkrankung waren Risikofaktoren für beide Komplikationstypen. Eine proximale Aortensklerose, ein vorbestehendes neurologisches Leiden, Diabetes und eine instabile Angina pectoris waren Risikofaktoren für Typ-1-Komplikationen. Hypertonie, Vorhofflimmern und übermässiger Alkoholkonsum waren für Typ-2-Komplikationen von Bedeutung. Insgesamt starben 2,8% der Patienten. Die Sterblichkeit lag bei Patienten mit neurologischen Komplikationen deutlich höher (21% bei Typ 1, 10% bei Typ 2). 90% der Patienten ohne neurologische Komplikationen, aber nur 32% (Typ 1) und 60% (Typ 2) der Patienten mit Komplikationen konnten nach Hause entlassen werden.
Schlussfolgerungen
Neurologische Komplikationen nach aortokoronarer Bypassoperation sind relativ häufig, vor allem bei älteren Patienten und Patientinnen mit ausgeprägter Arteriosklerose. Für schwere Komplikationen sind wahrscheinlich vor allem grössere Emboli von Plaques aus der proximalen Aorta verantwortlich. Dieses Risiko sollte bei der Indikationsstellung und Wahl der Technik berücksichtigt werden.
Weltweit werden jährlich über 800'000 aortokoronare Bypassoperationen durchgeführt. Dabei werden auch immer ältere Patienten operiert. Die Inzidenz postoperativer neurologischer Komplikationen lag in der gesamten Kohorte bei 6,1%, bei den 70- bis 79jährigen bei etwa 10% und bei den über 80jährigen bei ungefähr 16%! Gleichzeitig wurden eine Reihe von Risikofaktoren für zerebro-vaskuläre Zwischenfälle und auch für eine (relative breit definierte) allgemeine neurologische Verschlechterung identifiziert. Die Mehrzahl dieser Risikofaktoren ist bereits anamnestisch oder mittels nicht-invasiver Methoden leicht zu erfassen. Damit wird mit einfachen Mitteln eine bessere Beurteilung des postoperativen Risikos möglich. Dies öffnet den Weg für die Entwicklung besserer diagnostischer und therapeutischer Strategien.
Peter Diem
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