Studienresultate nicht protokollgemäss veröffentlicht
- a -- Chan AW, Hróbjartsson A, Haahr MT et al. Empirical evidence for selective reporting of outcomes in randomized trials: comparison of protocols to published articles. JAMA 2004 (26. Mai); 291: 2457-65 [Link]
- Zusammenfassung: Urspeter Masche
- Kommentar: Urspeter Masche
- infomed screen Jahrgang 8 (2004)
, Nummer 9
Publikationsdatum: 1. September 2004 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei der Publikation von Studien findet eine Selektion statt («publication bias»). Ob sich Ähnliches ereignet, wenn es darum geht, wie Ergebnisse veröffentlicht werden («outcome reporting bias»), ist weniger untersucht und bildete den Gegenstand der vorliegenden Arbeit.
Methoden
Bei 102 kontrollierten Studien verglich man die der Ethikkommission vorgelegten Protokolle mit der endgültigen, publizierten Version; man prüfte, was als Studienziele oder Endpunkte formuliert war und was davon dann in der Veröffentlichung unter den Resultaten erschien. Diese publizierten Resultate wurden je nach Menge und Art der mitgelieferten Daten klassifiziert. Vollständig präsentierte Resultate zeichneten sich dadurch aus, dass neben dem P-Wert auch eine Gewichtung angegeben war («effect size») sowie die Anzahl Personen, welche die dazugehörende Gruppe umfasste; als unvollständig wurde ein Resultat eingestuft, wenn zum Beispiel lediglich ein P-Wert genannt war.
Ergebnisse
99 der 102 Studien befassten sich mit Endpunkten, welche die Wirksamkeit einer Intervention betrafen, 72 mit Endpunkten, welche schädigende Wirkungen evaluierten. In Bezug auf die Wirksamkeit hatten 71% mindestens einen Endpunkt definiert, der in der endgültigen Version nicht, und 92% mindestens einen Endpunkt, über den nur in ungenügender Form berichtet wurde; in Bezug auf unerwünschte Wirkungen betrugen diese Prozentsätze 60% und 81%. Zudem zeigte sich, dass ein statistisch signifikantes Ergebnis viel eher rapportiert wurde als ein nicht-signifikantes («Odds Ratio» bezüglich Wirksamkeit 2,4, bezüglich unerwünschte Wirkungen 4,7). In nur 48% der Fälle beantworteten die Studienverantwortlichen die Frage, ob es unerwähnte Ergebnisse gebe; diese Frage wurde von den meisten verneint, obschon es auch in diesen Fällen klare Hinweise für fallengelassene Resultate gab. Unter 82 Studien, die primäre Endpunkte anführten, stimmten in 62% der Fälle die im Protokoll festgelegten und die am Schluss publizierten primären Endpunkte nicht miteinander überein.
Schlussfolgerungen
Vor allem bei statistisch nicht-signifikanten Resultaten kommt es häufig vor, dass sie, obschon im Protokoll vorgesehen, in der Publikation keinen Platz finden oder nur ungenügend beschrieben werden.
Zusammengefasst von Urspeter Masche
Neben den Studien, die erst gar nicht veröffentlicht werden, tragen auch Resultate, die unterschlagen oder nicht protokollkonform mitgeteilt werden, dazu bei, dass die Auswirkungen von medizinischen Interventionen überschätzt werden. Man muss nicht lange danach suchen, wem «eindrucksvolle» Resulate besonders dienen, wurden doch 72% der 102 Studien als industrieunterstützt deklariert. Es reicht also nicht zu fordern, dass Studien ausnahmslos zu registrieren sind; es gilt auch sicherzustellen, dass Studien so publiziert werden, wie sie der Ethikkommission vorgelegt wurden. Daneben erinnert diese Arbeit wieder einmal daran, beim Lesen von Studien jeweils zu überprüfen, ob die Rubriken «Methoden» und «Resultate» im Einklang sind.
Standpunkte und Meinungen
- Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
-
Jahrgang 2024
Jahrgang 2023
Jahrgang 2022
Jahrgang 2021
Jahrgang 2020
Jahrgang 2019
Jahrgang 2018
Jahrgang 2017
Jahrgang 2016
Jahrgang 2015
Jahrgang 2014
Jahrgang 2013
Jahrgang 2012
Jahrgang 2011
Jahrgang 2010
Jahrgang 2009
Jahrgang 2008
Jahrgang 2007
Jahrgang 2006
Jahrgang 2005
Jahrgang 2004
Jahrgang 2003
Jahrgang 2002
Jahrgang 2001
Jahrgang 2000
Jahrgang 1999
Jahrgang 1998
Jahrgang 1997