Penicillin für Kinder mit Halsweh?
- r -- Zwart S, Rovers MM, de Melker RA et al. Penicillin for acute sore throat in children: randomised, double blind trial. BMJ 2003 (6. Dezember); 327: 1324-7 [Link]
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Christoph Aebi
- infomed screen Jahrgang 8 (2004)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 1. April 2004 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei Erwachsenen mit einer Streptokokken-Angina verkürzt eine Penicillinbehandlung während 7 Tagen die Dauer der Symptome. In dieser dreiarmigen Studie wurde bei Kindern die Wirksamkeit von Penicillin während 7 oder 3 Tagen mit einem Placebo verglichen.
Methoden
In diese niederländische Studie wurden 156 Kinder im Alter von 4 bis 15 Jahren mit maximal 7 Tage dauernden Halsschmerzen aufgenommen, welche mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllten: Fieber, fehlender Husten, geschwollene, dolente Lymphknoten oder Tonsillen mit Exsudat. Nach dem Zufall erhielten sie Placebo oder Penicillin für 3 oder 7 Tage. 4- bis 10-jährige Kinder erhielten 3mal 250 mg Penicillin täglich, ältere Kinder 3mal 500 mg. Hauptendpunkt war die Dauer bis zur andauernden
Schmerzfreiheit.
Ergebnisse
Die mittlere Dauer der Halsschmerzen unterschied sich in den drei Gruppen nicht signifikant: 3,8 Tage in der während 7 Tagen mit Penicillin behandelten Gruppe, 4,6 Tage bei Penicillin während 3 Tagen und 3,8 Tage in der Placebo-Gruppe. Auch bezüglich Schmerzmittelverbrauch und Schulabwesenheit fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Gruppen. Elf Kinder entwickelten eine auf Streptokokken zurückzuführende Komplikation: ein Kind in der Gruppe mit 7 Tage dauernder Penicillintherapie (0,02%), zwei Kinder in der Gruppe mit 3 Tagen Penicillin (0,04%), und acht Kinder in der Placebogruppe (0,10%). Unter antibiotischer Therapie erholten sich alle elf Kinder ohne weitere Probleme.
Schlussfolgerungen
Penicillin V bei Kindern mit akutem Halsweh hat keinen Einfluss auf die Dauer der Schmerzen. Eine PenicillintherapiAuftreten problemlos behandelt werden. Eine prophylaktische Gabe von Penicillin V ist deshalb in der Regel nicht indiziert. Die Studienverantwortlichen empfehlen, nur schwer erkrankte Kinder und Kinder mit erhöhtem Komplikationsrisiko antibiotisch zu behandeln.
Zusammengefasst von Karin Huwiler
Diese Studie bestätigt die Alltagserfahrung, dass die Streptokokkenangina meistens ohne antimikrobielle Therapie ausheilt. Das Studiendesign erschwert aber eine zuverlässige Interpretation: (1) Lockere Einschlusskriterien lassen vermuten, dass viele Kinder mit viralen Infektionen (und eventuell asymptomatischer Kolonisation) eingeschlossen wurden. (2) Niedrige, nicht gewichtsadaptierte Dosierung und kurze Therapiedauer fördern Therapieversager. (3) Halsschmerzen als Outcome Kriterium sind von fraglicher Relevanz, was durch die Beobachtung bestätigt wurde, dass sie deutlich länger andauerten als Analagetikagebrauch und Schulabsenz. Fieber, das bedrohlichste Symptom und Hauptgrund für Schulabsenz, wurde nicht untersucht. (4) Das Kriterium «Halsschmerzepisoden in den folgenden 6 Monaten» ist ohne mikrobiologische Diagnostik nicht hilfreich. Auch das positive Studienergebnis, der (statistisch nicht signifikante) Schutz vor Komplikationen durch 7 Tage Penicillin ist schwer einzuordnen, weil der Begriff «imminenter Peritonsillarabszess» undefiniert und der kausale Effekt von Penicillin bei nur 40% Unterschied in der Eradikationsrate fraglich bleibt. Folgestudien sollten die für den praktischen Arzt entscheidenden Fragen beantworten: Wie kann das Risiko einer suppurativen Komplikation vorhergesagt werden und wie gross ist das Risiko eines rheumatischen Fiebers, wenn konsequent nicht therapiert wird ?
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