Neue Antihypertensiva: keine Vorteile
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 8
Publikationsdatum: 1. September 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
In dieser Studie wurden Atenolol (Tenormin®), Enalapril (Reniten®), Hydrochlorothiazid (Esidrex®) und Nitrendipin (Baypress®) bei Personen mit einer leichten bis mässigen Hypertonie hinsichtlich der Wirksamkeit und Verträglichkeit verglichen.
Methoden
In 48 Zentren in 4 Ländern wurden 868 Personen mit einer essentiellen Hypertonie mit diastolischen Blutdruckwerten zwischen 95 – 120 mm Hg nach dem Zufall initial entweder mit Atenolol (25 mg pro Tag, n=215), Enalapril (5 mg pro Tag, n=220), Hydrochlorothiazid (12,5 mg pro Tag, n=215) oder Nitrendipin (10 mg pro Tag, n=218) behandelt. Wurde damit der Zielwert des diastolischen Druckes von maximal 90 mm Hg nicht erreicht, wurden die Dosen erhöht: zuerst die doppelte Menge einmal pro Tag, bei ungenügendem Ansprechen nach 2 weiteren Wochen die doppelte Dosis zweimal pro Tag. Der 8wöchigen Einstellungsphase folgte eine 40wöchige Beobachtungs- und Behandlungsphase für Patienten, welche den angestrebten diastolischen Zielwert erreichten.
Ergebnisse
Nach 8wöchiger Studiendauer betrug die Ansprechrate für Atenolol 63,7%. Sie war signifikant höher als diejenige von Enalapril (50,0%), Hydrochlorothiazid (44,7%) und Nitrendipin (44,5%). Atenolol (48,0%) war nach einem Jahr Therapie wirksamer als Hydrochlorothiazid (35,4%) und Nitrendipin (32,9%), unterschied sich aber von Enalapril (42,7%) nicht signifikant. Wegen Nebenwirkungen wurde die Behandlung mit Nitrendipin signifikant häufiger abgebrochen als mit den anderen Medikamenten.
Schlussfolgerungen
Die neuen Antihypertensiva – Kalzium-Antagonisten und ACE-Hemmer – zeigen weder in bezug auf die antihypertensive Wirkung noch auf ihre Verträglichkeit Vorteile gegenüber «älteren» Antihypertensiva. Da die neuen Präparate häufig als Medikamente der ersten Wahl eingesetzt werden, muss in zukünftige Studien nachgewiesen werden, dass sie Morbidität und Mortalität ebenso senken können wie die «älteren» Diuretika und Betablocker.
Dass die «altbewährten» Diuretika und Betablocker gerade so wirksam sind wie Kalziumantagonisten oder ACE-Hemmer, ist wohl allen erfahrenen Kolleginnen und Kollegen bekannt. Auch dass Nitrendipin wie viele andere Dihydropyridine mehr Nebenwirkungen als die Vergleichssubstanzen verursacht, ist nicht neu. Für Kalziumantagonisten und ACE-Hemmer fehlen zudem Studien mit harten klinischen Endpunkten (siehe S. 64). Interessant ist die Feststellung, dass Frauen besser auf Enalapril oder Hydrochlorothiazid ansprechen als Männer. Bei Leuten über 54 waren sowohl das Diuretikum als auch der Kalziumantagonist häufiger wirksam als bei Jüngeren. Gesamthaft bestätigt die Studie, dass es sich lohnt, Antihypertensiva «konservativ» zu verschreiben.
Etzel Gysling
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