Letrozol vermindert Mammakarzinom-Rückfälle
- r -- Goss PE, Ingle JN, Martino S et al. A randomized trial of letrozole in postmenopausal women after five years of tamoxifen therapy for early-stage breast cancer. N Engl J Med 2003 (6. November); 349: 1793-802 [Link]
- Zusammenfassung: Urspeter Masche
- Kommentar: Beat Thürlimann
- infomed screen Jahrgang 8 (2004)
, Nummer 1
Publikationsdatum: 1. Januar 2004 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei Mammakarzinomen mit positiven Hormonrezeptoren reduziert eine adjuvante Therapie mit Tamoxifen (Nolvadex® u.a.) die Rückfallrate um 47% und die Gesamtmortalität um 26%. Die schützende Wirkung scheint nach einer Behandlungsdauer von mehr als fünf Jahren abzunehmen, möglicherweise weil Tamoxifen an Östrogenrezeptoren auch eine partielle agonistische Wirkung hat. In dieser Studie wurde untersucht, was sich erreichen lässt, wenn man nach einer Tamoxifen-Behandlung einen Aromatasehemmer verabreicht.
Methoden
Die Studie umfasste 5'157 Frauen, die ein Mammakarzinom mit positiven Östrogen-oder Progesteronrezeptoren hatten. Nach Abschluss einer postoperativen Tamoxifen-Behandlung, die 4,5 bis 6 Jahre gedauert hatte, verordnete man ihnen entweder Letrozol (Femara®, 2,5 mg/Tag) oder Placebo, wobei eine Einnahme über 5 Jahre vorgesehen war.
Ergebnisse
Die Studie wurde aufgrund des Ergebnisses bei der ersten Zwischenanalyse vorzeitig abgebrochen. Die mediane Beobachtungsdauer betrug bis dahin 2,4 Jahre. In der Letrozol-Gruppe waren 61 Rückfälle (14 Lokalrezidive, 47 Fernmetastasierungen) und 14 neue Primärtumoren in der anderen Brust aufgetreten; 31 Frauen waren gestorben (9 brustkrebsbedingt). In der Placebo-Gruppe zählte man 106 Rückfälle (30 Lokalrezidive, 76 Fernmetastasierungen), 26 kontralaterale Mammakarzinome und 42 Todesfälle (17 brustkrebsbedingt). Es wurde extrapoliert, dass nach 4-jähriger Letrozol-Behandlung 93% der Frauen rückfallfrei und 96% noch am Leben sind; unter Placebo lagen diese Prozentsätze bei 87% und 94%. Letrozol verursachte mehr Nebenwirkungen als Placebo, namentlich Hitzewallungen, Gelenk-und Muskelbeschwerden sowie neu diagnostizierte Fälle von Osteoporose.
Schlussfolgerungen
Beim Mammakarzinom lässt sich das Rückfallrisiko signifikant senken, wenn die adjuvante endokrine Therapie nach fünfjähriger Tamoxifen-Gabe mit dem Aromatasehemmer Letrozol fortgeführt wird.
Zusammengefasst von Urspeter Masche
Die geplante erste Zwischenanalyse hat unerwartet früh einen unerwartet grossen Effekt gezeigt. Dies hat zu einem Dilemma für Ärztinnen/Ärzte und Patientinnen geführt. Durch den notwendig gewordenen vorzeitigen Abbruch der Studie werden wichtige Fragen nicht mehr beantwortet werden können:
1. Wie lange soll Letrozol gegeben werden? 2. Was sind die Langzeit-Nebenwirkungen (Osteoporose, kognitive Funktionen, Lipide) und wie ist das Verhältnis bezüglich Nutzen und Lebensqualität (Wallungen, muskulo-skelettale Beschwerden)? 3. Gesamtüberleben: Führt Letrozol wirklich zu einer Erhöhung der Heilungsrate?
Die grossen amerikanischen Brustkrebs-Organisationen «National Breast Cancer Coalition» und «Breast Cancer Action» haben sich wegen den oben erwähnten Problemen skeptisch zur frühzeitigen Publikation aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen geäussert. Sie sprechen von einem «Ethical Overkill».1 Die frühzeitige Publikation der Resultate hat auch dazu geführt, dass eine zweite Bestätigungsstudie mit einem Aromatasehemmer in dieser Situation (Exemestan [Aromasin®] versus Placebo) vorzeitig gestoppt worden ist. Die Situation in der adjuvanten endokrinen Therapie bei postmenopausalen Patientinnen wird aber in naher Zukunft von weiteren Studienergebnissen beeinflusst werden. Eine kleine Studie aus Italien zeigt einen deutlichen Vorteil für einen Therapiewechsel von Tamoxifen nach 3 Jahren auf Anastrozol (Arimidex®) für eine total 5jährige endokrine Therapie.
Für den behandelnden Arzt verbleibt es somit, die Patientin in diesem Dilemma zu beraten und mit ihr die Vor- und Nachteile einer zusätzlichen Therapie mit Letrozol auf eine unbestimmte Dauer zu diskutieren. Diese Beratung sollte durch erfahrene SpezialistInnen erfolgen. Übrigens haben sich in dieser nordamerikanischen Studie etwa 2'000 der 2'500 Patientinnen auf dem Placebo-Arm nach Bekanntgabe der ersten Studienergebnisse und Besprechung mit dem behandelnden Arzt für eine Letrozol-Therapie entschieden, wie man von den Studien-Koordinatoren hörte.
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