Ältere Koronarkranke individuell behandeln!
- Kommentar: Michel Zuber
- infomed screen Jahrgang 7 (2003)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. Mai 2003 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
In der schweizerischen TIME-Studie wird ein invasives Vorgehen mit einer optimierten medikamentösen Therapie der stabilen Angina pectoris bei Personen über 75 Jahren verglichen. Die Resultate nach 6 Monaten zeigten eine stärkere Verbesserung der Lebensqualität nach invasiver Abklärung und Behandlung, jedoch auch eine leicht erhöhte Mortalität. In der aktuellen Studie wurde das gleiche Kollektiv ein Jahr nach Randomisierung untersucht.
Methoden
In die Multizenterstudie wurden 305 Personen aufgenommen und in 2 gleich grosse Gruppen randomisiert. Die Interventionsgruppe wurde koronarangiographiert und wenn möglich einer Bypassoperation oder Dilatation zugeführt. Bei der Kontrollgruppe wurde die medikamentöse Therapie optimiert. Beurteilt wurde primär die Lebensqualität.
Ergebnisse
Die Teilnehmenden waren durchschnittlich 80jährig und wurden mit 2,5 antianginösen Medikamenten behandelt. In der Interventionsgruppe konnten 28% nicht revaskularisiert werden. In der Kontrollgruppe wurde im Verlaufe des Jahres bei 46% eine Revaskularisation durchgeführt gegenüber 10% in der Interventionsgruppe. Ein signifikanter Unterschied bezüglich Lebensqualität war nach einem Jahr nicht mehr nachweisbar. Die Mortalität war in der Interventionsgruppe tendenziell höher (11% gegenüber 8%), nicht-tödliche Herzinfarkte dagegen seltener (6% gegenüber 11%, beide Unterschiede nicht signifikant).
Schlussfolgerungen
Bei Koronarkranken im Alter von 75 und mehr Jahren, die initial entweder optimal medikamentös oder mit einem revaskularisierenden Eingriff behandelt wurden, ergaben sich nach einem Jahr Beobachtung keine signifikanten Unterschiede bezüglich Lebensqualität, Infarktinzidenz oder Mortalität.
Bei abnehmenden Ressourcen im Gesundheitswesen verdient vorliegende klinische Studie besondere Beachtung, zeigt sie doch bei der kostenintensiven koronaren Herzkrankheit im Alter auf, dass zwar die gleiche Symptomatik und Mortalität nach einem Jahr mit optimaler medikamentöser Therapie oder Gefässdilatation erreicht wird, dass aber im konservativen Arm viele Kranke im Verlauf zum invasiven Vorgehen wechseln müssen, vermehrte Hospitalisationen benötigen und mehr Medikamente einnehmen müssen. Dies favorisiert primär den invasiven Approach, zumal der Kurvenverlauf des klinischen Nutzens sich scherenhaft verbessert. Die Auswertung des weiteren Verlaufs bleibt damit ein Muss für die Studienverantwortlichen. Zudem wäre eine Analyse der jeweiligen Kosten wichtig, um die Therapiewahl zwischen Angebot und Evidenz zu erleichtern.
Michel Zuber
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