Verapamil-Studie wenig überzeugend
- Kommentar: Ferenc Follath
- infomed screen Jahrgang 7 (2003)
, Nummer 7
Publikationsdatum: 1. Juli 2003 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Studienziele Verapamil (Isoptin® u.a.) gehört zusammen mit anderen Kalziumantagonisten zu den Standardtherapeutika der arteriellen Hypertonie. Immer noch wissen wir wenig darüber, in welchem Ausmass Kalziumantagonisten das kardiovaskuläre Risiko beeinflussen. In der vorliegenden Studie wurde eine besondere Retardform von Verapamil (in der Schweiz nicht erhältlich) mit einer Behandlung mit Diuretikum oder Betablocker verglichen.
Methoden
Bei der CONVINCE-Studie handelt es sich um eine doppelblinde Untersuchung, die in 15 Ländern an 661 Zentren durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Frauen und Männer mit einer arteriellen Hypertonie und mindestens einem zusätzlichen Risikofaktor. Die Interventionsgruppe erhielt täglich 180 mg Verapamil, die Kontrollgruppe 50 mg Atenolol (Tenormin® u.a.) oder 12,5 mg Hydrochlorothiazid (Esidrex®). Gemäss einem vordefinierten Schema konnten bei Bedarf andere Antihypertensiva eingesetzt werden. Als primärer Endpunkt wurde eine Kombination von akutem Herzinfarkt, zerebrovaskulärem Insult und kardiovaskulärem Tod definiert.
Ergebnisse
Die 16'602 Teilnehmenden (56% Frauen) waren durchschnittlich 66 Jahre alt, die mittlere Beobachtungszeit betrug 3 Jahre. Die Studie wurde vom Sponsor aus ökonomischen Gründen frühzeitig abgebrochen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten in beiden Gruppen 4% den primären Endpunkt erreicht. Auch für Herzinfarkte, zerebrovaskuläre Insulte oder Todesfälle ergaben sich keine signifikanten Unterschiede. In der Verapamil-Gruppe traten häufiger nicht-zerebrale Blutungen auf (1,4% gegenüber 0,9%; Unterschied signifikant). In beiden Gruppen hatten bis zum Studienende knapp 40% die Studienmedikation abgesetzt, in der Verapamil-Gruppe etwas häufiger wegen unerwünschten Wirkungen (16% gegenüber 15%).
Schlussfolgerungen
In dieser frühzeitig abgebrochenen Studie beeinflusste Verapamil das kardiovaskuläre Risiko ähnlich wie eine Betablocker- oder Diuretikatherapie. Eine Äquivalenz von Verapamil mit der Vergleichsbehandlung konnte formal nicht bewiesen werden (zu weites Vertrauensintervall).
Die CONVINCE-Studie ist leider nicht überzeugend. Nach 3 Jahren wurde die Untersuchung frühzeitig, auf Wunsch des Sponsors, abgebrochen, obwohl die ursprüngliche Patientenzahl und Beobachtungsdauer nicht erreicht wurden. Insgesamt zeigte sich unter Verapamil retard keine Überlegenheit in der Behandlung von hypertensiven Personen gegenüber den Behandlungsgruppen unter Atenolol oder niedrigdosiertem Hydrochlorothiazid. Es waren jedoch gewisse Trends zu Ungunsten des Verapamils vorhanden: Eine höhere Zahl von Therapieunterbrüchen wegen Nebenwirkungen (vor allem Verstopfung), häufigeres Auftreten einer Herzinsuffizienz (+30%) und mehr Blutungen, die nicht die Folge eines zerebrovaskulären Insultes waren (+54%). Nach der kürzlich veröffentlichten ALLHATStudie liegt nun eine weitere Untersuchung vor, die darauf hinweist, dass die Kalziumantagonisten in der Behandlung der arteriellen Hypertension gegenüber den Thiazid-Diuretika oder Betablocker keine Vorteile, in gewissen Situationen sogar gewisse Nachteile aufweisen.
Ferenc Follath
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