Diuretika bei akutem Nierenversagen ungünstig
- k -- Mehta RL, Pascual MT, Soroko S et al. Diuretics, mortality, and nonrecovery of renal function in acute renal failure. JAMA 2002 (27. November); 288: 2547-53 [Link]
- Kommentar: Ulrich Binswanger
- infomed screen Jahrgang 7 (2003)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 1. Februar 2003 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei akutem Nierenversagen werden sehr oft Diuretika eingesetzt, obschon kleinere randomisierte Studien keinen Nutzen bei dieser Indikation zeigen konnten. Es bestehen gewisse Anhaltspunkte, dass Diuretika bei akutem Nierenversagen sogar schaden könnten. Mit dieser Studie wurde ein negativer Einfluss von Diuretika auf das Outcome bei akutem Nierenversagen gesucht.
Methoden
In die prospektive Kohortenstudie eingeschlossen wurden Männer und Frauen mit akutem Nierenversagen auf Intensivstationen von 4 kalifornischen Spitälern zum Zeitpunkt, zu dem ein nephrologisches Konsilium stattfand. Ausgeschlossen wurden unter anderem Personen, die zuvor dialysiert worden waren oder denen eine Niere transplantiert wurde. Neben dem Einsatz von Diuretika wurden Laborwerte und andere Faktoren erfasst. Als Endpunkte wurden Tod und fehlende Erholung der Nierenfunktion ausgewertet.
Ergebnisse
Bei Aufnahme in die Studie hatten 326 (59%) der 552 Männer und Frauen Diuretika erhalten. Die Personen dieser Gruppe waren älter, litten im Vergleich zu den anderen häufiger an einer Herzinsuffizienz, einem nephrotoxischen Nierenversagen und einem respiratorischen Versagen. Sie hatten aber im Mittel etwas tiefere Harnstoff- und Kreatininwerte. Insgesamt 294 Kranke (53%) starben während des Spitalaufenthaltes; von den Überlebenden mussten 17 (7%) bei Spitalaustritt noch dialysiert werden. Nach Korrektur mit den übrigen erfassten Risikofaktoren war bei den mit Diuretika Behandelten das Risiko für Tod oder Nichterholung der Nierenfunktion fast doppelt so hoch wie ohne Diuretikabehandlung. Noch grösser war der Unterschied, wenn diejenigen, die in der ersten Woche gestorben waren, von der Analyse ausgeschlossen wurden. Zwischen den einzelnen Substanzen und zwischen Mono- und Kombinationstherapie mit Diuretika bestand kein Unterschied. Ungünstige Verläufe wurden vor allem dann beobachtet, wenn sich die Urinproduktion mit Diuretika nicht steigern liess.
Schlussfolgerungen
In dieser Kohortenstudie war der Einsatz von Diuretika bei akutem Nierenversagen mit einem schlechteren Outcome assoziiert. Solange nicht mit randomisierten Studien ein Nutzen bewiesen werden konnte, soll vom Einsatz von Diuretika bei dieser Indikation abgesehen werden.
Als Mitglieder einer Projektgruppe zur Verbesserung der Behandlung des akuten Nierenversagens untersuchten die Studienverantwortlichen den Einsatz von Schleifendiuretika auf Intensivstationen zwecks Transformierung eines oligurischen in ein nicht-oligurisches Nierenversagen. Neben dem fehlenden Vorteil der Therapie – bereits mehrfach dokumentiert – wird jetzt eine höhere Mortalität und eine häufiger persistierende Niereninsuffizienz dokumentiert. Der Einsatz von Diuretika soll deshalb vorsichtig erfolgen. Eine ursächliche Verknüpfung zwischen Therapie und klinischem oder renalem Verlauf ist nicht möglich. Die Frage nach «Huhn oder Ei» ist noch nicht beantwortet: schwere Erkrankung mit Diuretikabehandlung gegen leichtere ohne Diuretika. Die (Schweizer) Nephrologen empfehlen sich für eine frühzeitige konsiliarische Kooperation mit Intensivmedizinern!
Ulrich Binswanger
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