Blutdruckeinstellung: Compliance nicht allein verantwortlich
- Kommentar: Jérôme Biollaz
- infomed screen Jahrgang 5 (2001)
, Nummer 10
Publikationsdatum: 1. Oktober 2001 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Bei manchen Personen mit arterieller Hypertonie gelingt eine Senkung des Blutdruckes nur ungenügend; als eine mögliche Ursache wird eine mangelnde Therapietreue (Compliance) vermutet. In der vorliegenden prospektiven Fall-Kontroll-Studie wurde die Frage untersucht, ob Personen mit resistenter Hypertonie weniger Therapietreue zeigen als solche, bei denen eine gute Blutdruckeinstellung gelingt.
Methoden
In der Medizinischen Poliklinik Basel wurde von Mai bis Dezember 1997 bei allen Patientinnen und Patienten systematisch nach einer arteriellen Hypertonie gesucht. Für die Studie wurden 103 Leute berücksichtigt, die an einer Hypertonie litten und während mindestens 4 Wochen zwei oder mehr Antihypertensiva genommen hatten. Innerhalb dieses Kollektivs dienten diejenigen Personen als Fälle, deren Blutdruck gemäss einer 24-Stunden-Messung nicht optimal eingestellt war (Mittelwert tagsüber über 134/84 mm Hg). In der Kontrollgruppe waren Personen mit einem Blutdruck von höchstens 134/84 mm Hg. Mit Hilfe eines elektronisch kontrollierten Abgabesystems wurde während vier Wochen die Compliance festgehalten. Danach erfolgte nochmals eine 24-Stunden-Blutdruckmessung.
Ergebnisse
In der Fallgruppe – ungenügend eingestellte Hypertonie – zählte man 40 von 49 Personen (82%), die mindestens 80% der verschriebenen Tabletten eingenommen hatten, was als genügende Compliance taxiert wurde; in der Kontrollgruppe waren es 46 von 54 (85%). Der Unterschied zwischen Fall- und Kontrollgruppe ist nicht signifikant. Es zeigte sich ferner, dass die Compliance vom Dosierungsregime abhängt: sie betrug 93%, wenn Medikamente einmal pro Tag, und 77%, wenn sie zweimal pro Tag verordnet waren.
Schlussfolgerungen
Eine Therapieresistenz bei Hypertonie-Kranken ist nicht einer mangelnden Therapietreue zuzuschreiben, sondern durch andere Faktoren bedingt.(FM)
Diese verhältnismässig kleine Studie kann aus den verschiedensten Gründen nicht als Argument gegen eine gute Compliance interpretiert werden. So sind unter anderem Dosierungsfragen, Interaktionen (z.B. mit nichtsteroidalen Entzündungshemmern) und diätetische Einflüsse nicht berücksichtigt worden. Trotz der Einschränkungen ist diese Beobachtungsstudie insofern interessant, als sie die behandelnden Ärztinnen und Ärzte auf ihre Rolle bei therapeutischen Misserfolgen aufmerksam macht. Es ist nämlich angenehmer, den Patienten bzw. die Patientin zu tadeln, als die ärztliche Betreuung in Frage zu stellen.
Jérôme Biollaz
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