1000-mg-Paracetamol-Tabletten sind gefährlich
- Zusammenfassung: Natalie Marty
- infomed screen Jahrgang 24 (2020)
Publikationsdatum: 15. Dezember 2020 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Paracetamol gehört zu den meistverwendeten Schmerzmitteln. Es gilt als gut verträgliches Medikament, solange die Einnahmemenge vier Gramm pro Tag nicht übersteigt; höhere Dosen können hepatotoxisch wirken. In vielen westlichen Ländern ist eine Paracetamol-Überdosierung die häufigste Ursache eines Leberversagens. In einer Studie aus dem Schweizerischen Giftinformationszentrum Tox Info Suisse wurde nun untersucht, ob die in der Schweiz seit 2003 rezeptpflichtig erhältlichen 1-g-Tabletten zu einem erhöhten Vergiftungsrisiko führen. Dazu wurden Berichte über Vergiftungen aus den Jahren 2000–2018 und die Verkaufszahlen von Paracetamol in beiden Dosierungen (500 mg und 1000 mg) ausgewertet. In der Untersuchungsperiode wurden insgesamt 15’790 Fälle von Paracetamol-Vergiftungen gemeldet; das mittlere Alter der Betroffenen lag bei 25,2 Jahren. Nach der Markteinführung der 1000-mg-Tabletten wurde ein signifikanter Anstieg der pro Quartal gemeldeten Vergiftungsfälle festgestellt. Der Anteil von Vergiftungen mit einer Einnahme über 10 Gramm stieg nach der Einführung der 1000-mg-Tabletten von 15,3% auf 30,6% an. Die Studienverantwortlichen kommen zum Schluss, dass die Verfügbarkeit von Paracetamol in der 1000-mg-Dosierung im Hinblick auf die Gefahr von unbeabsichtigten Vergiftungen neu bewertet werden sollte.
In der die Publikation begleitenden Pressemitteilung von Tox Info Suisse wird festgestellt, dass die 1000-mg-Tabletten in der Schweiz inzwischen viel häufiger verwendet werden als die 500-mg-Tabletten. Die Verfügbarkeit hochdosierter Tabletten kann bei ungenügender schmerzlindernder Wirkung Betroffene dazu verleiten, die Dosis zu erhöhen; diese Gefahr ist vielleicht dadurch erhöht, dass das Medikament als gutartiges, überall erhältliches Schmerzmittel wahrgenommen wird. Die vorliegende Studie erinnert daran, Paracetamol nicht an der oberen Grenze der Verträglichkeit zu verschreiben und durch Verwendung von 500-mg-Tabletten der Gefahr von unbeabsichtigten Überdosierungen entgegenzuwirken.
Standpunkte und Meinungen
- Datum des Beitrags: 6. Dezember 2020 (10:39:06)
- Verfasst von: Peter Strohmeier, pens. Hausarzt (Oberwil)
- Druck der Werbung und der Guidelines
Obwohl die Dosissteigerung von 500mg auf 1000mg häufig wenig mehr Wirkung zeigt, ist die früher übliche Standarddosis von 500mg durch 1000mg ersetzt worden. Erstaunlich und auch schockierend, wie häufig die maximale Tagesdosis von 4g/Tag eingesetzt wird, bei einem Medikament mit solch tiefer toxischer Grenze.
- Datum des Beitrags: 4. Dezember 2020 (17:44:17)
- Verfasst von: Herr Markus Gnädinger, Hausarzt (Steinach)
- 1g wirkt nicht besser, aber evtl. länger
Ich weise die Patienten jeweils darauf hin, dass die 1000mg Tabletten nicht stärker, aber vielleicht etwas länger wirken als die 500 mg. Ich gebe deshalb lieber diese und weise die Patienten darauf hin, das Dosierungsintervall zu verkürzen und ggf. eine Zusatzdosis aufs Nachttischli zu legen.
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