Geringes Krebsrisiko von Haarfärbemitteln

Besteht eine Assoziation zwischen persönlichem Gebrauch von permanenten Haarfärbemitteln und dem Risiko für verschiedene Krebsarten? Dieser Frage wurde in der grössten bisher durchgeführten, prospektiven Kohortenstudie an weiblichem und vorwiegend weissem Pflegepersonal in den USA nachgegangen. Im Gegensatz zur beruflichen Exposition mit permanentem (oxidativem) Haarfärbemittel, welches gemäss International Agency of Research on Cancer (IARC) als «möglicherweise karzinogen» klassifiziert ist, trägt die persönliche Nutzung das Etikett «nicht klassifierbar». In den USA und Europa verwenden 50-80% der Frauen und 10% der Männer nach dem 40. Lebensjahr Haarfärbemittel. 117’200 Frauen wurden in dieser Studie über 36 Jahre untersucht, über 47’000 Krebsereignisse und mehr als 4’800 Krebs-assoziierte Todesfälle wurden dabei dokumentiert. Verschiedenste Störfaktoren/Confounder (wie Rauchen, Alkohol, körperliche Aktivität, Ernährung, Begleitmedikation, Vorsorgeuntersuchungen, Sonnenexposition, Begleiterkrankungen, Familienanamnese) wurden darin berücksichtigt. Für die meisten Krebsentitäten und auch Krebs-bedingte Mortalität wurde kein Zusammenhang festgestellt. Bei wenigen Krebsarten, wie Basalzellkarzinom (HR 1,05, 95%CI 1,02-1,08), Hormonrezeptor-negativem Mammakarzinom (ER-, PR-, ER-/PR-) und Ovarialkarzinom war jedoch das Risiko gering erhöht. Bei den letzten beiden war eine Dosisabhängigkeit (je länger desto eher) erkennbar.

Im Grossen und Ganzen können Patientinnen anhand dieser Daten eher beruhigt weiterhin im persönlichen Gebrauch ihre Haare permanent färben. Jedoch wie so oft steckt der Teufel im Detail: Verschiedene Produkte können sich in ihrer Zusammensetzung, die sich über die Zeit und in verschiedenen Ländern ändern kann, unterscheiden. Weitere potentielle Risikofaktoren für Karzinogenese wie onkogene Infektionen, Pestizidexposition, Umweltfaktoren, Hauttyp oder Gebrauch von Kosmetika wurden in dieser Studie nicht untersucht. Die exakte Lokalisation des Basalzellkarzinoms, welche die Kausalität unterstreichen könnte, war leider auch nicht genannt. Daher ist unklar, ob diese Krebsart verstärkt an der Kopfhaut – also in den Bereichen der höchsten lokalen Konzentration der Haarfärbemittel – auftrat. Möglichweise kann auch die Farbe der Haarfärbemittel eine Rolle spielen, da der Farbgrad (je dunkler desto höhere Konzentrationen) einen Einfluss haben kann. Auch diese Information war nicht vorhanden. Allgemein lässt sich bei Karzinogenese durch Noxen sagen, dass meist eine längerdauernde Exposition nach dem toxikologischen Gesetz von Paracelsus notwendig ist: Viel über eine lange Zeit schadet viel. Damit weisen beruflich exponierte Personen, wie Coiffeusen, wohl auch ein höheres Risiko auf.

Andererseits war auch die natürliche Haarfarbe ebenfalls mit einigen Krebsarten assoziiert, wie dunkle Haarfarbe mit Hodgkin-Lymphom oder Basalzellkarzinom bei natürlich heller Haarfarbe. Und die zugrundeliegenden Risikofaktoren dafür lassen sich dann auch durch das Färben der Haare nicht «kaschieren».

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Geringes Krebsrisiko von Haarfärbemitteln ( 2020)