Kein verschlechterter Gesundheitszustand nach einem Schwangerschaftsabbruch
- Kommentar: Daniel Passweg
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 4. Dezember 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Warum diese Studie?
Viele Studien zu unerwünschten Schwangerschaften haben sich mit psychischer Gesundheit und kurzfristiger Morbidität und Mortalität befasst. In der vorliegenden Kohortenstudie wurde der längerfristige Gesundheitszustand bei Frauen mit einer ungewollten Schwangerschaft und einem Schwangerschaftsabbruch im Vergleich zu einer Geburt untersucht.
Was hat man gefunden?
In den Jahren 2008 bis 2010 wurden Frauen, die in einer der 30 teilnehmenden amerikanischen Kliniken eine Konsultation für einen Schwangerschaftsabbruch in Anspruch nahmen, in die Studie aufgenommen. Sie wurden in drei Gruppen eingeteilt: Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimester (328 Frauen), Schwangerschaftsabbruch im zweiten Trimester (383 Frauen) und Frauen, denen der Schwangerschaftsabbruch verweigert wurde (163 Frauen). Der Gesundheitszustand wurde alle 6 Monate durch telefonische Interviews evaluiert. Gefragt wurde nach chronischen Schmerzen, chronischen Kopfschmerzen oder Migräne, Übergewicht, Asthma, Hypertonie, Diabetes und Hyperlipidämie. Zwischen den Frauen mit Früh- bzw. Spätabort wurde am Studienende bezüglich der abgefragten Parameter kein signifikanter Unterschied gefunden. 27% der Frauen mit ausgetragener Schwangerschaft befanden ihren Gesundheitszustand fünf Jahre nach der Geburt als mittelmässig oder schlecht verglichen zu 20% der Frauen mit Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimester und 21% der Frauen mit Schwangerschaftsabbruch im zweiten Trimester. Frauen, die geboren hatten, berichteten auch über mehr chronische Kopfschmerzen oder Migräne und Gelenkschmerzen, bezüglich anderer chronischer Schmerzen und Übergewicht waren die Resultate in den Gruppen ähnlich. Bis zum Ende der Studienzeit konnten allerdings 41% der Frauen für die Befragung nicht mehr ausfindig gemacht werden.
Wie wird es gedeutet?
Fünf Jahre nach einem Schwangerschaftsabbruch war der körperliche Gesundheitszustand der betroffenen Frauen nicht schlechter als bei den Frauen, welche die Schwangerschaft ausgetragen hatten. Tatsächlich wurden eher Hinweise auf eine schlechtere Gesundheit bei jenen Frauen, denen die Abtreibung verweigert wurde, gefunden. Die Aussagekraft der Studie ist insofern limitiert, als am Studienende fast die Hälfte der Frauen nicht mehr für die Befragung zur Verfügung stand und die Aussagen auf Selbsteinschätzungen basierten.
Zusammengefasst von Bettina Wortmann
Gast-Kommentar
Grundprinzip der geschlechtlichen Fortpflanzung: Das Individuum, welches sonst alles zu seinen Gunsten investiert, investiert bei der Fortpflanzung zu Gunsten der Folgegeneration, also für den neuen Gen-Mix (Kinder) und so für das Überleben der Spezies. Kinder: Keine Zeit für Sport, für Schlaf oder für gesundes Essen, das Geld rinnt einem zwischen den Fingern weg. Das gilt gerade für Frauen, die aus einer schwierigen Lage heraus gezwungen sind, an einen Schwangerschaftsabbruch zu denken. Mit dem Schwangerschaftsabbruch schützen sie sich. Es braucht ein gewisses Mass an Lebensqualität, um davon für Schwangerschaft und Kinder abgeben zu können. Schwangerschaften können extrem ungesund sein und Kinder machen die Mütter auch mittelfristig nicht gesund, das würde dem grundsätzlichen Konzept der Reproduktion widersprechen und das lässt sich auch zeigen, wenn man wie in dieser Studie Gesundheit in Einzelparameter fraktioniert und über 5 Jahre dokumentiert. Trost: Erstens: Immerhin hat es die Natur so eingerichtet, dass grosse Zufriedenheit entsteht, wenn man für Kinder sorgt. Zweitens: Muss eine Frau eine (medizinisch korrekte) Interruptio durchführen, nimmt sie wenigstens keinen zusätzlichen gesundheitlichen Schaden daran.
Daniel Passweg, Frauenklinik, Stadtspital Triemli, Zürich
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