Guidelines für die Grund¬versorgung sind qualitativ unbefriedigend

  • m -- Molino CGRC, Leite-Santos NC, Gabriel FC et al. Factors associated with high-quality guidelines for the pharmacologic management of chronic diseases in primary care: A systematic review. JAMA Intern Med. 2019 Feb 18 [Epub ahead of print] [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Gnädinger
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 31. Mai 2019
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Warum diese Studie?

Angesichts der Publikationsflut und des breiten Problemfelds sind Grundversorgerinnen und Grund­versorger auf Leitlinien («clinical practice guidelines», CPG) angewiesen. In dieser Metaanalyse sollte die Qualität von Leitlinien zur pharmakologischen Therapie chronischer Er­kran­kun­gen in der medizinischen Grundversorgung über­prüft werden.

Was hat man gefunden?

Aus über 18’000 Publikationen wurden 421 extrahiert und mit dem AGREE-II-Werkzeug («Appraisal of Guidelines for Research and Evaluation Instrument») beurteilt. Die CPG be­trafen Herz-Kreislauf, Asthma/COPD, Diabetes, Osteo­po­ro­se, Arthrose, gastroösophagealen Reflux, Prostatahyper­plasie, De­­­pression und Demenz. Die medianen Wertungen für Qua­li­tät (max. 100 Punkte) waren: Fokus 61, Berück­sich­ti­gung aller Beteiligten («Stakeholders») 33, konsequente Methodik 33, Präsentation 70, Anwendbarkeit 22 und Unabhängigkeit 42. Insgesamt wurden 24% der CPG als qualitativ hochstehend bewertet. Mit einer guten Qualität assoziiert waren die Entwick­lung durch eine Behörde, die Mitarbeit von mehr als 20 Au­torinnen und Autoren, die Nennung der Finanzierung, die Anwendung eines expliziten Konsensus-Verfahrens und die Tatsache, dass es sich um eine Folgeversion und nicht um eine Erstausgabe handelte.

Wie wird es gedeutet?

Die Qualität von publizierten Leitlinien unterscheidet sich stark - weniger als ein Viertel ist vertrauenswürdig. Die An­wendbarkeit war der Bereich mit der niedrigsten medianen Punktezahl. Durch Behörden erstellte Leitlinien sind häufi­ger von guter Qualität, was damit zusammenhängt, dass die Ent­wicklung qualitativ hochstehender CPG beträchtliche Mittel verlangt, die den Universitäten und Fachgesellschaf­ten oft nicht zur Verfügung stehen. Es wird empfohlen, we­niger, aber qualitativ bessere CPG zu verfassen und diese da­für lau­fend aktuell zu halten.

screen-Kommentar

Uns ist kaum gedient mit einer Masse von Leitlinien minderer Qualität, die teilweise von wirtschaftlichen Interessen beeinflusst worden sind. Leitlinien sollten aus ver­trauenswürdiger Quelle stammen, methodisch konsequent er­stellt und periodisch überarbeitet werden. Dies verlangt beträchtliche finanzielle Mittel, die idealerweise von staat­licher Seite verfügbar gemacht werden sollten. Wie bei den wissenschaftlichen Studien gilt zudem: Wo die Grundversorgung beforscht wird, sollten auch Leute aus der Grundversor­gung prominent in der Studienleitung vertreten sein. Wo den Ärztinnen und Ärzten in der Praxis nahegelegt wird, was sie zu tun haben, sollten diese bei der Erstellung der Leitlinien aktiv beteiligt werden.

Zusammengefasst und kommentiert
von Markus Gnädinger

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infomed-screen 23 -- No. 3
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Guidelines für die Grund¬versorgung sind qualitativ unbefriedigend ( 2019)