Bleibt man dank Acetylsalicylsäure länger gesund?

  • r -- McNeil JJ, Wolfe R, Woods RL et al. Effect of aspirin on disability-free survival in the healthy elderly. N Engl J Med. 2018 Oct 18;379:1499-508 [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Häusermann
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 1
    Publikationsdatum: 21. Februar 2019
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Warum diese Studie?

In der ASPREE-Studie wurde das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin® u.a.) zur Primärprophy­laxe tödlicher oder invalidisierender Erkrankungen bei älte­ren Menschen untersucht. 19'114 median 74-jährige Frei­wil­lige erhielten nach dem Zufall täglich entweder 100 mg ASS oder eine Placebo-Tablette. Sie hat­ten alle keine be­kannte kardiovaskuläre oder zerebrovas­ku­läre Erkrankung und keine chronische Krank­heit, welche die Lebens­erwartung auf unter fünf Jahre einge­schränkt hätte. Die Teilnehmenden hatten jähr­liche Arzt­termine und wurden dazwischen telefonisch kon­taktiert. Die Studie war auf fünf Jahre geplant; pri­märer Endpunkt war das Überleben ohne Demenz und ohne blei­bende schwere Behinderung.

Was hat man gefunden?

Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 4,7 Jahren wurde die Studie vorzeitig beendet, da sich bezüglich Er­rei­chen des primären Endpunkts kein Unterschied zwischen ASS und Placebo abzeichnete (21,5 gegenüber 21,2 Ereignis­sen je 1000 Patientenjahre: Hazard Ratio [HR] 1,01, 95% CI 0,92-1,11). Endpunkt-Ereignisse wa­ren in 50% der Tod (un­ter ASS etwas häufiger als unter Pla­cebo), in 30% Demenz und in 20% schwere Behinderung. Klinisch bedeutsame Blu­tungen traten unter ASS bei 3,8% und unter Placebo bei 2,8% der Teilnehmenden auf (HR 1,38, 95% CI 1,18–1,62).

Wie wird es gedeutet?

Die Studie bestätigte frühere Erkenntnisse: in dieser relativ ge­sunden älteren Bevölkerungsgruppe, in der Personen mit vor­bestehenden Erkrankungen ausgeschlossen waren, trug eine niedrige ASS-Dosis nicht zur Verlängerung eines gesun­den, unabhängigen Lebens bei und verursachte vermehrt Blutun­gen.

Screen-Kommentar

Diese sehr überzeugend gemachte Studie bei einer Kohorte gesunder und gesundheitsbewusster älterer Leute mit ei­nem niedrigen Erkran­kungs- und Sterberisiko bringt zusätzliche Klar­heit über Acetylsalicyl­säure als Primärprophylaxe. Bemer­kenswert finde ich, dass trotz fehlender Evidenz in den USA 36,7%, in Australien aber nur 7,2% der Teilnehmenden schon vor der Studie ASS einge­nommen hatten. Die Ergebnisse frühe­rer Studien wurden hier speziell für ältere Menschen be­stä­tigt: ASS verhindert bei ge­sunden Personen weder Herz-Kreislauf-Krankheiten noch an­dere schwere chronische Krank­heiten oder Todesfälle. Einziger signifikanter Effekt von ASS, auch wieder in Übereinstimmung mit den frühe­ren Studien, war die grössere Gefahr schwerer Blutungen. Acetylsalicyl­säure taugt also nicht zur Primärpro­phylaxe von Herz-Kreis­lauf-Erkrankungen. Dafür stehen an­dere Mass­nahmen im Vor­dergrund: nicht rauchen, regelmäs­sige Be­wegung, Blutdruck­behandlung, je nach Gesamtrisiko Cho­lesterinsenkung mit einem Statin. Im Gegensatz dazu bleibt bei bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankung, also in der Se­kundärprophylaxe, die In­dikation für ASS weiter bestehen.

Zusammengefasst und kommentiert von Markus Häusermann

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Bleibt man dank Acetylsalicylsäure länger gesund? ( 2019)