Meniskektomie oder Physiotherapie?
- Zusammenfassung: Christoph Quack
- Kommentar: Luzi Dubs
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 1
Publikationsdatum: 21. Februar 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Warum diese Studie?
Die arthroskopische Teil-Meniskektomie ist einer der am häufigsten durchgeführten orthopädischen Eingriffe. In neueren Studien wurde die Frage aufgeworfen, ob die Kniefunktion nach dem Eingriff längerfristig besser ist als nach alleiniger Physiotherapie. Deshalb sollte hier die Nicht-Unterlegenheit der Physiotherapie im Hinblick auf die mit einem standardisierten Fragebogen erfassten subjektiven Knie-Beschwerden untersucht werden. Dazu wurden 321 Teilnehmende mit durch Magnetresonanztomographie bestätigten Meniskusläsionen randomisiert entweder einer Operation oder einer Physiotherapie zugewiesen. Letztere bestand aus 16 Behandlungen über 8 Wochen mit dem Schwerpunkt auf Ausdauer, Koordination, Gleichgewicht und Kraftaufbau. Ausschlusskriterien waren ein Blockieren des Kniegelenks, frühere Knieoperationen, Kreuzbandriss, fortgeschrittene Gonarthrose oder Übergewicht (BMI >35). Die Kniefunktion wurde mit dem IKDC-Fragebogen («Subjective Knee Form of the International Knee Documentation Committee») erfasst.
Was hat man gefunden?
Über die ganze untersuchte Dauer von 24 Monaten gerechnet war die subjektive Kniefunktion in der Physiotherapie-Gruppe den Resultaten in der Meniskektomie-Gruppe nicht unterlegen. Vergleicht man aber die Gruppen nach jeweils 3, 6, 12 und 24 Monaten, so konnte die Nicht-Unterlegenheit nur nach 3 und 6 Monaten demonstriert werden. Bei 29% der Behandelten in der Physiotherapie-Gruppe wurde bei persistierenden Beschwerden eine Meniskektomie durchgeführt, meist schon innerhalb der ersten 6 Monate.
Wie wird es gedeutet?
In der Studie kommt man zum Schluss, dass die Physiotherapie aufgrund der gefundenen Nicht-Unterlegenheit in Bezug auf subjektive Knie-Beschwerden zumindest in der initialen Behandlungsphase eine Alternative zur arthroskopischen Teil-Meniskektomie sei.
Zusammengefasst von Christoph Quack
Gast-Kommentar
Diese Studie zeigt ihre Mängel bereits in der Run-in-Phase mit inakzeptablen und realitätsfernen Einschlusskriterien (Knieschmerz plus Meniskusveränderungen im MRI), in der schwachen internen und externen Validität der Patientenselektion (weniger als ein Patient pro Monat und Zentrum operiert), dann in der unterschiedlichen Nachbehandlung, der hohen Cross-over-Rate der Physiotherapiegruppe von 29% (nach «intention to treat»), in den Outcome-Variablen mit dem Risiko des Score-Bias (IKDC) und des Surrogat-Bias (Röntgen bei Follow-up) sowie den fehlenden Wirkungsgrössen (NNT). Sie reiht sich mühelos in die anderen mängelbehafteten randomisierten Studien zum Thema Meniskus ein. So what? Die Studie muss man nicht (zu Ende) lesen. Man muss anamnestisch und klinisch spezifizieren, ob es sich bei der Kombination von Knieschmerz und dem Meniskusbefund im MRI um eine Meniskusveränderung (asymptomatisch) oder einen Meniskusschaden (symptomatisch) handelt, worüber das Verlaufsprofil und die klinischen Befunde wichtige Informationen liefern. Wenn im MRI asymptomatische Meniskusveränderungen vorliegen, haben die Knieschmerzen andere Ursachen, die auf Physiotherapie ansprechen können. Dominieren hingegen die Zeichen eines persistierenden symptomatischen Meniskusschadens, dann kann nur die Operation das devitalisierte, funktionslose Meniskusgewebe beseitigen. Die Physiotherapie kann am geschädigten Meniskus nichts ausrichten. Ihr Stellenwert liegt allenfalls bei der postoperativen Rehabilitation der Muskulatur.
Luzi Dubs, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Winterthur
Standpunkte und Meinungen
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