Prazosin bei Alkoholkranken?

Studien haben Hinweise darauf ergeben, dass eine erhöhte noradrenerge Aktivität im Gehirn in der Entstehung und Auf­rechterhaltung der Alkohol­krankheit eine Rolle spielt. Prazo­sin, ein Alpha-1-Adrenozeptor­­antagonist, hatte in einer Pilot­studie einen posi­tiven Einfluss gezeigt. In die vorliegende Studie wurden Männer und Frauen mit Alkoholkrankheit, aber ohne posttraumatische Belastungsstörung aufgenommen. Die Rek­rutierung erfolgte über Zeitungsinserate und die Teilnehmenden wurden fi­nanziell entschädigt. 540 Personen interessierten sich für die Teilnahme, 311 erfüllten die Einschlusskriterien nicht und 137 sind für den ersten Termin nicht erschienen. Von den verbleibenden 92 wurden 48 mit Prazosin behan­delt und 44 mit einem Placebo. Sofern die unerwünschten Wirkungen (vor allem Schwin­del) es erlaubten, wurde die Prazosin-Dosis bis  auf 16 mg täglich ge­steigert. Die Teilnahme an Selbsthilfegruppen wurde empfoh­len. Die Veränderung des Trinkverhaltens wurde über einen Zeitraum von 12 Wochen durch tägliche Telefoninterviews erhoben.

Unter Prazosin sank die Anzahl Drinks pro Woche und die Häufigkeit von Alkoholexzessen (≥4 Glas bei Frauen, ≥5 Glas bei Män­nern) pro Woche signifikant gegenüber der Kontrollgruppe, aber nicht die An­zahl Tage pro Woche, an denen getrunken wurde.

Suchterkrankungen liegt eine Vielzahl von biopsychosozialen Ursachen zugrunde, deren erfolgreiche Behandlung wahr­scheinlich ebenso multifaktoriell erfolgen muss. Prazosin setzt an einer bisher vernachlässigten und eventuell vielverspre­chenden Stelle an. Ob es sich in grösseren Studien bewährt und in welchen Situationen es am sinnvollsten eingesetzt wird, bleibt abzuwarten.

Zusammengefasst und kommentiert von Christoph Quack

Standpunkte und Meinungen
  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 22 -- No. 6
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Prazosin bei Alkoholkranken? ( 2018)