Acetylsalicylsäure: als Prävention gewichtsadaptiert dosieren!
- Zusammenfassung: Renato L. Galeazzi
- infomed screen Jahrgang 22 (2018)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 12. Dezember 2018 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Wenn Acetylsalicylsäure (Aspirin®, ASS) als Plättchenhemmer eingesetzt wird, wird nicht immer das erwünschte Resultat erreicht. In den Studien wird das Medikament meistens nur in einer einheitlichen niedrigen Dosis (≤100 mg/Tag) oder dann nur in einer höheren Dosis (≥300 mg/Tag) verwendet. In der vorliegenden Studie sollte geprüft werden, ob eine fehlende präventive Wirkung bzw. Blutungen auf einer relativen Unter- oder Überdosierung beruhen könnte. Aus zehn Placebo-kontrollierten Studien zur Primärprävention kardiovaskulärer Ereignisse mit ASS (in einer Einheitsdosis von 75-100 oder ≥300 mg/Tag) konnten von 117'279 Teilnehmenden die individuellen Daten ausgewertet werden.
Mit niedrig dosierter ASS wurde bei Personen mit einem Körpergewicht von weniger als 70 kg eine Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse erreicht (Hazard Ratio [HR] 0,77, 95%-Vertrauensintervall [95%-CI] 0,68-0,87). Bei Personen mit einem höheren Gewicht war keine signifikante Wirkung auf Herz-Kreislauf-Ereignisse nachweisbar (HR 0,95, 95%-CI 0,86-1,04). Das erste kardiovaskuläre Ereignis (z.B. ein Myokardinfarkt) führte bei Personen mit einem Gewicht über 70 kg zudem gehäuft zum Tode (Odds Ratio 1,33, 95%-CI 1,08-1,64). Höhere ASS-Dosen waren dagegen umso deutlicher präventiv wirksam, je höher das Gewicht der Teilnehmenden. So ergab sich für über 90 kg schwere Patientinnen und Patienten bei einer ASS-Dosis von ≥500 mg/Tag bezüglich kardiovaskulärer Ereignisse eine HR von 0,45 (95%-CI 0,26-0,79).
Das Risiko klinisch bedeutsamer Blutungen war mit der niedrigen ASS-Dosis bis zu einem Körpergewicht von 90 kg erhöht, darüber nicht mehr. Unter höheren ASS-Dosen (≥300 mg/Tag) konnte dies nicht festgestellt werden: Das Blutungsrisiko schien mit höherem Gewicht gar zuzunehmen. Hinsichtlich der Prävention eines kolorektalen Karzinoms ergaben sich ähnliche Resultate: Die niedrige Dosis senkte das Krebsrisiko bei Personen unter 70 kg, die höhere Dosis hatte eine günstige Wirkung bis zum Körpergewicht von 80 kg.
Es handelt sich um eine ungewöhnlich komplexe, überladene und unübersichtliche Studie. Es werden so viele Vergleiche gemacht, dass der Aussagewert der einzelnen Resultate wahrscheinlich recht gering ist. Aber der Trend scheint eindeutig: niedrige Dosen von ASS (bis 100 mg) sind in der primären und sekundären Prävention kardiovaskulärer Ereignisse nur bei Individuen mit einem Körpergewicht unter 70 kg wirksam. Personen, die mehr als 70 kg wiegen, sollten wahrscheinlich höhere Dosen (350 bis 500 mg) erhalten.
Zusammengefasst und kommentiert von Renato L. GaleazziStandpunkte und Meinungen
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