Hypertonie-Inflation als Folge neuer Guidelines
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- infomed screen Jahrgang 22 (2018)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 12. Dezember 2018 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Neuere Studien, vor allem die sogenannte SPRINT-Studie (siehe infomed-screen Nummer 2/2016), haben einen Nutzen einer Blutdruckbehandlung bei niedrigeren Ausgangs- und Zielwerten als bisher üblich gezeigt. Dies berücksichtigt eine im letzten Jahr veröffentlichte Guideline der amerikanischen Fachgesellschaften ACC und AHA, in der sie generell eine Hypertonie-Diagnose bei Werten ab 130 mm Hg (systolisch) bzw. 80 mm Hg (diastolisch) festlegt. Zwar sollen gemäss der Richtlinie nicht alle Personen mit einem Blutdruck zwischen 130 und 139 bzw. 80 bis 89 mm Hg eine medikamentöse Therapie erhalten. Eine antihypertensive Behandlung wird aber in diesen Fällen unter anderem im Alter über 65 Jahren oder einem kardiovaskulären Risiko von 10% oder mehr empfohlen.
Anhand von Daten aus repräsentativen Querschnittsuntersuchungen aus der amerikanischen und chinesischen Bevölkerung ermittelte die vorliegende Studie, wie sich die Prävalenz der arteriellen Hypertonie und der Behandlungsbedarf in den beiden Ländern durch die Einführung der neuen Guideline gegenüber einer bisherigen verändern würde.
Gegenüber einer Empfehlung mit den traditionell üblichen Grenzwerten 140 und 90 mm Hg würde die Anzahl der Personen zwischen 45 und 75 Jahren mit einer Hypertonie-Diagnose mit der neuen Guideline in beiden Ländern stark zunehmen. In den USA würde der Anteil der Personen mit einer Hypertonie in dieser Altersgruppe von 50% auf 63% ansteigen. In China wäre die Zunahme relativ noch höher (von 38% auf 55%). Auch die Zahl der Personen, die zusätzlich behandelt werden müssten bzw. bei denen die Therapie intensiviert werden sollte, würde massiv ansteigen.
Diese Studie illustriert eindrücklich, wie dramatisch die Auswirkungen der Senkung von Grenz- und Zielwerten bei der Behandlung des Blutdrucks für ein Gesundheitssystem sein können. In der Altersgruppe zwischen 45 und 75 würden bis zu zwei Drittel der Bevölkerung mit dem Stempel einer chronischen Krankheit versehen. Ein grosser Teil der zusätzlich zu Behandelnden hätte ein vergleichsweise kleines kardiovaskuläres Risiko, d.h. der Nutzen der Behandlung würde absolut gesehen kleiner. Und der Aufwand, der betrieben werden müsste, um bei allen Behandelten einen Zielwert von diastolisch weniger als 80 mm Hg anzustreben, würde Ressourcen binden, die vermutlich kosteneffizienter an anderen Stellen im Gesundheitswesen eingesetzt werden könnten.
Zusammengefasst und kommentiert von Peter Ritzmann
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