Verbessern Antidepressiva die Prognose nach Herzinfarkt?

Akute koronare Ereignisse sind häufig von depressiven Symp­tomen begleitet, die nachgewiesenermassen die Gesamt­prog­nose negativ beeinflussen. Mit Antidepressiva können die de­pressiven Symptome auch in dieser Situation erfolgreich gelindert werden, aber ob sich dadurch auch der kardiovas­kuläre Verlauf positiv beeinflussen lässt, ist nach wie vor un­klar. Im Rahmen der vorliegenden Studie aus Südkorea er­hielten 300 Personen, die gleichzeitig an einem akuten koronaren Syndrom und einer Depression litten, nach dem Zufall entweder Escitalopram (Cipralex® u.a.) oder Placebo. Insgesamt wurde für 24 Wochen behandelt, die Medika­menten-Dosis konnte gemäss Verlauf angepasst werden. Pri­mär diente die Studie dazu, den Einfluss der Behandlung auf den kurz- bis mittelfristigen Verlauf der depressiven Symp­tome zu untersuchen; im Rahmen der vorliegenden Publika­tion wurde hingegen der langfristige kardiovaskuläre Verlauf dokumentiert. Der primäre Endpunkt war zusammengesetz­t aus: Tod jeglicher Ursache, Myokardinfarkt und Notwen­digkeit einer Koronarintervention.

Die untersuchten Personen wurden für durchschnittlich 8,4 Jahre nachbeobachtet. Bei den mit Escitalopram Behandelten wurde der primäre Endpunkt in 41% der Fälle erreicht und bei den mit Placebo Behandelten bei 54%. Dies entsprach ei­nen einer «Hazard Ratio» (HR) von 0,69 (95% CI 0,49-0,96). Wenn die einzelnen Komponenten des zusammengesetzten Endpunktes einzeln betrachtet wurden, so ereigneten sich un­ter Antidepressiva im Verlauf lediglich weniger Herzinfarkte, auf die gesamte sowie die kardiale Mortalität oder die Not­wendigkeit von Koronarinterventionen hatte die Behandlung keinen Einfluss.

Ich bin mir nicht so sicher, wie ich diese Resultate nun inter­pretieren soll: Einerseits gab es frühere, ähnliche Studien, die einen vergleichbaren Nutzen nicht belegen konnten, und die aktuellen Resultate erreichen nur knapp statistische Signi­fikanz - und dies nur für den zusammengesetzten Endpunkt. Letzteres könnte aber auch einfach darauf zurückzuführen sein, dass die Anzahl untersuchter Personen (Stichproben­grösse) für die vorliegende Fragestellung eher knapp bemessen war. Wenn andererseits nur die Personen betrachtet wurden, bei denen die depressive Symptomatik gut auf die Antidepres­siva angesprochen hatte, konnte auch ein günstiger Einfluss auf die gesamte Mortalität gezeigt werden. Somit könnte man viel­leicht Folgendes sagen: Ein Versuch, begleitende depressive Symptome bei akutem koronarem Syndrom mit Escitalopram (oder vermutlich auch einem anderen Antidepressivum) zu behandeln, kann sich lohnen. Sprechen die Symptome auf die entspre­chende Behandlung an, hat dies vermutlich auch einen güns­tigen Einfluss auf den kardialen Langzeitverlauf.

Zusammengefasst und kommentiert von Alexandra Röllin

Standpunkte und Meinungen
  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 22 -- No. 6
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Verbessern Antidepressiva die Prognose nach Herzinfarkt? ( 2018)