infomed-screen
Opioide bei Gelenk- und Rückenschmerzen enttäuschend
Opioide bringen keine bessere Schmerzlinderung als herkömmliche Analgetika und verursachen mehr unerwünschte Wirkungen.
- Zusammenfassung: Christoph Quack
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 22 (2018)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 12. Juni 2018 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Zunehmend werden bei chronischen Schmerzen des Bewegungsapparates auch Opioide eingesetzt, obwohl es kaum verlässliche Daten dazu gibt. Im Rahmen der vorliegenden randomisierten Studie wurden Personen behandelt, die mässig starke bis intensive, vom Rücken oder von den Hüft- oder den Kniegelenken ausgehende Schmerzen hatten. Erwünschte und unerwünschte Wirkungen der Opioide wurden mit denjenigen anderer Schmerzmittel verglichen.
Methoden
Es wurden 240 Personen (davon 32 Frauen, Durchschnittsalter 58 Jahre) mit Rückenschmerzen oder Arthrosen der Hüft- oder Kniegelenke untersucht. Alle litten seit mindestens sechs Monaten an mässig bis sehr starken chronischen Schmerzen. Nach dem Zufall wurde entweder mit Opioiden oder ohne Opioide behandelt. Um dem klinischen Alltag in der Grundversorgung möglichst gerecht zu werden, wurde dabei ein «pragmatisches» Studiendesign gewählt: die Art und Dosis der Medikamente wurde dem klinischen Verlauf angepasst; ergänzende nicht-medikamentöse Behandlungen waren ebenfalls erlaubt. In der Opioid-Gruppe wurden in erster Linie Morphin, Oxycodon, (Oxynorm® u.a.) und Fentanyl (Durogesic® u.a.) verwendet, wobei rasch und verzögert wirkende sowie transdermale Präparate zum Einsatz gelangten In der Vergleichsgruppe wurden Paracetamol (Dafalgan® u.a.) und nicht-steroidale Antirheumatika eingesetzt; auch Tramadol (Tramal® u.a., ein «schwach» wirkendes Opioid), schmerzmodulierende Wirkstoffe (z.B. trizyklische Antidepressiva) und lokal applizierte Präparate konnten verschrieben werden. Als primärer Endpunkt galt die Reduktion der schmerzbedingten Beeinträchtigung im Alltag (gemäss «Brief Pain Inventory», mit einer Skala von 0 bis 10) über den Zeitraum von 12 Monaten. Sekundär wurde auch die Reduktion der Schmerzintensität (Skala 0-10) berücksichtigt.
Ergebnisse
Hinsichtlich schmerzbedingter Beeinträchtigung im Alltag unterschieden sich die beiden Gruppen im Verlauf der Beobachtungszeit von 12 Monaten nie nennenswert. Die Schmerzintensität war während dieser Zeit tendenziell geringer in der nicht mit Opioiden behandelten Vergleichsgruppe. Nach 12 Monaten war die Schmerzintensität in der Vergleichsgruppe statistisch signifikant geringer als in der Opioid-Gruppe (4,0 gegenüber 3,5 Punkten). Als klinisch relevanter Unterschied würde allerdings erst eine Verbesserung um mindestens einen ganzen Punkt gelten. Die von zwei unabhängigen Fachpersonen beurteilten Schmerzmittel-bedingten Nebenwirkungen waren in der Opioid-Gruppe signifikant häufiger.
Schlussfolgerungen
Opioide sind nicht-opioidhaltigen Schmerzmitteln für schmerzbedingte Einschränkungen im Alltag bei moderaten bis ausgeprägten Rückenschmerzen oder Schmerzen bei Hüft- oder Kniearthrosen nicht überlegen. Da es bei den Opioiden zu mehr Nebenwirkungen kommt, sind diese für die genannten Indikationen nicht zu empfehlen.
Zusammengefasst von Christoph Quack
Was sagte Cicero zu Catilina: Wie lange willst du unsere Geduld denn noch missbrauchen? Dasselbe könnte man zur Verwendung von Opioiden bei Schmerzen, die nicht von Tumorkrankheiten verursacht sind, sagen. Seit Jahren weisen wir in unseren Publikationen (inbegriffen die «Bad Drug News» im Internet) darauf hin, dass sich die chronische Einnahme von Opioiden in diesen Fällen ungünstig auswirkt. Die hier vorliegende Arbeit zeigt zudem, dass nicht einmal die erwünschte (analgetische) Wirkung dieser Medikamente wirklich befriedigt. Ein Schönheitsfehler der Studie ist allerdings, dass in der «Nicht-Opioid»-Vergleichsgruppe mit Tramadol eine Substanz erlaubt war, die ganz eindeutig zu den Opioiden gehört und wohl auch nicht immer ganz problemlos ist.
Etzel Gysling
Standpunkte und Meinungen
- Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 22 -- No. 3
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Opioide bei Gelenk- und Rückenschmerzen enttäuschend ( 2018)
Login
infomed-screen abonnieren
Aktueller infomed-screen-Jahrgang
pharma-kritik abonnieren
100 wichtige Medikamente
Passwort beantragen
infomed mailings
-
Jahrgang 2024
Jahrgang 2023
Jahrgang 2022
Jahrgang 2021
Jahrgang 2020
Jahrgang 2019
Jahrgang 2018
Jahrgang 2017
Jahrgang 2016
Jahrgang 2015
Jahrgang 2014
Jahrgang 2013
Jahrgang 2012
Jahrgang 2011
Jahrgang 2010
Jahrgang 2009
Jahrgang 2008
Jahrgang 2007
Jahrgang 2006
Jahrgang 2005
Jahrgang 2004
Jahrgang 2003
Jahrgang 2002
Jahrgang 2001
Jahrgang 2000
Jahrgang 1999
Jahrgang 1998
Jahrgang 1997