Herzfrequenz als Prognosefaktor
- k -- Cole CR, Blackstone EH, Pashkow FJ et al. Heart-rate recovery immediately after exercise as a predictor of mortality. N Engl J Med 1999 (28. Oktober); 341: 1351-7 [Link]
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- infomed screen Jahrgang 3 (1999)
, Nummer 10
Datum der Ausgabe: November 1999
Studienziele
Es gibt Hinweise darauf, dass eine verminderte Vagusaktivität ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko darstellt. Bei körperlicher Belastung wird die Herzfrequenzsteigerung durch eine Abnahme des Vagotonus mitverursacht, der dann in der Erholungsphase wieder rasch ansteigt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob ein ungenügender Wiederanstieg des Vagotonus unmittelbar nach Belastungsabbruch ein erhöhtes kardiovaskuläres Mortalitätsrisiko bedeutet.
Methoden
Untersucht wurden 2'428 Personen (Durchschnittsalter 57 Jahre, 37% Frauen), die in den Jahren 1990-1993 in die «Cleveland Clinic Foundation» für eine erste Koronarangiographie eingewiesen wurden. Bei den teilnehmenden Personen erfolgte eine ergometrische Thallium-Myokardszinti-graphie. Die Laufbandbelastung wurde symptomlimitiert durchgeführt. Personen, bei denen die Herzfrequenz innerhalb einer Minute nach der Belastung nicht um mindestens 12 Schläge abnahm, wurden als solche mit einer abnormen Erholungsphase bezeichnet. Der Krankheitsverlauf wurde über durchschnittlich 6 Jahre weiterverfolgt. Der primäre Studienendpunkt war die Gesamtmortalität.
Ergebnisse
639 Personen (26%) hatten eine abnorme Erholungsphase. Diese hatten jedoch während der Belastung nicht signifikant häufiger ST-Veränderungen oder pektanginöse Beschwerden als solche mit einer normalen Erholungsphase. Während der Beobachtungszeit ereigneten sich 213 Todesfälle. In der Gruppe mit abnormer Erholungsphase betrug die Gesamtmortalität 19%, bei Personen mit normaler Erholungsphase 5% (p<0,001). Eine abnorme Erholungsphase war also mit einem stark erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert. Neben verminderter Arbeitskapazität, männlichem Geschlecht, Alter, pathologischer Thallium-Szintigraphie und einem reduzierten Frequenzanstieg während der Belastung erwies sich eine abnorme Erholungsphase als stärkster unabhängiger Prädiktor für den Tod. Eine in den ersten 3 Monaten nach der Testung durchgeführte koronare Revaskularisation hatte keinen Einfluss auf diese Assoziation.
Schlussfolgerungen
Eine abnorme Erholungsphase nach einer ergometrischen Belastung stellt einen gewichtigen und unabhängigen Prädiktor für das Mortalitätsrisiko dar. Dieser Wert lässt sich aus den erhobenen Daten einfach berechnen und bietet sich zur Risikostratifizierung im klinischen Alltag an.
Die vorliegende Arbeit ist ein weiterer Baustein dafür, dass bei Herzkranken neben der Auswurffraktion in der autonomen Steuerung der kardialen Funktion ein zweiter wichtiger prognostischer Faktor vorliegt. So hat beispielsweise der Benefit des Betablockers beim Herzinsuffizienten nicht nur die Prognose dieser Personen verbessert, sondern auch unsere häufig zu mechanistische Betrachtungsweise des kardialen Funktionierens. Die in dieser Studie ermittelte Messgrösse der autonomen Integrität besticht in der Einfachheit ihrer Erhebung. Unbeantwortet bleibt dabei die Frage, wie wir diesen Informationsgewinn im klinischen Alltag zum Wohl unserer Patientinnen und Patienten umsetzen. Revaskularisationsmassnahmen beeinflussen das erhobene Risiko offenbar nicht, da sie naturgemäss eher die Pump- und weniger die Steuerungsfunktion beeinflussen. Möglicherweise hilft uns diese Messgrösse, die medikamentöse Behandlung individueller zu gestalten, wobei die suggestive Reduktionsformel «Autonome Dysfunktion = Betablocker» mit Sicherheit zu kurz greifen dürfte.
Werner Eugster
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