Tai Chi wirksam bei Gonarthrose
- r -- Wang C, Schmid CH, Iversen MD et al. Comparative effectiveness of Tai Chi versus physical therapy for knee osteoarthritis. Ann Intern Med 2016 (19. Juli); 165: 77-86 [Link]
- Zusammenfassung: Felix Schürch
- infomed screen Jahrgang 20 (2016)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 5. Oktober 2016 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Tai Chi, auch «Schattenboxen» genannt, ist eine eine jahrhundertealte «Technik» aus China, die sowohl körperliche Ertüchtigung als auch Meditation beinhaltet. Dabei bewegen die Übenden den Rumpf, die Arme und Beine im Zeitlupentempo nach einem vorgegebenen Muster. Anhand der vorliegenden Studie sollte untersucht werden, wie Tai Chi – verglichen mit Physiotherapie – die Schmerzen und das allgemeine Wohlbefinden bei Kniearthrose beeinflusst. Es wurden 204 Personen mit radiologisch nachgewiesener tibio- oder patellofemoraler Arthrose untersucht, welche bei mindestens einer der Fragen auf der visuell-analogen Schmerz- Subskala des «Western Ontario and McMaster Universities Arthritis Index» (WOMAC) einen Wert von mindestens 40 (Skala 0-100) angaben. Die Teilnehmenden wurden nach dem Zufall mit Physiotherapie oder Tai Chi behandelt; aufgrund der Art der Intervention konnte die Studie nur einfach verblindet durchgeführt werden. In der Physiotherapiegruppe wurden während sechs Wochen wöchentlich zwei Einzelbehandlungen gemäss den amerikanischen Leitlinien für Kniearthrose durchgeführt, gefolgt von telefonisch angeleiteten Heimübungen für weitere sechs Wochen. Tai Chi wurde während 12 Wochen zweimal wöchentlich in der Gruppe unterrichtet. Als primärer Endpunkt interessierte das Ausmass der Schmerzen auf der WOMAC- Skala nach 12 Wochen.
Die Teilnehmenden waren im Durchschnitt um die 60 Jahre alt und hatten einen BMI von 33 kg/m2; 70% waren Frauen. 79% der 106 Personen in der Tai Chi-Gruppe und 78% der 98 Personen in der Physiotherapiegruppe nahmen mindestens an der Hälfte der Sitzungen teil. Hinsichtlich des primären Endpunktes konnte mit beiden Interventionen eine deutliche Verbesserung erreicht werden, die auch noch nach 52 Wochen weitgehend erhalten blieb. Zwischen den beiden Interventionen hingegen konnte kein Unterschied gezeigt werden. Auch bezüglich verschiedener sekundärer Endpunkte (wie beispielsweise Beweglichkeit, Gelenkfunktion, depressive Symptome) waren Tai Chi und Physiotherapie ähn lich wirksam.
Tai Chi ist ein wichtiges Element der «Integrativen Medizin» geworden, welche Körper und Geist verbinden soll («Mind Body Medicine»). Bei dieser Studie wurde die therapeutische Wirkung auf ein klar definiertes Krankheitsbild, die Gonarthrose, untersucht. Es ist jedoch naturgemäss schwierig, bei einer derartigen Intervention eine Wirkung nach wissenschaftlichen Kriterien nachzuweisen. Die Forschenden waren sich dessen bewusst: Um die Erwartungshaltung nicht zu beeinflussen, haben sie beispielsweise den Begriff «Tai Chi» vermieden und den Studienteilnehmern lediglich mitgeteilt, dass sie an zwei verschiedenen «Übungsprogrammen» teilnehmen werden. Tai Chi wirkt – aber es bleibt offen, ob Tai Chi anderen Aktivitäten, wie beispielsweise Fitnesstraining im Wasser oder «Nordic Walking», überlegen ist. In meinen Augen ist diese Studie eine Aufmunterung für uns medizinisch Tätige, auf die persönlichen Vorlieben der Betroffenen einzugehen. Hauptsache Bewegung. Und da ist Tai Chi eine vielseitige und nicht zuletzt auch eine ästhetisch ansprechende Option.
Zusammengefasst und kommentiert von Felix Schürch
Standpunkte und Meinungen
- Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
-
Jahrgang 2024
Jahrgang 2023
Jahrgang 2022
Jahrgang 2021
Jahrgang 2020
Jahrgang 2019
Jahrgang 2018
Jahrgang 2017
Jahrgang 2016
Jahrgang 2015
Jahrgang 2014
Jahrgang 2013
Jahrgang 2012
Jahrgang 2011
Jahrgang 2010
Jahrgang 2009
Jahrgang 2008
Jahrgang 2007
Jahrgang 2006
Jahrgang 2005
Jahrgang 2004
Jahrgang 2003
Jahrgang 2002
Jahrgang 2001
Jahrgang 2000
Jahrgang 1999
Jahrgang 1998
Jahrgang 1997