infomed-screen
Was bringt eine Testosteron-Substitution?
- r -- Snyder PJ, Bhasin S, Cunningham GR et al. Effects of testosterone treatment in older men. N Engl J Med 2016 (18. Februar); 374: 611-24 [Link]
- Zusammenfassung: Felix Tapernoux
- Kommentar: Christoph Henzen
- infomed screen Jahrgang 20 (2016)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 14. Juni 2016 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Der Testosteronspiegel beim Mann nimmt mit zunehmendem Alter ab. Ebenso gehen Mobilität, Sexualfunktion und Vitalität zurück. Aufgrund dieser Parallele wird ein Zusammenhang zwischen diesen Symptomen und einem niedrigen Testosteronspiegel postuliert. Gemäss früheren Studien kann eine Testosteron-Behandlung zu erhöhter Muskel- und verminderte Fettmasse führen, hinsichtlich Mobilität, Sexualfunktionen und Vitalität hingegen sind die bisherigen Ergebnisse widersprüchlich. Im Rahmen des hier vorgestellten Testosteron-Studienprojektes sollten erwünschte und unerwünschte Wirkungen einer Testosteron-Substitution besser untersucht werden.
Methoden
Aus sieben koordiniert durchgeführten Doppelblindstudien an 12 verschiedenen amerikanischen Standorten werden die Ergebnisse der drei Hauptstudien zu Sexualfunktion, körperlicher Leistungsfähigkeit und Vitalität präsentiert. Die teilnehmenden Männer mussten die Bedingungen für mindestens eine der Hauptstudien erfüllen, konnten aber auch an mehreren Studien teilnehmen. Sie mussten mindestens 65 Jahre alt sein und ihr Testosteronsspiegel musste in zwei Messungen weniger als 275 ng/dl betragen. Die Behandlung bestand in 1%igem, perkutan appliziertem Testosteron-Gel (Testogel®) oder einem entsprechenden Placebo-Gel. Die Initialdosis betrug 5 g Gel pro Tag, im Verlauf wurde die Dosis so angepasst, dass durchschnittliche Testosteron-Werte gesunder junger Männer erreicht wurden. Die Wirksamkeit der Behandlung wurde nach 3, 6, 9 und 12 Monaten beurteilt. Bei der Studie zur Sexualfunktion galt das Ausmass der sexuellen Aktivität als primärer Endpunkt, bei der Studie zur körperlichen Leistungsfähigkeit der Prozentsatz der Männer, die beim 6-Minuten-Gehtest ihre Gehstrecke um mindestens 50 m verlängern konnten. Die Vitalität wurde primär anhand der «FACIT-Fatigue-Scale» erfasst.
Ergebnisse
Von über 50'000 gescreenten Männern konnten schliesslich nur 790 untersucht werden. Dieser geringe Anteil an Männern, welche die geforderten Kriterien erfüllten, ist hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass nur 14,7% aller Männer zweimalig einen Testosteronspiegel von unter 275 ng/dl aufwiesen. In der Studie zur Sexualfunktion führte die Testosteron-Behandlung zu einer Zunahme der sexuellen Aktivität gegenüber Placebo; auch auf die erektile Funktion und die sexuelle Appetenz (sekundäre Endpunkte) wirkte sie sich günstig aus. In der Studie zur körperlichen Leistungsfähigkeit unterschieden sich Testosteron- und Placebo-Gruppe hinsichtlich primärem Endpunkt nicht. Das gleiche galt für die Studie zur Vitalität, allerdings waren unter Testosteron depressive Symptome leicht vermindert (sekundärer Endpunkt). Hinsichtlich unerwünschter Wirkungen unterschieden sich die beiden Gruppen nicht, allerdings ist die Anzahl untersuchter Personen für ein aussagekräftiges Resultat zu gering.
Schlussfolgerungen
Eine Testosteron-Substitution bei älteren Männern kann die Sexualfunktion und allfällige depressive Symptome gering- bis mässiggradig verbessern, hat aber keine Wirkung auf körperliche Leistungsfähigkeit und Vitalität.
Zusammengefasst von Felix Tapernoux
Testosteron-Interventionsstudien beim «alternden» Mann sind kompliziert einerseits durch die Definition von «adäquat» und andererseits durch die Tatsache, dass das Testosteron sowohl ein direkt wirkendes Hormon ist, als auch ein Prähormon für Estradiol und Dihydrotestosteron. Die in der Studie beschriebenen (Testosteron-)Effekte auf Libido und Gemütszustand sind erwartet, für die Wirkung auf Gehstrecke und Vitalität wäre ein begleitendes Muskeltraining notwendig gewesen. Die positive Wirkung auf die Insulinresistenz oder die Estradiol-vermittelten Effekte auf den Knochen wurden nicht untersucht, d.h. insgesamt kann aufgrund der vorliegenden Daten eine alleinige Testosteron-Substitution weder generell empfohlen noch abgelehnt werden und das Nutzen/Risikoprofil muss auf einer individuellen Basis erstellt werden.
Christoph Henzen
Standpunkte und Meinungen
- Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 20 -- No. 3
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Was bringt eine Testosteron-Substitution? ( 2016)
Login
infomed-screen abonnieren
Aktueller infomed-screen-Jahrgang
pharma-kritik abonnieren
100 wichtige Medikamente
Passwort beantragen
infomed mailings
-
Jahrgang 2024
Jahrgang 2023
Jahrgang 2022
Jahrgang 2021
Jahrgang 2020
Jahrgang 2019
Jahrgang 2018
Jahrgang 2017
Jahrgang 2016
Jahrgang 2015
Jahrgang 2014
Jahrgang 2013
Jahrgang 2012
Jahrgang 2011
Jahrgang 2010
Jahrgang 2009
Jahrgang 2008
Jahrgang 2007
Jahrgang 2006
Jahrgang 2005
Jahrgang 2004
Jahrgang 2003
Jahrgang 2002
Jahrgang 2001
Jahrgang 2000
Jahrgang 1999
Jahrgang 1998
Jahrgang 1997