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Entzündungshemmer statt Antibiotika bei Harnwegsinfekten?
- r -- Gágyor I, Bleidorn J, Kochen MM et al. Ibuprofen versus fosfomycin for uncomplicated urinary tract infection in women: randomised controlled trial. BMJ 2015 (23. Dezember); 351: h6544 [Link]
- Zusammenfassung: Anne Witschi
- infomed screen Jahrgang 20 (2016)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 4. April 2016 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
25% aller Antibiotikaverschreibungen in der Allgemeinpraxis erfolgen aufgrund eines Harnwegsinfektes. Obwohl unkomplizierte Harnwegsinfekte der Frau häufig selbstlimitierend sind, wird meist antibiotisch behandelt, was die Resistenzbildung begünstigen kann. Die Verantwortlichen für die hier präsentierte Studie konnten in einer vorangehenden Pilotstudie zeigen, dass mit einer symptomatischen Therapie mit Ibuprofen die Symptome ähnlich gut behandelt werden können wie mit Antibiotika. Anhand der vorliegenden Doppelblindstudie sollten diese Resultate bestätigt werden.
Zwischen 2012 und 2014 wurden in 42 deutschen Allgemeinpraxen 484 Frauen (Alter 16- 65 Jahre) mit typischen Symptomen für einen unkomplizierten Harnwegsinfekt (Dysurie und/oder Pollakisurie, mit oder ohne Unterbauchschmerzen) rekrutiert. Der Urin wurde zwar untersucht (Schnelltest und Kultur), ein positives Resultat war jedoch nicht entscheidend für die Studienteilnahme. Frauen mit Symptomen eines aufsteigenden Harnwegsinfektes, einem Harnwegsinfekt in den zwei vorausgegangenen Wochen, einer vorangehenden Behandlung mit Antibiotika bzw. nichtsteroidalen Entzündungshemmern oder einem erhöhten Risiko für Komplikationen wurden nicht berücksichtigt. Die Frauen erhielten entweder 400mg Ibuprofen (Brufen®u.a.) dreimal täglich für 3 Tage oder eine Einmaldosis von 3 g Fosfomycin (Monuril®) plus das entsprechende Placebo. Die beiden primären Endpunkte waren die Häufigkeit, mit der innerhalb der ersten vier Wochen Antibiotika verabreicht wurden, und die gesamte «Symptomlast» über die ersten sieben Tage (dafür wurde täglich ein Symptomscore errechnet und aufaddiert). Sekundäre Endpunkte waren das Auftreten von Komplikationen sowie verschiedene andere, die Symptome betreffende Parameter.
Nur 81 von den 241 (34%) mit Ibuprofen behandelten Frauen mussten im Verlauf aufgrund des Harnwegsinfektes doch noch Antibiotika einnehmen. Von den 243 bereits mit Fosfomycin behandelten Frauen benötigen 34 Frauen eine weitere Antibiotikatherapie. Somit wurden in der Ibuprofengruppe insgesamt deutlich weniger Antibiotika verschrieben. Hingegen war die gesamte «Symptomlast» unter Ibuprofen höher als nach Fosfomycin. Die nur symptomatisch behandelten Frauen waren durchschnittlich einen Tag länger symptomatisch als die antibiotisch behandelten. Fünf Frauen in der Ibuprofen-Gruppe und eine Frau in der Fosfomycin-Gruppe entwickelten im Verlauf eine Pyelonephritis. Die geringere Antibiotikaverschreibungsrate erkaufte man sich also mit stärkeren und länger persistierenden Beschwerden und einem etwas höheren Risiko für eine Pyelonephritis.
Fast ein Drittel der nicht antibiotisch behandelten Frauen brauchte im Verlauf der Studie doch noch Antibiotika zur Behandlung des Harnwegsinfekts. Ob dies wegen Zunahme der Symptomatik oder wegen persistierenden Symptomen gleicher Intensität notwendig war, geht aus der Publikation nicht hervor. Auch ein allfälliger Zusammenhang mit dem verursachenden Keim kann mit den vorliegenden Informationen nicht hergestellt werden. Gerne hätte man etwas über das Risikoprofil der Frauen, welche im weiteren Verlauf Antibiotika benötigten, erfahren. Schliesslich wäre es hilfreich, zu wissen, wem man zu Beginn gleich Antibiotika verschreiben soll, und wer eine gute Chance für eine Spontanheilung hat.
Zusammengefasst und kommentiert von Anne Witschi
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