Akute Nierenschädigung durch atypische Neuroleptika

  • f -- Hwang YJ, Dixon SN, Reiss JP et al. Atypical antipsychotic drugs and the risk for acute kidney injury and other adverse outcomes in older adults: a population-based cohort study. Ann Intern Med 2014 (19. August); 161: 242-8 [Link]
  • Zusammenfassung: Niklaus Löffel
  • infomed screen Jahrgang 18 (2014) , Nummer 6
    Publikationsdatum: 25. November 2014
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Oft werden sogenannte atypische Neuroleptika wie Risperidon (Risperdal® u.a.) dazu verwendet, psychische Symptome oder Verhaltensstörungen von dementen Menschen zu beeinflussen. Atypische Neuroleptika werden verschrieben, weil sie unter anderem weniger extrapyramidale Nebenwirkungen haben sollen als konventionelle.(1) Mit dieser retrospektiven Fall-Kontrollstudie, die mit Daten von fünf verschiedenen medizinischen Datenbanken von Ontario (Kanada) durchgeführt wurde, sollte das Risiko für eine Hospitalisation wegen einer durch atypische Neuroleptika verursachten akuten Nierenschädigung untersucht werden. Die «Ontario Drug Benefit Database» z.B. enthält alle Medikamentenverschreibungen für Personen über 65 in der Provinz Ontario. Von Juni 2003 bis Dezember 2011 wurden alle Kranken über 65 Jahre ausgewählt, denen in ambulantem Rahmen erstmals die atypischen Neuroleptika Risperidon, Quetiapin (Seroquel® u.a.) oder Olanzapin (Zyprexa® u.a.) verschrieben worden waren. Diese wurden mit einer gleich grossen, bezüglich biologischer Parameter vergleichbaren Kohorte ohne Neuroleptika-Therapie verglichen. Primärer Endpunkt war eine Hospitalisation wegen einer akuten Nierenschädigung, die innerhalb von 90 Tagen nach der Verschreibung aufgetreten war. Die Betroffenen wurden anhand der Hospitalisations-Diagnosecodes identifiziert.

97'777 Personen mit einer neuen Verschreibung atypischer Neuroleptika (Durchschnittsalter 81 Jahre) wurden mit einer gleich grossen Gruppe ohne Neuroleptika verglichen. 24% von ihnen lebten in einer Langzeitpflegeinstitution und 54% litten an einer Demenz. 1'002 Personen (1,02%) mit und 602 (0,62%) ohne atypische Neuroleptika mussten wegen eines akuten Nierenschadens hospitalisiert werden (RR 1,73; 95% CI 1,55-1,92). In einer Subpopulation von Personen, für welche die Kreatininspiegel vor Beginn der Neuroleptika-Behandlung bekannt waren, wurden 5,46% mit bzw. 3,34% ohne atypische Neuroleptika wegen eines akuten Nierenschadens hospitalisiert (RR 1,70; 95% CI 1,22-2,38). Die Verwendung von atypischen Neuroleptika war auch mit einer erhöhten Gesamtmortalität assoziiert (RR 2,39; 95% CI 2,28-2,50). Eine vorbestehende chronische Nierenerkrankung sowie die Art und Dosis des verwendeten Medikaments beeinflussten die Assoziation zwischen der Verwendung atypischer Neuroleptika und einer Hospitalisation wegen akuter Nierenschädigung nicht.

Für die Behandlung von Verhaltensstörungen bei älteren Personen mit Demenz kommt man allzu oft nicht um einen Einsatz von Neuroleptika herum. Ob eine akute Nierenschädigung, die eine Hospitalisation erfordert, nur durch die atypischen oder auch durch konventionelle Neuroleptika verursacht werden kann, geht aus der Arbeit nicht hervor. Die vorliegende Studie zeigt aber, wie wichtig eine konsequente Überwachung der Vitalparameter und besonders der Nierenfunktion dieser Personen ist. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Neuroleptika allgemein bei älteren Menschen auch weiterhin mit grosser Zurückhaltung und nach Abwägen aller Vor- und Nachteile verschrieben werden sollten.

Zusammengefasst und kommentiert von Niklaus Löffel

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Akute Nierenschädigung durch atypische Neuroleptika ( 2014)