Nach Schlaganfall besser endovaskulär behandeln? 2

  • r -- Ciccone A, ValvassoriL, Nichelatti M et al. Endovascular treatment for acute ischemic stroke. N Engl J Med 2013 (7. März); 368: 904-13 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Sylvan Albert
  • infomed screen Jahrgang 17 (2013) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 19. Oktober 2013
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Nach einem Schlaganfall werden mit einer systemischen intravenösen Thrombolyse 46% und mit einer endovaskulären Thrombolyse über 80% der verschlossenen Gefässe rekanalisiert. Ob die endovaskuläre der systemischen Therapie auch in Bezug auf den klinisch neurologischen Verlauf überlegen ist, bleibt trotz optimistischer Ergebnisse von kleineren randomisierten Studien offen. In der vorliegenden randomisierten Multizenterstudie wurde erstmals der Nutzen einer intravenösen Lysetherapie mit einer endovaskulären Behandlung nach einem Schlaganfall direkt verglichen. Die intravenöse Therapie sollte höchstens 4,5 Stunden und die endovaskuläre Therapie höchstens 6 Stunden nach Krankheitsbeginn gestartet werden. Die endovaskuläre Therapie erfolgte bei verschlossenem Gefäss mit Alteplase oder mechanisch, bei offenem Gefäss mit einer Injektion von Alteplase in das Gefäss, welches das für das neurologische Defizit verantwortliche Hirnareal versorgte. Wie in der vorgängig beschriebenen Studie wurde das neurologische Defizit zu Beginn mit der «NIHSS» gemessen. Auch hier war der primäre Endpunkt ein funktioneller Behinderungsgrad nach 90 Tagen von höchstens einem Punkt auf der «modified ranking scale».

Von 362 Patientinnen und Patienten im Alter von 18 bis 80 Jahren wurden je 181 randomisiert einer endovaskulären bzw. einer intravenösen Thrombolyse zugeführt. In der ersten Gruppe war ein Vorhofflimmern mit 8% gegenüber 16% signifikant seltener und eine Gefässdissektion mit 8% gegenüber 2% signifikant häufiger. Die endovaskuläre Therapie wurde durchschnittlich 3,75 Stunden und die intravenöse Therapie 2,75 Stunden nach Krankheitsbeginn aufgenommen (Unterschied signifikant). Nach drei Monaten hatten 55 endovaskulär Behandelte (30%) und 63 intravenös Behandelte (35%) keine Beeinträchtigung im alltäglichen Leben (Unterschied nicht signifikant). Tödliche und nicht-tödliche intrakranielle Blutungen innerhalb von sieben Tagen nach der Randomisierung waren mit je 6% in beiden Gruppen gleich häufig.

Thomas Koch

Die intravenöse Lysetherapie steht im Zentrum der akuten Hirnschlag-Behandlung, obschon nur 10 bis 15% aller Personen mit einem ischämischen Hirnschlag so behandelt werden können, auch nach Ausweitung des Zeitfensters auf von 3 auf 4,5 Stunden (ECASS III Studie).1 Bereits vor dieser Studie war eine endovaskuläre Behandlung bei nachgewiesenen Thromben in grossen Gefässen, vor allem im Bereich der A. cerebri media, eine zunehmend gängige Praxis. Hierbei wurde häufig eine intravenöse Lyse begonnen, danach wurden die Kranken in ein Zentrum mit endovaskulärer Interventionsmöglichkeit verlegt (sog. Bridging- Konzept). Die Studie von Broderick et al. konnte bei der  iv-Lysetherapie keinen zusätzlichen Nutzen einer endovaskulären Therapie nachweisen, obschon die Rekanalisa­tionsrate dieser Methode höher ist. In der Studie von Ciccone et al. war auch im Studienarm der alleinigen endovaskulären Therapie kein besseres Ergebnis gegenüber der iv-Therapie nachweisbar. Broderick et al. mutmassen, dass der Zusammenhang von Rekanalisation und Outcome im zeitlichen Ablauf immer schlechter wird, und dass man künftig stärker eine Optimierung des Zeitfensters erreichen müsse. Allerdings konnte in der Studie von Ciccone et al. durch eine schnellere endovaskuläre Behandlung kein zusätzlicher Nutzen nachgewiesen werden. Diese Studien belegen, dass der Parameter einer Rekanalisation grosser intrakranieller Arterien nur bedingt mit dem klinischen Nutzen korreliert, und unterstreichen die Bedeutung einer rasch durchzuführenden intravenösen Lysetherapie.

Sylvan J. Albert

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