Transfusionen bei oberer Gastro­intestinalblutung: weniger ist mehr!

  • r -- Villanueva C, Colomo A, Bosch A et al: Transfusion strategies for acute upper gastrointestinal bleeding. N Engl J Med 2013 (3. Januar): 368: 11-21 [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Häusermann
  • infomed screen Jahrgang 17 (2013) , Nummer 2
    Publikationsdatum: 18. April 2013
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889 Männer und Frauen mit endoskopisch behandelter oberer Gastrointestinalblutung wurden nach dem Zufall mit einer von zwei unterschiedlichen Transfusionsstrategien behandelt: «Restriktiv» bedeutete eine Gabe von Erythrozytenkonzentraten erst bei einem Plasmahämoglobin unter 70 g/l und mit einem Zielwert von 70 bis 90 g/l. «Liberal» bedeutete eine Transfusionsschwelle von 90 g/l und einen Zielwert von 90 bis 110 g/l. Primärer Endpunkt war der Tod an irgendeiner Ursache in den ersten 45 Tagen nach Randomisierung.

Blutungsquellen waren in 437 Fällen (49%) ein peptisches Ulkus, 190-mal (21%) Magen- oder Ösophagusvarizen und in den übrigen Fällen eine andere Läsion. 444 Kranke wurden «restriktiv» transfundiert. Von ihnen erhielten 225 (51%) keine Transfusionen, 23 (5%) starben in den ersten 45 Tagen. Von 445 Kranken mit «liberaler» Strategie erhielten nur 61 (14%) keine Transfusionen, und 41 (9%) starben innert 45 Tagen (Unterschiede signifikant). Ausser bei Kranken mit der prognostisch schlechtesten Leberzirrhose-Klasse (Child-Pugh C) wurde diese Differenz in allen diagnostischen Untergruppen beobachtet. Rezidivblutungen waren unter der «liberalen» Transfusionsstrategie mit 16% gegenüber 10% signifikant häufiger, ebenso kardiale Komplikationen (16% gegenüber 11%) und Transfusionsreaktionen (9% gegenüber 3%). Die Studienverantwortlichen empfehlen aufgrund ihrer Resultate, die Schwelle für Erythrozytentransfusionen bei oberer Gastro­intestinalblutung auf eine Hämoglobinkonzentration von 70 g/l herabzusetzen.

Diese wichtige Studie zeigt überzeugend, dass «grosszügige» Bluttransfusionen bei oberer Gastrointestinalblutung mehr schaden als nützen. Die allermeisten Kranken tolerieren eine Blutungsanämie bis zu einem Hämoglobin von 70 g/l gut, sofern das Kreislaufvolumen durch Infusionen normal gehalten wird. Erythrozytentransfusionen erhöhen den portalvenösen Druck, begünstigen Gerinnungsstörungen und können bei Herzinsuffizienz ein Lungenödem verursachen. Auf die Volumensubstitution bei einer massiven, mit einem Kreislaufschock verbundenen Blutung lassen sich diese Resultate zwar nicht übertragen, weil diese Kategorie von der Studie ausgeschlossen war. Aber auch dort ist der therapeutische Stellenwert der Bluttransfusionen im Vergleich zu kristalloiden und kolloidalen Lösungen umstritten.

Zusammengefasst von Markus Häusermann

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infomed-screen 17 -- No. 2
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Transfusionen bei oberer Gastro­intestinalblutung: weniger ist mehr! ( 2013)