TELEGRAMM: Feinstaubbelastung und kognitive Verschlechterung im Alter

  • k -- Weuve J, Puett RC, Schwartz J et al. Exposure to particulate air pollution and cognitive decline in older women. Arch Intern Med 2012 (13. Februar); 172: 219-27 [Link]
  • Zusammenfassung: Peter Ritzmann
  • infomed screen Jahrgang 16 (2012) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 20. Juni 2012
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In einer Teilstudie der grossen «Nurses’ Health Study» wurde die kognitive Leistung von Studienteilnehmerinnen im Alter über 70 untersucht. In der aktuellen Publikation wurden die Ergebnisse der kognitiven Tests der Teilnehmerinnen der langzeitigen Feinstaubbelastung an ihrem Wohnort gegenübergestellt. Dabei wurde einerseits Feinstaub aus sehr kleinen Partikeln (PM2,5) und andererseits auch solcher aus etwas grösseren Partikeln (PM10-2,5) berücksichtigt; beide sind lungengängig, ersterer gelangt gar bis in die Lungenalveolen. Für beide Kategorien fand sich eine Korrelation zwischen Feinstaubbelastung und kognitiver Verschlechterung, die kognitive Leistung nahm bei höheren Feinstaubbelastungen signifikant stärker ab als bei niedrigeren. Der Verlust an kognitiver Leistung pro 10 mcg/m3 zusätzlicher Feinstaubbelastung entsprach dabei etwa demjenigen, der altersbedingt im Verlauf von zwei Jahren auftrat.

Verschiedene negative Auswirkungen der Luftverschmutzung auf die Gesundheit konnten in den letzten Jahren mit Daten belegt werden. Die drei vorgestellten Studien tragen weitere Einzelheiten bei. Die kurzfristige Zunahme von kardiovaskulären Ereignissen bei höheren Luftschadstoffbelastungen ist heute gut belegt, was die Meta-Analyse von Mustafic et al. mit Zahlen illustriert. Die kurzfristigen Auswirkungen sind einfacher nachzuweisen als die vermutlich viel relevanteren Langzeitauswirkungen. Eine Situation vergleichbar mit derjenigen beim Passivrauchen, das ebenfalls kurzfristig das Risiko von kardiovaskulären Ereignissen erhöht. Möglicherweise geschieht dies sogar über ähnliche pathogenetische Mechanismen (entzündliche Gefässveränderungen, Veränderungen der Blutviskosität). Die Studie von Wellenius et al. demonstriert darüber hinaus, dass negative Auswirkungen von Feinstaub nicht erst bei überschrittenen Grenzwerten auftreten.

Den anspruchsvolleren Ansatz nimmt die Studie von Weuve et al. Sie sucht und findet eine Assoziation von höherer Langzeit-Feinstaubbelastung und schnellerem kognitiven Abbau. Eine Kausalität ist damit natürlich nicht bewiesen. Störfaktoren wie die soziale Situation der Untersuchten (vermutlich wohnen reichere Leute in Gebieten mit geringerer Feinstaubbelastung) könnten einen kausalen Zusammenhang auch vortäuschen. Die wichtigste Schwierigkeit in der Frage Luftverschmutzung und Gesundheit ist aber nicht die wissenschaftliche Datenlage: der Wunsch, das Übel an der Wurzel zu packen, scheitert im Alltag der Gesetzgebung wohl vielmehr an den übermächtigen wirtschaftlichen und politischen Sachzwängen.

Studie zusammengefasst und kommentiert von Peter Ritzmann

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infomed-screen 16 -- No. 3
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Feinstaubbelastung und kognitive Verschlechterung im Alter ( 2012)