Dank gezielter Physiotherapie weniger Schulteroperationen

  • r -- Holmgren T, Björnsson Hallgren H, Öberg B et al. Effects of specific exercise strategy on need for surgery in patients with subacromial impingement syndrome: randomised controlled study. BMJ 2012 (20.Februar); 344: e787 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Ivo Büchler
  • infomed screen Jahrgang 16 (2012) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 20. Juni 2012
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Studienziele

Zwar sprechen ein paar kleinere Studien dafür, dass eine gezielte Physiotherapie beim Impingement-Syndrom der Schulter wirksam ist. Insgesamt ist die Datenlage jedoch dürftig –  vor allem bleibt unklar, welche spezifischen Übungen zur Anwendung gelangen sollten. Gemäss Studien wird bei bis zu 30% der Betroffenen eine operative subakromiale Dekompression notwendig. In dieser randomisierten, einfach verblindeten Studie aus Schweden wurde die Frage untersucht, ob eine spezifische, muskelstabilisierende Physiotherapie die Beschwerden sowie die Anzahl notwendiger Schulteroperationen zu verringern vermag.

Methoden

Insgesamt 102 Personen im Alter von 30 bis 65 Jahren mit einem chronischen (über 6 Monate andauernden) Impingement-Syndrom wurden in die Studie aufgenommen. Alle Beteiligten erhielten zu Beginn eine subakromiale Steroidinfiltration und anschliessend sieben individuelle Physiotherapiesitzungen über 12 Wochen. Für die 51 Teilnehmenden der Interventionsgruppe umfassten diese Kräftigungsübungen der Rotatorenmanschette (exzentrisch) und der Skapula-stabilisierenden Muskulatur (konzentrisch/exzentrisch), unterstützt durch gezielte manuelle Schultermobilisationen. Bei den 46 Personen in der Kontrollgruppe wurden lediglich unspezifische Bewegungsübungen der Nacken- und Schultermuskulatur instruiert. Alle Betroffen sollten die ihnen gezeigten Übungen ein- bis zweimal täglich selbständig weiterführen. An erster Stelle interessierte die Wirkung auf Schulterfunktion und Schmerzen, gemessen anhand des «Constant-Murley-Score» (1-100 Punkte). Weitere wichtige Endpunkte waren die globale Beurteilung des Behandlungsnutzens durch die Betroffenen, und ihr Entscheid hinsichtlich einer Operation bei Abschluss der Studie.

Ergebnisse

Nach 12 Wochen konnten die Daten von 97 Personen ausgewertet werden, die meisten hatten fünf bis sechs Therapiesitzungen besucht. Bei den gezielt behandelten Personen war die Verbesserung deutlich grösser als in der Kontrollgruppe (24 gegenüber 9 Punkten; Unterschied 15 Punkte 95% CI 8,5-20,6). In der Interventionsgruppe berichteten 69% der Betroffenen über eine deutliche Verbesserung/Beschwerdefreiheit aufgrund der Behandlung, in der Kontrollgruppe waren es nur 24%. 63% der Individuen in der Kontrollgruppe gegenüber lediglich 20% in der Interventionsgruppe entschieden sich nach Abschluss der Untersuchung für eine Operation (p kleiner als 0,001).

Schlussfolgerungen

Beim Impingement-Syndrom führt eine gezielte, muskelkräftigende Physiotherapie zu einer deutlichen Linderung der Beschwerden und Verbesserung der Schulterbeweglichkeit. Folgerichtig müssen bei den so behandelten Personen auch weniger Schulteroperationen durchgeführt werden.
 
Zusammengefasst von Thomas Koch

Diese praxisrelevante Studie – an 102 Personen auf der Warteliste für eine subakromiale Dekompressionsoperation – zeigt einen signifikanten Nutzen für ein gut definiertes Trainings-Programm bezüglich Schmerz, Funktion und nachfolgendem Operationsbedarf. Allerdings brauchte es dafür sieben Physiotherapiesitzungen und ein dreimonatiges tägliches Übungsprogramm. Interessant wäre auch der weitere Verlauf nach Abschluss der Studie.

Solche Studien sind wichtig zur Klärung der Frage, welche Art von Physiotherapie Erfolg bringt. Denn die Erfahrung zeigt, dass bezüglich Physiotherapie grosse Qualitätsunterschiede bestehen. Die Qualität einer Behandlung muss letztlich von den Betroffenen und Behandelnden beurteilt werden. Dafür wäre ein physiotherapeutischer Bericht nach 9 bis 18 Sitzungen hilfreich.

Ivo Büchler

Standpunkte und Meinungen
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infomed-screen 16 -- No. 3
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Dank gezielter Physiotherapie weniger Schulteroperationen ( 2012)