Amiodaron verhindert gefährliche Arrhythmien
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. Mai 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
In den ersten Jahren nach einem Herzinfarkt sind hauptsächlich ventrikuläre Rhythmusstörungen für die Sterblichkeit verantwortlich. In der EMIAT-Studie (European Myocardial Infarct Amiodarone Trial) wurde untersucht, wie Amiodaron (Cordarone®) die Sterblichkeit in den ersten zwei Jahren nach einem Myokardinfarkt bei Personen mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion beeinflusste. In der CAMIATStudie (Canadian Amiodarone Myocardial Infarction Arrhythmia Trial) wurde die Wirkung von Amiodaron auf die Sterblichkeit in den ersten zwei Jahren nach einem Myokardinfarkt bei Personen mit ventrikulären Extrasystolen geprüft.
Methoden
In beiden Studien erhielten die Behandelten entweder Amiodaron (200 mg/Tag) oder Placebo. In der EMIAT-Studie wurden 1486 Personen mit einer linksventrikulären Auswurffraktion von maximal 40% nach einem Herzinfarkt während durchschnittlich 21 Monaten beobachtet. Studienendpunkte waren die gesamte sowie die kardiale bzw. durch Rhythmusstörungen bedingte Mortalität. In der CAMIAT-Studie wurden 1202 Personen, die nach einem Herzinfarkt im 24- Stunden-EKG mindestens 10 ventrikuläre Extrasystolen pro Stunde oder eine Episode einer ventrikulären Tachykardie aufwiesen, während 2 Jahren beobachtet. Studienendpunkte waren die arrhythmiebedingte Mortalität und lebensbedrohliche Kammerarrhythmien.
Ergebnisse
In der EMIAT-Studie unterschieden sich die beiden Gruppen mit aktiver oder Placebo-Behandlung hinsichtlich der Gesamtsterblichkeit nicht. Todesfälle infolge von Arrhythmien waren aber bei den aktiv Behandelten um 35% weniger häufig (95% Vertrauensintervall 0-58, p=0,05: siehe Seite 40) als in der Placebogruppe.
In der CAMIAT-Studie mussten 15 Personen (3,3%) der Amiodarongruppe wegen Rhythmusstörungen reanimiert werden oder starben, in der Placebogruppe waren es 31 Personen (6,0%). Mit Amiodaron konnte also das relative Risiko einer gefährlichen Arrhythmie um 48% (95 % Vertrauensintervall 4,5-72,2; p=0,016) gesenkt werden. Die Gesamtmortalität war in der Amiodarongruppe zwar etwas kleiner, der Unterschied aber nicht signifikant (p=0,136).
Wegen unerwünschten Wirkungen (besonders Schilddrüsenfunktionsstörungen) wurde Amiodaron in EMIAT bei 38,5%, in CAMIAT bei 26% abgesetzt. Unter Placebo kam es nur zu halb sovielen Therapieabbrüchen.
In beiden Studien beeinflusste die gleichzeitige Therapie mit ACE-Hemmern, Kalzium-Antagonisten oder Digoxin die Sterblichkeit nicht. Betablocker hingegen senkten ungeachtet von Herzinsuffizienz oder Rhythmusstörungen die Mortalität noch weiter.
Schlussfolgerungen
Beide Studien zeigen, dass Amiodaron nach einem Herzinfarkt die Zahl der Todesfälle infolge von ventrikulären Rhythmusstörungen reduziert. Ein signifikanter Einfluss auf die Gesamtmortalität konnte weder in der europäischen noch in der kanadischen Studie gezeigt werden.
Im Gegensatz zu anderen Antiarrhythmika verhindert Amiodaron lebensgefährliche Arrhythmien, ohne die Mortalität durch arrhythmogene oder andere Effekte ungünstig zu beeinflussen. Frühere, kleinere Studien liessen annehmen, dass Amiodaron sogar die Gesamtmortalität senke. Dies hat sich nun leider in den hier zusammengestellten Studien nicht bestätigen lassen. Amiodaron ist eine problematische Substanz - über 25% der in CAMIAT und EMIAT mit diesem Medikament Behandelten vertrugen es nicht. Es ist möglich, dass sich ein Teil der Nebenwirkungen durch eine niedrigere Dosierung hätte vermeiden lassen (die Halbwertszeit von Amiodaron schwankt zwischen 20 und 100 Tagen!). Trotz diesen Vorbehalten stellt Amiodaron bei Personen mit bedrohlichen ventrikulären Rhythmusstörungen nach Herzinfarkt eine sinnvolle therapeutische Option dar.
Etzel Gysling
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