Gicht: kein Risikofaktor für Herzkrankheit!
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 7
Publikationsdatum: 1. August 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Die Gicht gilt seit etwa 40 Jahren als Risikofaktor für eine koronare Herzkrankheit. Da verschiedene andere, etablierte Risikofaktoren mit erhöhten Harnsäurespiegeln einhergehen, stellt sich die Frage, ob eine Hyperurikämie oder Gicht einen unabhängigen Risikofaktor darstellt. Diese Frage wurde in der vorliegenden Studie untersucht.
Methoden
In dieser Untersuchung wurden die Daten von zwei prospektiven Kohortenstudien ausgewertet: 371 schwarze und 1181 weisse Männer, die in den fünfziger und sechziger Jahren am Meharry Medical College bzw. an der Johns Hopkins University School mit dem Medizinstudium begonnen hatten, füllten regelmässig Fragebogen zu ihrem Gesundheitszustand aus. In diesen standardisierten Fragebogen wurde unter anderem nach einer Gicht und den Symptomen einer koronaren Herzkrankheit gefragt.
Ergebnisse
Die Männer hatten im Mittel während etwa 30 Jahren Angaben zu ihrem Gesundheitszustand gemacht. In dieser Zeit traten bei den schwarzen 38 und bei den weissen Studienteilnehmern 68 Fälle von Gicht auf. Zu koronaren Ereignissen (insbesondere: plötzlicher Herztod, Herzinfarkt, Angina pectoris) kam es bei 44 Schwarzen und bei 138 Weissen. Bei den schwarzen Studienteilnehmern mit Gicht kam es pro 100 Personenjahre zu 0,41 koronaren Ereignissen. Ohne Gicht waren koronare Ereignisse häufiger (0,53 auf 100 Personenjahre). Die entsprechenden Zahlen bei Weissen lauten: mit Gicht 0,23, ohne Gicht 0,5. Männer, die vor dem koronaren Ereignis an Gicht erkrankt waren, hatten ein relatives Risiko von 0,85 gegenüber den Männern ohne Gicht (beide Kollektive kombiniert). Wurde die Risikoanalyse mit einem multivariaten Verfahren korrigiert, das auch andere Risikofaktoren berücksichtigte, so war das relative Risiko der Männer mit Gicht noch kleiner (0,59).
Schlussfolgerungen
Bei diesen ehemaligen Medizinstudenten war eine Gicht weder bei schwarzen noch bei weissen Männern mit einem häufigeren Auftreten einer koronaren Herzkrankheit assoziiert. Die Untersuchung des Harnsäurespiegels trägt somit nicht zum Risikoprofil eines Individuums bei.
Diese Studie bestätigt eine Aussage, die sich in pharma-kritik schon vor 16 Jahren fand: «Ein Zusammenhang zwischen Hyperurikämie und kardiovaskulären Erkrankungen wurde wiederholt postuliert, konnte aber bisher nie bestätigt werden».1 Dass immer wieder angenommen wird, es könnte doch ein Zusammenhang bestehen, beruht wohl ausschliesslich auf der Tatsache, dass andere Risikofaktoren (z.B. Diabetes mellitus) von erhöhten Harnsäurespiegeln begleitet sind.
Etzel Gysling
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