BSE doch Ursache von Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen?
- Kommentar: Matthias Egger
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 9
Publikationsdatum: 1. Oktober 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
In dieser Studie wurde die Häufigkeit der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit dokumentiert und nach Zusammenhängen zwischen dieser Krankheit und der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) gesucht.
Methoden
Alle Verdachtsfälle von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit und die entsprechenden Todesbescheinigungen wurden für Grossbritannien zusammengestellt. Insgesamt 662 der sporadischen Fälle von Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, die seit 1970 in England und Wales bzw. seit 1985 in ganz Grossbritannien auftraten, wurden in der Studie erfasst. Die Diagnose beruhte auf typischen spongiösen oder anderen histologisch nachweisbaren Veränderungen der Hirngewebe oder dem Nachweis von Prionen-Proteinen. Die Fälle wurden verschiedenen andern Daten (Datum der Diagnose, Alter, Geschlecht, berufliche Tätigkeit; Übertragungsrisiko) zugeordnet.
Ergebnisse
In den Jahren 1970-1990 wurde eine Zunahme von 10 bis 40 neuen Fällen pro Jahr festgestellt. Die jährliche Sterblichkeitsrate betrug 24,8 Fälle vor der BSE-Epidemie und 33,6 während der BSE-Epidemie (1990-96). Die stärkste Zunahme war bei Personen im Alter von 70 Jahren und darüber zu beobachten. 6 Personen waren zur Zeit der Diagnosestellung beruflich auf einer Rinderfarm tätig (Risikogruppe), 4 von ihnen kamen in Kontakt mit BSE-infiziertem Vieh. Bei keinem zeigten sich die in anderen Untersuchungen festgestellten morphologischen Veränderungen («atypische» Variante der Erkrankung), die auf einen Zusammenhang mit BSE schliessen liessen.
Schlussfolgerungen
Eine Zunahme der nicht-hereditären Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungsfälle wurde auch in anderen Ländern (z.B. in Frankreich) festgestellt, wo BSE nur selten oder gar nicht auftritt. Dass eine erhöhte Inzidenz gefunden wurde, steht möglicherweise im Zusammenhang mit den systematischer durchgeführten Untersuchungen. Die vorliegenden Daten lassen vorläufig keinen sicheren Schluss auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen BSE und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zu.
Der Anstieg in der Inzidenz der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit in Grossbritannien ist im wesentlichen auf eine vollständigere Erfassung der Fälle bei älteren Menschen zurückzuführen. Von viel grösserer Bedeutung sind die mittlerweile 21 Fälle mit atypischer Variante bei jungen Menschen. Transmissionsexperimente bei Mäusen haben vor kurzem gezeigt, dass es sich bei diesen Fällen um dasselbe Prion-Agens handelt wie bei der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE). Die atypische Variante ist somit nichts anderes als BSE beim Menschen.1
Ist in Grossbritannien und in anderen von BSE betroffenen Ländern eine Epidemie von «human BSE» zu erwarten? Diese besorgniserregende Frage bleibt zur Zeit offen.
Matthias Egger
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