Gelenktoilette bei Arthrose nicht besser als Placebo

  • r -- Moseley JB, O’Malley K, Petersen NJ et al. A controlled trial of arthroscopic surgery for osteoarthritis of the knee. N Engl J Med 2002 (11. Juli); 347: 81-8 [Link]
  • Kommentar: Ulrich Schwarzenbach
  • infomed screen Jahrgang 6 (2002) , Nummer 9
    Publikationsdatum: 1. September 2002
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Studienziele
Wenn bei einer Gonarthrose konservative Massnahmen ungenügend helfen, lassen sich bei ungefähr der Hälfte der Betroffenen mit einer arthroskopischen «Gelenktoilette» die Schmerzen lindern. Allerdings ist der Mechanismus der analgetischen Wirkung unklar, der Eingriff hat keinen Einfluss auf den Krankheitsprozess. In dieser Studie wurden zwei arthroskopische Behandlungsarten mit einer Placebointervention verglichen.

Methoden
In einem Zentrum der amerikanischen «Veterans Affairs» wurden Personen in die Studie aufgenommen, die an einer Gonarthrose litten und auf einer Skala von 0 bis 10 eine Schmerzstärke von mindestens 4 aufwiesen. Die Arthrose wurde im medialen, im lateralen und im femoropatellären Gelenkspalt radiologisch je mit 0 bis 4 gradiert; ein Total von mehr als 8 galt als Ausschlusskriterium. Mit dem Studienkollektiv (n=180) wurden nach dem Zufallsprinzip 3 Gruppen gebildet: In der 1. Gruppe wurde im Wesentlichen nur arthroskopisch gespült. In der 2. Gruppe fand zusätzlich zur Spülung ein Débridement statt (Glättung der Knorpeloberfläche u.a.). Die 3. Gruppe, in der man lediglich 3 Hautschnitte anbrachte, diente als Placebogruppe. Alle Arthroskopien oblagen einem einzigen, versierten Orthopäden. Die Beurteilung erfolgte durch Ärztinnen und Ärzte, die über die Gruppenzuteilung nicht informiert waren. Die Teilnehmenden wussten, dass möglicherweise ein Placeboeingriff stattfinden würde.

Ergebnisse
Während der ganzen 2jährigen Beobachtungsphase wurde in den 3 Gruppen dieselbe, minime Schmerzlinderung erreicht. Auch die von den Betroffenen angegebene Geh- und Kniebeugefähigkeit war in der Placebogruppe gleich wie in den Arthroskopiegruppen. Objektiv gemessen zeigte die Placebogruppe sogar leicht bessere Ergebnisse, indem eine 30- m-Distanz und ein Treppenabsatz schneller bewältigt werden konnten als in der Débridement-Gruppe. In allen Gruppen waren es zwischen 13% und 14%, die der Placebogruppe anzugehören glaubten.

Schlussfolgerungen
Bei der Gonarthrose erreicht man mit einem Placeboeingriff dasselbe Resultat wie mit einer arthroskopischen Spülung oder einem Débridement. (UM)

Das Ergebnis ist rasch zusammengefasst: in keinem Punkt schnitten die beiden arthroskopischen Eingriffe besser ab als die geschilderte Placebo-«Operationssimulation». Das Resultat ist enttäuschend, aber nicht unerwartet, wenn auch hart. Kniearthrosen durchlaufen häufig ein mehr oder weniger langes Stadium, in welchem die konservative (medikamentöse und physiotherapeutische) Therapie unbefriedigend ist, eine Achsenkorrektur oder Knorpeltransplantation keine Besserung verspricht, ein partieller oder totaler Kniegelenkersatz aber verfrüht erscheint. Der arthroskopische Eingriff gibt (gab!) Hoffnung, erleichtert vielleicht nur das Warten - selbst wenn es nur ein Placeboeffekt wäre! Ideal wäre (aber illusorisch), wenn man nur Placebooperationen durchführen könnte bis ... ja, bis die medizinische Wissenschaft konservative oder operative Möglichkeiten haben wird, um dieses Stadium der Arthrose effizient behandeln zu können!

Ulrich Schwarzenbach



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Gelenktoilette bei Arthrose nicht besser als Placebo ( 2002)