«Überdiagnose» durch Mammographie- Screening

  • a -- Zackrisson S, Andersson I, Janzon L et al. Rate of over-diagnosis of breast cancer 15 years after end of Malmo mammographic screening trial: follow-up study. BMJ 2006 (25. März); 332: 689-92
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Ursula Ackermann-Liebrich
  • infomed screen Jahrgang 10 (2006) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 1. Mai 2006
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Studienziele
«Überdiagnose» ist ein unerwünschter Effekt von Screening- Untersuchungen. Wenn Krankheitsfälle diagnostiziert werden, die sonst nie klinisch zum Ausdruck gekommen wären, werden Menschen unnötig «krankgemacht». Die Angaben zur «Überdiagnose» beim Brustkrebs-Screening schwanken zwischen 5% und 50%. In dieser Folgestudie einer randomisierten Mammographiestudie wurde der Anteil «überdiagnostizierter » Brustkrebserkrankungen untersucht.

Methoden
In die «Malmö-Mammographie-Screeningstudie» wurden alle Frauen aus Malmö (Schweden) eingeschlossen, die zwischen 45 und 69 Jahre alt waren (42'283 Personen). Diese wurden nach dem Zufall zu einer Mammographie eingeladen oder nicht. Nach Studienende wurde eine Mammographie auch allen Frauen unter 55 angeboten, nicht aber denjenigen zwischen 55 und 69. Über einen Zeitraum von weiteren 15 Jahren wurden in der aktuellen Follow-up-Studie die Inzidenzen von Mammakarzinomen in den verschiedenen Gruppen verglichen.

Ergebnisse
Bei den Frauen über 55 fand sich in der Screeninggruppe während der gesamten Studienzeit eine höhere Inzidenz von Mammakarzinomen (in-situ oder invasiv) gegenüber der Kontrollgruppe, die nie zur Mammographie eingeladen worden war (3,1 gegenüber 2,8 pro 1'000 Personenjahre). Die «hazard ratio» von 1,10 (95%-CI 0,99–1,22) entspricht einer «Überdiagnoserate» von 10%. Ein ähnlicher Unterschied bei der jüngeren Gruppe verschwand praktisch vollständig, nachdem nach Studienende auch die Kontrollgruppe zu einem Screening eingeladen worden war.

Schlussfolgerungen
Gemäss den Daten dieser Studie werden 10% der Frauen zwischen 55 und 69 Jahren, bei denen im Rahmen eines Screeningprogrammes eine Mammographie durchgeführt wird, unnötigerweise beunruhigt und behandelt, weil ihre Erkrankung ohne Screening nie manifest geworden wäre. Die Studienverantwortlichen fordern lange Beobachtungszeiten bei Screeingstudien, um das Problem der «Überdiagnose » zuverlässig zu erfassen.

Zusammengefasst von Thomas Rumetsch
 Jede wirkungsvolle Behandlung hat auch Nebenwirkungen: Diese Studie kann erstmals die wohl gefürchtetsten Nebenwirkungen des Mammographie-Screenings quantifizieren, nämlich die Falschpositivenrate oder auch diejenigen, die nie diagnostiziert worden wären, weil sie vor der Diagnose verstorben wären. Diese Rate wird mit 7% und 10% angegeben. Dem gegenüber zu stellen wäre der Mortalitätsgewinn, der ja im allgemeinen mit 25% angegeben wird. Hier wird nur von 10% weniger an Mammakarzinom verstorbenen unter den verstorbenen Brustkrebspatientinnen berichtet, was ja ein Umkehrschluss zu obigem ist. Das Argument der zu vielen Falschpositiven ist damit quantifiziert (was eventuell zu verbessern wäre) und ist allein kein Grund, sich gegen Mammographie- Screening zu wehren (oder doch?).

Ursula Ackermann-Liebrich

Standpunkte und Meinungen
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infomed-screen 10 -- No. 5
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«Überdiagnose» durch Mammographie- Screening ( 2006)