Antibiotika bei akuter Otitis media: Geringer Nutzen
- m -- Del Mar Ch, Glasziou P, Hayem M. Are antibiotics indicated as initial treatment for childern with acute otitis media? A meta-analysis. BMJ 1997 (24. Mai); 314: 1526-9 [Link]
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- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 7
Datum der Ausgabe: August 1997
Studienziele
Die Gewohnheiten, Kindern zur Behandlung einer akuten Otitis media Antibiotika zu verschreiben, unterscheiden sich in verschiedenen Ländern. Im Rahmen einer Meta-Analyse wurde die Wirksamkeit einer Antibiotikabehandlung analysiert.
Methoden
Nach systematischer Durchsicht der medizinischen Literatur wurden 6 randomisierte kontrollierte Studien bei Kindern im Alter von 7 Monaten bis 15 Jahren gefunden, welche die Qualitätskriterien der Autoren erfüllten. Die folgenden Kriterien wurden beurteilt: Schmerzen in den ersten 24 Stunden, Schmerzen nach 2 bis 7 Tagen, Trommelfellperforation, Hörvermögen nach 1 und 3 Monaten, kontralaterale und rezidivierende Otitis media sowie unerwünschte Wirkungen der Antibiotika (Erbrechen, Durchfall, Hautausschlag).
Ergebnisse
Sowohl unter Antibiotika als auch unter Placebo waren 60% der Kinder bereits nach 24 Stunden schmerzfrei. Zwei bis sieben Tage nach der Erstbeurteilung klagten in der Kontrollgruppe noch 14% der Kinder über Schmerzen, unter Antibiotika waren es 40% weniger. Das Risiko einer kontralateralen Otitis media konnte mit einer Antibiotikatherapie um 43% reduziert werden. Das Risiko rezidivierender Otitiden sowie eines Hörverlustes nach einem Monat wurde durch Antibiotika nicht beeinflusst. Die frühzeitige Antibiotikabehandlung führte jedoch zu einer Verdopplung des Risikos, Erbrechen, Durchfall oder einen Hautausschlag zu erleiden.
Schlussfolgerungen
Die frühzeitige Verschreibung von Antibiotika zur Behandlung einer akuten Otitis media bei Kindern bringt nur geringe Vorteile. Um ein Kind mehr am zweiten bis siebenten Tag nach Beginn der Behandlung schmerzfrei zu halten, müssen 17 Kinder antibiotisch behandelt werden.
Dies ist bereits die zweite Meta-Analyse, welche die alte Doktrin ins Wanken bringt, wonach eine akute Otitis media unbedingt einer Behandlung mit Antibiotika bedürfe.1 So wird z. B. nach den holländischen Behandlungsrichtlinien eine akute Otitis media bei Kindern routinemässig initial nur symptomatisch und ohne Antibiotika behandelt. Diese Politik hat bereits zu einer Verminderung der Zunahme von resistenten Bakterien geführt. Antibiotika scheinen auch das Risiko von Komplikationen wie z.B. Schwerhörigkeit, Meningitis u.a. nicht wesentlich zu beeinflussen. Eine wirksame Prophylaxe kann mit konsequentem Stillen und striktem Vermeiden einer Tabakrauchexposition durchgeführt werden. Wenn Antibiotika zur Behandlung einer akuten Otitis media bei Kindern nur teure und schlechte Schmerzmittel sind, so muss die Behandlungsstrategie neu überdacht werden.
Benedikt Holzer
1 Rosenfeld RM, Vertrees JE, Carr J et al. Clinical efficacy of antimicrobial drugs for acute otitis media: meta-analysis of 5400 children from thirty-three randomized trials. J Pediatrics 1994; 124: 355-67
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