Wird nach Herzinfarkt zu selten angiographiert?
- Kommentar: Matthias Egger
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 1. März 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Koronarangiographien und Revaskularisationen kurz nach Herzinfarkt werden in verschiedenen Zentren unterschiedlich häufig durchgeführt. Die Indikation für dieses Vorgehen könnte somit je nach Zentrum zu selten oder aber zu häufig gestellt werden. Diese Studie untersuchte, ob die Häufigkeit von Angiographien kurz nach Herzinfarkt mit der Prognose im jeweiligen Zentrum korrelierte.
Methoden
Die Krankengeschichten von 6851 Patienten (69% Männer, 31% Frauen) aus 16 verschiedenen Zentren einer grossen HMO in Kalifornien wurden untersucht. Als Endpunkte wurden einerseits der Herztod, andererseits alle kardialen Ereignisse kombiniert (Herztod, Reinfarkt, Herzinsuffizienz) berücksichtigt. Die Beobachtungszeit betrug 1-3 Jahre. Zusätzlich wurde die Indikation zur Angiographie bei 1109 zufällig ausgewählten Personen anhand etablierter Kriterien beurteilt.
Ergebnisse
Im Durchschnitt wurden 48% der Patienten innerhalb von drei Monaten nach Infarkt angiographiert. Je nach Zentrum lag die Angiographierate zwischen 30% und 77%. In Zentren mit hohen Raten wurden auch mehr Revaskularisationen vorgenommen. Das Risiko eines Herztodes und für alle anderen Ereignisse kombiniert war in Zentren, in denen häufiger angiographiert wurde, signifikant geringer als in Zentren mit niedriger Rate. Im Mittel wurde bei 78% der Patienten mit eindeutiger Indikation tatsächlich eine Angiographie durchgeführt. In Zentren mit hoher Angiographierate waren es 89%, in den anderen nur 66%. Allerdings wurde in Zentren mit hoher Rate auch bei fehlender Indikation häufiger angiographiert (30%-40% verglichen mit 20%).
Schlussfolgerungen
Das Risiko, nach einem Infarkt zu sterben oder ein erneutes kardiales Ereignis zu erleiden, lag in Spitälern mit niedriger Angiographierate höher als in Zentren, in denen häufig angiographiert wird. Dies konnte auf die ebenfalls häufiger durchgeführten Dilatationen und Bypass-Operationen zurückgeführt werden. Die Unterschiede zwischen den Zentren waren somit im wesentlichen auf eine zu restriktive Indikationsstellung in den Zentren mit niedrigerer Angiographierate zurückzuführen.
Nach Herzinfarkt sollte primär bei Hochrisikopatienten angiographiert werden, wobei das Risiko mit Hilfe von Algorithmen beurteilt werden kann.1 Die Indikationsstellung wurde jedoch stark vom Vorhandensein oder Fehlen eines Angiographielabors beeinflusst. Die Studie führte in der Folge zu einer einheitlicheren Handhabung innerhalb der HMO. Eine derartige Untersuchung wäre wohl auch in der Schweiz sehr sinnvoll.
Matthias Egger
1 Buser PT, Osswald S, Rickenbacher P et al. Risikostratifizierung nach Myokardinfarkt.
Schweiz Med Wochenschr 1996; 126: 1011-22
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