Steroide nach Rückenmarkstrauma
- Kommentar: Matthias Egger
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 1. Juli 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Eine frühere Studie derselben Forschergruppe hatte gezeigt, dass eine sofortige, hochdosierte Therapie mit Methylprednisolon (z.B. Promedrol®) die Prognose von Rückenmarksverletzungen verbessert. Die posttraumatische Lipidperoxidation und die Hydrolyse, die zu Schäden an neuronalen und mikrovaskulären Membranen führen, werden dadurch supprimiert. In dieser Untersuchung wurde Methylprednisolon in zwei verschiedenen Dosierungen mit Tirilazad-Mesylat, einem in der Schweiz nicht erhältlichen Hemmer der Lipidperoxidation, verglichen.
Methoden
499 Personen mit Rückenmarksverletzungen waren an der zwischen Dezember 1991 und September 1995 an sechs spezialisierten nordamerikanischen Zentren durchgeführten Untersuchung beteiligt. Die Verletzung durfte nicht länger als 8 Stunden zurückliegen. Alle Verunfallten erhielten noch auf der Unfallstelle oder auf der Notfallstation einen intravenösen Methylprednisolon-Bolus von 20-40 mg/kg Körpergewicht. Anschliessend erhielten sie nach dem Zufallsprinzip entweder Methylprednisolon in einer Dosierung von 5,4 mg/kg Körpergewicht während 24 (n=166) oder 48 Stunden (n=167) als Infusion oder wurden während 48 Stunden alle 6 Stunden mit 2,5 mg/kg Körpergewicht Tirilazad (n=166) behandelt. Man beurteilte, wie weit sich die Motorik (14 verschiedene Muskelgruppen) und die Sensorik 6 Wochen und 6 Monate nach der Einweisung erholt hatten. Der Grad der Behinderung wurde anhand einer klinischen Untersuchung beurteilt.
Ergebnisse
Die besten Untersuchungsresultate fanden sich sowohl 6 Wochen als auch 6 Monate nach dem Unfall bei denjenigen Verunfallten, die Methylprednisolon während 48 Stunden
erhielten. Für Personen, die bereits innerhalb von 3 Stunden nach dem Unfall behandelt werden konnten, ergaben sich aber keine signifikanten Unterschiede zwischen den verschiedenen Behandlungsgruppen. Verunfallte, die zwischen 3 und 8 Stunden zur Behandlung kamen, hatten nach der längerdauernden Methylprednisolon-Therapie eine signifikant bessere Erholung der neurologischen Funktionen.
Schlussfolgerungen
Personen mit akuten Rückenmarksverletzungen, die innerhalb von 3 Stunden behandelt werden können, sollten Methylprednisolon während 24 Stunden erhalten. Bei späterem Beginn sollte die Behandlungsdauer verdoppelt werden.
Eine in den ersten Stunden nach dem Unfall einsetzende, hochdosierte Steroidtherapie ist, obwohl nicht unbestritten, zur Zeit der einzige Ansatz, der einen bescheidenen Erfolg verspricht.1 Die vorliegende Studie verfeinert das Therapieschema und bestätigt die Wichtigkeit eines frühen Beginns. Rückenmarksneurone können sich regenerieren, ihr Wachstum wird jedoch durch nicht-neuronale Zellen in der Umgebung gehemmt. Es bleibt zu hoffen, dass sich die mit Wachstumsfaktoren und Antikörpern bei der Ratte erzielten sensationellen Erfolge bald auf den Menschen übertragen lassen.
Matthias Egger
1 Ducker TB, Zeidman SM. Spinal cord injury. Role of steroid therapy. Spine 1994; 19:2281-7
Standpunkte und Meinungen
- Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
Copyright © 2025 Infomed-Verlags-AG
-
Jahrgang 2025
Jahrgang 2024
Jahrgang 2023
Jahrgang 2022
Jahrgang 2021
Jahrgang 2020
Jahrgang 2019
Jahrgang 2018
Jahrgang 2017
Jahrgang 2016
Jahrgang 2015
Jahrgang 2014
Jahrgang 2013
Jahrgang 2012
Jahrgang 2011
Jahrgang 2010
Jahrgang 2009
Jahrgang 2008
Jahrgang 2007
Jahrgang 2006
Jahrgang 2005
Jahrgang 2004
Jahrgang 2003
Jahrgang 2002
Jahrgang 2001
Jahrgang 2000
Jahrgang 1999
Jahrgang 1998
Jahrgang 1997