Atypische Neuroleptika: kleine Unterschiede zu klassischem Neuroleptikum
- r -- Lieberman JA, Stroup TS, McEvoy JP et al.; Clinical Antipsychotic Trials of Intervention Effectiveness (CATIE) Investigators. Effectiveness of antipsychotic drugs in patients with chronic schizophrenia. N Engl J Med 2005 (22. September); 353: 1209- [Link]
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- infomed screen Jahrgang 10 (2006)
, Nummer 1
Datum der Ausgabe: Januar 2006 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Klassische Neuroleptika vom Phenothiazin-Typ werden heute bei uns vor allem wegen der Angst vor extrapyramidalen Spätsymptomen bzw. -dyskinesien kaum mehr verschrieben. Die heute im Vordergrund stehenden atypischen Neuroleptika wurden allerdings in ihrer Wirksamkeit kaum je adäquat mit Phenothiazinen verglichen, was diese randomisierte Studie nachzuholen versucht.
Methoden
In 57 Kliniken wurden 1’493 18- bis 65-jährige Schizophrenie- Kranke in die Studie aufgenommen. Nach dem Zufall und doppelblind wurde eine neuroleptische Behandlung mit dem Phenothiazin Perphenazin (Trilafon®) oder einem der neueren Neuroleptika Olanzapin (Zyprexa®), Quetiapin (Seroquel®), Risperidon (Risperdal®) und Ziprasidon (in der CH nicht erhältlich) begonnen. Die Beobachtungszeit dauerte 18 Monate, als primärer Endpunkt diente ein vorzeitiger Behandlungsabbruch, eines der häufigsten Probleme bei der Schizophreniebehandlung.
Ergebnisse
74% der Kranken, die mindestens eine Dosis des jeweiligen Medikamentes bekommen hatten, brachen die Behandlung vor Ende der 18-monatigen Beobachtungsdauer ab. Am besten schnitt in dieser Beziehung Olanzapin ab (64% Behandlungsabbrüche), gefolgt von Risperidon (74%), Perphenazin (75%), Ziprasidon (79%) und Quetiapin (82%). Wenn der Zeitpunkt des Abbruchs mitberücksichtigt wurde, fand sich ein signifikanter Vorteil von Olanzapin gegenüber Risperidon und Quetiapin, nicht aber gegenüber Perphenazin. Verbesserungen der Krankheitssymptome fanden sich in allen Gruppen. Olanzapin wurde am häufigsten wegen unerwünschten Wirkungen abgebrochen (von 18% der Behandelten), vor allem wegen Gewichtszunahme und metabolischen Veränderungen. Perphenazin wurde häufiger wegen extrapyramidalen Nebenwirkungen abgesetzt als die neueren Neuroleptika (bei 8% gegenüber 2% bis 4%).
Schlussfolgerungen
Die Studie zeigt, dass vorzeitige Behandlungsabbrüche bei allen untersuchten Neuroleptika die Regel sind. In dieser Beziehung schnitt Olanzapin besser ab als die übrigen atypischen Neuroleptika, während das alte Mittel Perphenazin zwischen Olanzapin und den anderen neueren Mitteln zu liegen kam. Grössere Unterschiede bestehen im Nebenwirkungsprofil, wobei Perphenazin häufiger extrapyramidale Symptome, Olanzapin hingegen häufiger Gewichtszunahme und unerwünschte metabolische Veränderungen verursacht.
Zusammengefasst von Felix Tapernoux
Eine weitere Demontage der «atypischen» Neuroleptika? Ein Gruppenvorteil im Sinne von «bessere Verträglichkeit – geringere Abbruchquoten» lässt sich in die ser einleuchtenden, wenn auch multipel gesponserten Studie über 18 Monate (auch) nicht bestätigen; allerdings im Vergleich zum hierzulande weniger gebräuchlichen Perphenazin. Einzelne Unterschiede innerhalb der Gruppe, welche Olanzapin etwas zu favorisieren scheinen, sind statistisch zwar signifikant, aber klinisch nicht unbedingt auch relevant: So bewegen sich die Abbruchquoten zwischen ernüchternden 64% bis 82% oder unterscheiden sich die Mediane der Dauer bis zum Abbruch um maximal etwa 5 Monate. Im Gegenzug müssten die gerade bei Olanzapin bekannten metabolischen Nachteile bedacht werden. Als nach wie vor ziemlich sicherer Vorteil der «atypischen» Neuroleptika bleibt die tiefe Rate früher und wahrscheinlich auch später neuroleptikainduzierter Bewegungsstörungen. Ob dieses Selektionskriterium allerdings auch weiterhin die Preisgestaltung rechtfertigt?
Peter Zingg
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