Thrombozythämie: «alte» Behandlung besser

  • r -- Harrison CN, Campbell PJ, Buck G et al.; United Kingdom Medical Research Council Primary Thrombocythemia 1 Study. Hydroxyurea compared with anagrelide in high-risk essential thrombocythemia. N Engl J Med 2005 (7. Juli); 353: 33-45 [Link]
  • Zusammenfassung: Peter Ritzmann
  • infomed screen Jahrgang 9 (2005) , Nummer 10
    Publikationsdatum: 1. Oktober 2005
  • PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)

Unter normalen Umständen eignet sich Anagrelid (Xagrid®) nicht als Thrombozytenaggregationshemmer, da schon bei niedrigen Dosen die Megakaryopoese im Knochenmark gehemmt wird. Erwünscht ist diese Nebenwirkung aber bei der seltenen essentiellen Thrombozythämie, bei der das Risiko für thrombotische Gefässverschlüsse mit der Zahl der Thrombozyten im Blut ansteigt. Bisher wurde Anagrelid aber noch nicht in einer randomisierten Studie mit Hydroxycarbamid (Litalir®; auch Hydroxyurea genannt), dem Mittel der ersten Wahl zur Hemmung der Megakaryopoese bei myeloproliferativen Syndromen, verglichen.

Dies wurde in dieser Studie bei gut 800 Personen mit essentieller Thrombozythämie nachgeholt. Alle Behandelten erhielten Acetylsalicylsäure (Aspirin® u.a.) in niedriger Dosis (75 mg oder 100 mg, je nach Land). In einer offenen Studienanordnung wurden sie zusätzlich mit Anagrelid oder Hydroxycarbamid behandelt; Ziel war eine Thrombozytenzahl unter 400'000/ìl. Während einer medianen Beobachtungszeit von über drei Jahren wurden in der Anagrelidgruppe signifikant mehr arterielle Gefässverschlüsse (bei 9% gegenüber 4%) und schwere Blutungen (bei 5% gegenüber 2%) beobachtet. Niedriger war hingegen das Risiko für venöse Thrombosen (1% gegenüber 3%). Ein signifikanter Unterschied fand sich auch für den Verlauf der Erkrankung: in der Anagrelidgruppe entwickelte sich häufiger eine Osteomyelofibrose als in der Hydroxycarbamidgruppe (bei 5% gegenüber 1%).

Bedenken gegenüber dem Einsatz von Hydroxycarbamid bei essentieller Thrombozythämie gründen vor allem darin, dass bis heute unklar ist, ob dieses Zytostatikum das Risiko für eine Transformation in eine akute Leukämie erhöht. Die aktuelle Studie diskreditiert Anagrelid als Alternative: arterielle Gefässverschlüsse, aber auch Blutungen waren häufiger. Die Studie wurde abgebrochen, nachdem in der Anagrelidgruppe auch häufiger eine Osteomyelofibrose beobachtet worden war. Es gilt weiterhin: nicht jede Thrombozythämie soll zytostatisch behandelt werden. Bei Kranken mit stärker erhöhtem Thromboserisiko (ältere Leute, vorgängige Thrombose oder Blutung und Thrombozytenzahl über 1,5 Mio/ì l) bleibt als Hydroxycarbamid plus Acetylsalicylsäure die Therapie der Wahl.

Zusammengefasst von Peter Ritzmann

Standpunkte und Meinungen
  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 9 -- No. 10
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Thrombozythämie: «alte» Behandlung besser ( 2005)