Spritzenumtausch: weniger HIV-Infektionen
- Kommentar: Christoph Bürki
- infomed screen Jahrgang 1 (1997)
, Nummer 8
Publikationsdatum: 1. September 1997 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Nadel-/Spritzen-Austauschprogramme könnten eine Schlüsselstrategie gegen die Ausbreitung von HIV-Infektionen bei drogeninjizierenden Personen sein. In dieser Studie wurde untersucht, ob die Durchführung von solchen Programmen die HIV-Seroprävalenzen in verschiedenen Städten beeinflusste.
Methoden
Insgesamt wurden etwa 3500 zwischen 1984 und 1994 publizierte Berichte über die HIV-Seroprävalenz in Städten sowie über Nadel-/Spritzenaustauschprogramme gesucht. Zudem wurden unveröffentlichte Berichte über die HIV-Seroprävalenz bei drogeninjizierenden Personen berücksichtigt, welche in den USA zwischen 1988 und 1993 einen Drogenentzug gemacht hatten. Aus den Daten von 81 Städten, in denen Austauschprogramme durchführt wurden bzw. Daten zur Seroprävalenz vorlagen, wurde berechnet, welchen Einfluss solche Programme auf die Seroprävalenz hatten.
Ergebnisse
In den berücksichtigten Städten (54% in Nordamerika, 32% in Europa, 12% im asiatischen bzw. südpazifischen Raum) waren, mehrheitlich in spezialisierten Zentren, insgesamt 1026 Untersuchungen zur HIV-Seroprävalenz bei mehr als 330'000 Drogenabhängigen gemacht worden. In 29 Städten wurden auch Austauschprogramme (mittlere Dauer 3,8 Jahre) durchgeführt. In diesen Städten nahm die Seroprävalenz durchschnittlich um 5,8% pro Jahr ab, in den 52 Städten ohne Austauschprogramme jedoch jährlich um 5,9% zu. Ein Zusammenhang zwischen der Seroprävalenz und der Anzahl von umgetauschten Nadeln war nicht feststellbar.
Schlussfolgerungen
Die Autoren dieser Studie schliessen aus diesen Daten sowie aufgrund von theoretischen Überlegungen, dass Nadel-/Spritzen-Austauschprogramme die HIV-Inzidenz von Drogenabhängigen reduzieren.
Viele theoretische Hinweise und Überlegungen lassen den Schluss zu, dass Spritzenumtauschprogramme für Drogenabhängige eine sinnvolle HIV-Prävention darstellen. Dies in einer kontrollierten Studien zu beweisen wäre aber in höchstem Grad unethisch: es darf heute keinem Drogenabhängigen der Zugang zu sterilen Nadeln und Spritzen verwehrt sein. Leider ist eine flächendeckende Versorgung mit sauberem Injektionsmaterial in vielen Teilen der Welt nach wie vor nicht gewährleistet. Insofern kommt dieser Analyse vor allem in den USA wichtige Bedeutung zu. Es bleibt zu hoffen, dass damit langsam eine Entideologisierung und ein pragmatischer Umgang mit der Drogenproblematik einsetzt.
Christoph Bürki
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