Bild des Monats Januar 2024: Joseph Banks (1742 – 1820)
Bild des Monats Februar 2024: Scheinkrokus (Romulea bulbocodium)
Bild des Monats März 2024: Bisamkraut (Adoxa moschatellina)
Bild des Monats April 2024: Europäische Haselwurz (Asarum europaeum)
Bild des Monats Mai 2024: Behaarter Ginster (Genista pilosa)
Bild des Monats Juni 2024: Drachenmaul (Horminum pyrenaicum)
Bild des Monats Juli 2024: Alpen-Steinkraut (Alyssum alpestre)
Bild des Monats August 2024: Südlicher Wasserschlauch (Utricularia australis)
Bild des Monats September 2024: Gelber Zahntrost (Odontites luteus)
Bild des Monats Oktober 2024: Lebensraum Flachmoor
Bild des Monats November 2024: Botanische Wanderung Zermatt
Bild des Monats Dezember 2024: Pantoffeln in Patagonien (Calceolaria uniflora)
Joseph Banks gilt als der 1. «Reisebotaniker». Er stammte aus reichem Haus und finanzierte sich seine Teilnahme an der 1. wissenschaftlichen Reise von James Cook (1768 – 1771) aus der eigenen Tasche. Schwerpunkt dieser Reise war die Entdeckung von Neuseeland – der Nachweis, dass es sich um 2 Inseln handelt – und Australien. Banks brachte von dieser Reise 1300 Herbarbelege neuer Arten mit und gilt zu Recht als der Vater der Flora Australiens.
Nach seiner Rückkehr wurde er (inoffiziell) Direktor der Königlichen Gärten in Kew und amtete von 1778 bis 1820 als Präsident der Royal Society. Er korrespondierte mit vielen europäischen Naturforschern. Auf seine Initiative hin wurden nicht nur Garten- sondern auch Nutzpflanzen aus den britischen Kolonien gesammelt und in andere Länder verpflanzt. Mit dem englischen König Georg III. war er freundschaftlich verbunden und initiierte den weiteren Ausbau von Kew Garden.
Die Gattung Banksia aus der Familie der Proteagewächse ist ihm zu Ehren benannt (das Bild zeigt Banksia coccinea, die Scharlachrote Banksie). Eine Ähnlichkeit mit südafrikanischen Proteagewächsen ist offensichtlich, gilt doch diese Familie als Beweis dafür, dass es einmal einen Südkontinent Gondwana gab, aus dem Südamerika, Afrika, Australien (und Indien) entstanden sind.
Wenn im Februar bei uns noch tiefer Winter ist, lohnt sich eine Reise ins Mittelmeergebiet. Die Gattung Romulea (auf deutsch Scheinkrokus) ist mit dem eigentlichen Krokus nahe verwandt, beide gehören zur Familie der Schwertliliengewächse. Der Name ist übrigens von Romulus, dem sagenhaften Gründer Roms abgeleitet. Nicht nur rund um Rom, sondern im ganzen Mittelmeerraum blüht ab Februar der Grossblütige Scheinkrokus (Romulea bulbocodium) an geeigneten Standorten. Die Gattung ist mit 15 Arten im mediterranen Gebiet vertreten, das Zentrum der Artenvielfalt ist wieder einmal Südafrika mit ca. 85 Arten.
Zur Gattung Crocus gehört übrigens auch der Safran mit dem botanischen Namen Crocus sativus, der ausser im bekannten Dorf Mund im Wallis neuerdings auch an anderen Orten der Schweiz angebaut wird.
https://www.srf.ch/news/schweiz/safran-aus-der-schweiz-die-diva-der-gewuerze-blueht-auf
Um diese Pflanze zu finden, braucht es ein gutes Auge (eventuell eine Lupe für die Details). Die Blätter erinnern an den Lerchensporn, der auch um diese Zeit blüht, die Blüten sind winzig und haben keine auffällige Farbe. Sie sind «… gelbgrün mit einem Durchmesser von ca. 5 mm, zu 5 in einem kopfigen Blütenstand. Die Krone bei der endständigen Blüte 4zipfelig, bei den seitenständigen meist 5zipfelig …»
So steht es in der Flora Helvetica.
Standorte sind feuchte Wälder und Gebüsche, der Verbreitungsschwerpunkt in der Schweiz liegt im Jura und im westlichen Mittelland, in der Ostschweiz ist die Pflanze seltener. Weltweit ist das Moschuskraut auf der ganzen Nordhemisphäre verbreitet. Die Blütezeit ist März bis April. Der Name kommt vom moschusartigen Duft der Pflanze. Der botanische Name Adoxa leitet sich vom griechischen Wort adoxos ab, was unscheinbar bedeutet (sic!)
Spannend ist auch, dass Adoxa die namensgebende Gattung für eine ganze Familie der Moschuskrautgewächse oder Adoxaceae ist, zu der seltsamerweise seit der molekularbiologischen Neuordnung auch der Holunder (Sambucus) und der Schneeball (Viburnum) gehören.
Wie die Pflanze des letzten Monats blüht auch diese sehr versteckt. Zwar sind die rundlichen, glänzenden Blätter auffällig, die Blüte versteckt sich oft darunter und hat eine bräunliche Farbe – und sie stinkt. Die Blüten täuschen Merkmale von Pilzen vor und locken Pilzmücken als Bestäuber an. Die Kapselfrüchte werden durch Ameisen verbreitet, welche sie wegen der ölhaltigen Anhängsel (Elaiosome) sammeln und für ihre Brut in den Bau schleppen. Die nicht verwendeten Samen tragen sie wieder aus dem Bau, wo sie an geeigneten Orten keimen können.
Die Haselwurz gehört zur Familie der Osterluzeigewächse (Aristolochiaceae), einer Pflanzenfamilie mit einem tropischen Schwerpunkt. Sie ist die einzige (monotypische) Art dieser Gattung in Europa und kommt in der Schweiz vor allem im Jura vor, in der Ostschweiz ist sie eher selten. Die Blütezeit ist April bis Mai.
Der Laie ist schnell bereit, einen gelb blühenden Schmetterlingsblütler als «Ginster» zu bezeichnen. So einfach ist es aber leider nicht. Gemäss «Flora Helvetica» kommen in der Schweiz 5 Arten der Gattung Genista vor. Daneben gibt es aber den Europäischen Stechginster (Ulex europaeus), 4 Arten Geissklee (Cytisus), 2 Arten Zwergginster (Chamaecytisus) und dann noch die Strauchwicke (Hippocrepis emerus), die einem Ginster sehr ähnlich schaut.
Der abgebildete Behaarte Ginster ist eine recht seltene Pflanze – sie kommt in der Schweiz nur im Berner, Basler und Waadtländer Jura sowie im Südtessin vor. Das 10 bis 40 cm hohe Sträuchlein ist dornenlos (!), die ganze Pflanze ist seidig behaart. Sie wächst in Trockenrasen, Felsen und Weiden. Die Blütezeit ist je nach Höhenlage April bis Juni.
Mein Foto stammt aus dem Berner Jura (Mont Raimeux).
Der Mensch jagt ja gerne den Raritäten nach – da schliesse ich mich nicht aus. Die Pflanze des Monats ist in der Schweiz wirklich sehr selten. Wandert man hingegen in den Dolomiten, wird man das Drachenmaul auf Schritt und Tritt in grossen Beständen antreffen. Auf den 1. Blick könnte man es mit dem Wiesensalbei verwechseln, es gehört wie dieser zu den Lippenblütlern. Bei näherer Betrachtung fallen die runzeligen, gekerbten Blätter in der bodennahen Rosette auf und die Blütenfarbe ist eher violett als blau wie der Salbei.
Die Vorkommen in der Schweiz sind sehr lückig – im Südtessin (z.B. Denti delle Vecchia) und punktuell in Graubünden (z.B. in der Nähe des Ofenpasses). Der Lebensraum sind magere Wiesen auf Kalk, Geröll und lichte Wälder. Neben den Südalpen kommt die Pflanze auch im Kantabrischen Gebirge (E), den Apuanischen Alpen (I) und auch in den Pyrenäen vor. Die Blütezeit ist Juni bis August.
Das Steinkraut (Alyssum) aus der Familie der Kreuzblütler ist bei Gärtnerinnen sehr beliebt. Es blüht früh im April und wird häufig in Steingärten und an Mauern verwendet.
Diese Gartenpflanze stammt vom Berg-Steinkraut (Alyssum montanum) ab. In der Flora Helvetica werden aber 4 Arten von Steinkraut erwähnt – und das seltenste möchte ich diesen Monat vorstellen:
Das Alpen-Steinkraut (Alyssum alpestre) ist eine Pflanze der subalpinen und alpinen Höhenstufe und kommt in der Schweiz nur im Gebiet von Zermatt vor, der bekannte Standort ist am Gornergrat-Südhang auf 2'700 bis 3'100 Meter ü.M., woher auch mein Foto stammt. Das Verbreitungsgebiet umfasst ausserdem wenige Gebiete der Südwestalpen in Italien und Frankreich.
Die Blütezeit ist Juli bis August.
Diese Pflanze gehört zur relativ kleinen, unbekannten Familie der Lentibulariaceae (Wasserschlauchgewächse). Sie enthält die 3 Gattungen mit den seltsamen Namen
· Fettblätter (Pinguicula)
· Reusenfallen (Genlisea)
· Wasserschläuche (Utricularia)
Alle sind sogenannte fleischfressende Pflanzen.
«Fleischfressende Pflanzen» gleichen den Mangel von Mineralstoffen an nährstoffarmen Standorten aus, indem sie kleinere Tiere wie Insekten mittels klebriger Blätter fangen und verdauen. In unserer Flora gehört der Sonnentau (Drosera) dazu, aber auch das Fettblatt (Pinguicula).
Der Wasserschlauch (Utricularia) ist ebenfalls fleischfressend, allerdings nicht an der Luft, sondern unter Wasser! Er frisst mittels untergetauchten Bläschen Planktonorganismen. In der Flora Helvetica sind 7 Utricularia-Arten verzeichnet, alle sind gelb blühend (und relativ schwierig zu bestimmen). Utricularia australis ist die häufigste Art unter den 7 und kommt in Teichen und Torfgräben des Mittellandes vor. Die Blütezeit ist Juni bis August.
Das Bild stammt ausnahmsweise nicht von mir, sondern von einem Bekannten (Christian König).
Die Blühsaison geht langsam zu Ende, doch im September kann man den Gelben Zahntrost an geeigneten Standorten noch in grosser Zahl antreffen. Das Verbreitungsgebiet in der Schweiz konzentriert sich auf das Wallis und die inneralpinen Trockentäler in Graubünden (Unterengadin, Churer Rheintal). Die Lebensräume sind Trockenrasen und lichte Föhrenwälder. Weltweit gibt es 26 Arten der Gattung mit einem Schwerpunkt im westlichen Mittelmeerraum.
Die Pflanze gehört zur Familie der Sommerwurzgewächse (Orobanchaceae) und ist ein Halbschmarotzer. Das heisst, sie produziert zwar eigenes Chlorophyll, bezieht aber auch Nährstoffe von Nachbarpflanzen, und zwar mit Hilfe von Saugorganen im Boden.
Die botanische und deutsche Bezeichnung der Pflanze könnte sich auf eine eventuelle Wirkung gegen Zahnschmerzen beziehen (sie wurde früher bei Zahnschmerzen gekaut), wahrscheinlicher beschreibt sie jedoch die zahnförmig gezackten Ränder der Kelchblätter.
Im Oktober 2015 habe ich den Lebensraum Hochmoor vorgestellt. Allgemeine Informationen zu den Mooren finden sich dort. Im Gegensatz zu den Hochmooren, welche ihr Wasser nur aus dem Niederschlag beziehen, werden Flachmoore von Oberflächen- und Regenwasser gespeist. Sie sind nicht auf saure Böden beschränkt und weisen deshalb eine viel höhere Artenvielfalt auf als Hochmoore. Gemeinsam ist beiden Lebensräumen, dass sie nur als kleine «Inselvorkommen» erhalten und darum stark gefährdet sind. Einige der in Flachmooren vorkommenden Arten habe ich in den vergangenen Jahren vorgestellt: Allium suaveolens (Wohlriechender Lauch) Sep 09, Swertia perennis (Moorenzian) Sep 11, Orchis morio (Kleines Knabenkraut) Apr 12, Succisa pratensis (Teufelsabbiss) Sep 13, Gladiolus palustris (Sumpf-Gladiole) Jun 14, Euphorbia palustris (Sumpf-Wolfsmilch) Mai 16.
Für weiterführende Informationen verweise ich auf die Website von info flora:
https://www.infoflora.ch/de/lebensraeume/typoch-(delarze-et-al.)/suche-typoch.html?parent=22
Mein Foto zeigt ein Flachmoor im Appenzellerland – das Gebiet Mäder östlich von Brülisau. Dominant ist die Breitblättrige Fingerwurz (Dactylorhiza majalis), eine nicht seltene Orchidee. Im selben Gebiet wächst aber auch noch eine Rarität – die Kleine Schwarzwurzel (Scorzonera humilis).
Am Anfang eine Warnung: Zermatt ist eine der intensivsten Tourismusregionen der Schweiz mit allen negativen Randerscheinungen wie Bergbahnen, Schneekanonen, Bikepisten und Touristenmassen. Gleichzeitig ist es eine der botanisch interessantesten Gegenden in den Schweizer Alpen.
Mit Hilfe der Bergbahnen (sic!) gelangt man schnell via Sunnegga nach Blauherd (2'574 m) zum Ausgangspunkt der Wanderung. Von dort geht es Richtung Norden zum Punkt 2'817 und über den Ritzengrat zum Gipfel des Unterrothorns ((3'103 m). Am schönsten ist die Wanderung im Juli, wenn u.a. das Edelweiss (Leontopodium alpinum) sehr verbreitet blüht. Der geologische Untergrund ist Kalkschiefer, die Pflanzenvielfalt enorm. Hier eine kleine Auswahl:
Gletscher-Edelraute (Artemisia glacialis), Alpen-Pechnelke (Silene suecica), Mont Cenis-Glockenblume (Campanula cenisia), Schleichers Enzian (Gentiana schleicheri), Zarter Enzian (Gentiana tenella), Schweizer Spitzkiel (Oxytropis helvetica), Hoppes Felsenblümchen (Draba hoppeana), Pachers Löwenzahn (Taraxacum pacheri) – und dann noch die absolute Rarität, welche nur hier am Unter- und Oberrothorn vorkommt: die Schnee-Edelraute (Artemisia nivalis).
Zermatt bietet noch viel mehr. Natürlich ist der Gornergrat-Südhang zu erwähnen, den ich im Juli 24 mit dem Alpen-Steinkraut (Alyssum alpestre) vorgestellt habe. Im Westen ist das Gebiet Schwarzsee - Stafelalp – Hohbalmen – Zmutt empfehlenswert mit weiteren Raritäten wie Rautenblättrige Schmuckblume (Callianthemum coriandrifolium), Stein-Klee (Trifolium saxatile), Monte Baldo-Anemone (Anemone baldensis), diversen Tragantarten, ….
Hier noch ein Link zu einem Buch, welches für mich am besten dieses Thema abdeckt (es enthält auch Wandervorschläge zu den interessantesten Orten):
https://www.monographic.ch/ausgaben-bucher/pflanzenwelt-zermatt-460.html
Mein Foto zeigt den Blick vom Ritzengrat gegen das Matterhorn.
Vor einem Jahr habe ich als Auftakt zum Thema Patagonien die Araukarien vorgestellt. Heute steht die Gattung Calceolaria (auf deutsch Pantoffelblumen) im Fokus. Sie gehörten früher zur Familie der Braunwurzgewächse (Scrophulariaceae), werden aber heute als eigene, auf Amerika beschränkte Familie der Calceolariaceae betrachtet (mit 240 bis 270 Arten, je nach Autor). Einige Arten werden auch als Zierpflanzen für Garten und Zimmer gezüchtet.
Pantoffelblumen kommen im Gebiet in allen Lebensräumen vor, von der trockenen argentinischen Steppe über die Anden bis in den gemässigten Regenwald Chiles.
Calceolaria uniflora hiess früher Calceolaria darwinii und erinnert daran, dass der berühmte Naturforscher Charles Darwin das Gebiet bereist und intensiv erforscht hat.
Während die meisten Calceolaria-Arten von Bienen bestäubt werden, hat diese Art in einer bienenarmen Umgebung auf einen anderen Bestäuber umgestellt: Ein kleiner Vogel namens Thinocorus rumicivorus (Least seedsnipe) frisst den weissen Teil des «Schuhs», berührt dabei Griffel und Staubblätter der Blüte und trägt den Pollen zur nächsten Blüte. Eine Studie hat ergeben, dass 60 bis 80% der Blüten beschädigt waren.
Mein Foto habe ich im berühmten chilenischen Nationalpark Torres del Paine gemacht, wo die Pflanze recht verbreitet ist.