D-Mannose

D-Mannose (Femannose®, Hänseler-D-Mannose®) wird zur Prophylaxe von Blasenentzündungen empfohlen.

Chemie/Pharmakologie

Mannose ist ein Monosaccharid mit sechs Kohlenstoffatomen (Hexose). Sie unterscheidet sich strukturell nur minim von Glukose (C2-Epimer von Glukose), und es sind ebenfalls zwei Enantiomere, eine D- und eine L-Form, bekannt. D-Mannose ist in der Natur weitverbreitet und kommt in pflanzlichen Polymeren, in tierischen Glykoproteinen sowie in freier Form zum Beispiel in Früchten (Orangen, Äpfeln, Pfirsichen) oder Beeren (Cranberrys, schwarze Johannisbeeren) vor. L-Mannose kennt man dagegen lediglich als künstliches Syntheseprodukt. Der menschliche Organismus nimmt Mannose entweder über externe Quellen auf oder stellt sie selbst aus anderen Kohlenhydraten her.(1,2)

Experimentelle Untersuchungen haben gezeigt, dass sich D-Mannose an die Typ-1-Fimbrien bindet, die an der Oberfläche von E.-coli-Bakterien sitzen; dadurch kann DMannose – sofern in genügend hoher Konzentration vorhanden – die Adhäsion der Bakterien an die Schleimhautepithelien im Harntrakt hemmen.

Pharmakokinetik

D-Mannose wird nach oraler Einnahme mit Hilfe eines Natrium-abhängigen Transportproteins resorbiert. Die maximale Plasmakonzentration ist nach 1 bis 2 Stunden erreicht. D-Mannose wird über das Enzym Hexokinase zu Mannose-6-Phosphat umgewandelt, das als Substrat für weitere Stoffwechselschritte dient (z.B. Glykolysierungen). Bis zu 10% der D-Mannose werden in unveränderter Form mit dem Urin ausgeschieden und stehen für den gewünschten pharmakologischen Effekt zur Verfügung. Die Plasmahalbwertszeit beträgt ungefähr 4 Stunden.(1,2)

Klinische Studien

Zur Wirksamkeit von D-Mannose bei der Prophylaxe von Harnwegsinfekten liegt eine einzige grössere Studie vor. Sie wurde bei 308 Frauen durchgeführt, die an einer akuten Zystitis litten und in den vorangegangenen Monaten auch schon von Blasenentzündungen betroffen gewesen waren (mindestens zwei in den letzten sechs oder mindestens drei in den letzten zwölf Monaten). Gegen die aktuelle Zystitis wurde Ciprofloxacin (Ciproxin® u.a., 2-mal 500 mg über 7 Tage) verabreicht. Danach wurden die Teilnehmerinnen per Zufallsprinzip auf drei Gruppen verteilt; in der ersten Gruppe wurde D-Mannose verordnet (2 g jeden Abend), in der zweiten Nitrofurantoin (Furadantin® u.a., 50 mg jeden Abend), und die dritte Gruppe blieb unbehandelt. Die medikamentöse Prophylaxe erstreckte sich über 6 Monate. Innerhalb dieser Zeit trat in der Mannose-Gruppe bei 15% der Frauen erneut eine Zystitis auf, in der Nitrofurantoin-Gruppe bei 20% und in der unbehandelten Kontrollgruppe bei 60%. Der Unterschied zwischen Mannose- und Nitrofurantoin-Gruppe war nicht signifikant.(3)

Unerwünschte Wirkungen

Als bislang einzige Nebenwirkungen von D-Mannose fielen Blähungen und Durchfall auf. Man nimmt an, dass D-Mannose die Konzentration des glykosylierten Hämoglobins (HbA1c) erhöhen kann. Da Proteine durch Mannose stärker glykosyliert werden als durch Glukose, ist D-Mannose bei Diabeteskranken möglicherweise mit einem erhöhten Risiko von Krankheitskomplikationen behaftet.(1,2)

Interaktionen

Interaktionen mit D-Mannose sind keine bekannt. Cranberrys, mit deren Extrakt Mannose-Präparate zum Teil angereichert sind, enthalten allerdings Flavonoide, die Zytochrome zu hemmen vermögen; dadurch kann sich zum Beispiel der Abbau von oralen Antikoagulantien verlangsamen und das Blutungsrisiko erhöhen.

Dosierung, Verabreichung, Kosten

In der Schweiz gibt es zwei registrierte Produkte, die D-Mannose enthalten – Femannose® (kombiniert mit Cranberry-Extrakt) und Hänseler-D-Mannose® – und der Abgabekategorie D zugeordnet sind. Beide enthalten Portionenbeutel mit 2 g D-Mannose, was der empfohlenen Tagesdosis entspricht. Femannose® wird neben der Prophylaxe auch zur Behandlung von Harnwegsinfekten vorgeschlagen, was indessen nicht durch entsprechende klinische Studien dokumentiert ist. Da D-Mannose im Prinzip unter die Nahrungsmittelergänzungen fällt, ist es klar, dass viele weitere Produkte im Internet und im ausländischen Fachhandel angeboten werden. Eine Anwendung in der Schwangerschaft oder Stillzeit ist nicht durch Daten abgesichert. Bei Kindern wurde D-Mannose klinisch nicht geprüft.

Der Preis für D-Mannose ist nicht offiziell festgelegt und variiert je nach Endanbieter etwas. Die monatlichen Kosten für Femannose® bewegen sich in der Grössenordnung von knapp 60 Franken; Hänseler-D-Mannose® ist nur etwa halb so teuer. Beide Präparate sind nicht kassenzulässig.

Kommentar

Es wäre willkommen, für das häufige Problem der rezidivierenden Harnwegsinfekte eine zuverlässige und nebenwirkungsarme Prophylaxe anbieten zu können. Wie gut DMannose diesem Zweck zu dienen vermag, ist aber nicht klar. Zwar wird D-Mannose dank dem günstigen Resultat, das die einzige durchgeführte Studie geliefert hat, auf verschiedenen Kanälen und selbst von Fachleuten gepriesen; und man kann sicher darüber diskutieren, ob im individuellen Fall ein Versuch mit D-Mannose gerechtfertigt ist, wenn andere Massnahmen versagt haben. Doch wie gerade das Beispiel der Cranberrys zeigt, relativiert sich ein erster Eindruck oft, sobald mehr Daten zusammengekommen sind. Am beeindruckendsten bleibt, dass sich D-Mannose – als simples Zuckerwerk – so teuer verkaufen lässt (Kilopreis von mehreren hundert Franken).

Standpunkte und Meinungen

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D-Mannose (16. März 2016)
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pharma-kritik, 37/No. 12
PK988
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