Psoriasis-Arthritis
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 37
, PK985, Online-Artikel
Redaktionsschluss: 31. März 2016
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2015.985
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Im Juni 2015 wurde im «Medical Letter on Drugs and Therapeutics» eine Übersicht zu den bei Psoriasis-Arthritis verwendeten Medikamente veröffentlicht (1). Dieser Text wird im Folgenden zusammengefasst und ergänzt.
Bis zu 40% der Personen, die psoriatische Hautveränderungen aufweisen, haben auch eine begleitende Arthritis. Diese kann weitgehend analog einer rheumatoiden Arthritis behandelt werden. In klinischen Studien wird die Wirksamkeit von Medikamenten anhand der Symptomenskala des «American College of Rheumatology» (ACR) beurteilt; ein ACR20-Wert entspricht einer 20%igen Besserung der Gelenksymptome. Gelenksymptome können auch mit den «Psoriatic Arthritis Response Criteria» (PsARC) beurteilt werden.
Entzündungshemmer
Leichte Formen von Psoriasis-Arthritis können mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern symptomatisch behandelt werden. In einer Doppelblindstudie wurde der COX-2-Hemmer Celecoxib (200 oder 400 mg/Tag, Celebrex® u.a.) bei akuter Psoriasis-Arthritis mit Placebo verglichen; am Ende der Studie – nach 12 Wochen – fand sich jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen den Vergleichsgruppen (2). Gegen eine längerfristige Verwendung von nicht-steroidalen Entzündungshemmern (auch von Celecoxib) sprechen jedenfalls ihre kardiovaskulären Risiken.
Wenn nur wenige Gelenke betroffen sind, kann die intraartikuläre Injektion von Kortikosteroiden Linderung verschaffen. In kleinen Dosen (z.B. 5 bis 10 mg Prednison täglich) wurden Kortikoide auch systemisch verabreicht. Dabei sind aber die vielfältigen Steroid-Nebenwirkungen zu bedenken.
Basistherapeutika
Basistherapeutika («Disease-modifying anti-rheumatic drugs», DMARD) werden bei moderater bis ausgeprägter Psoriasis-Arthritis in der Regel als Mittel der ersten Wahl bezeichnet – obwohl diese Mittel meistens nicht spezifisch für die Behandlung einer Psoriasis-Arthritis zugelassen sind.
Am häufigsten wird primär Methotrexat verwendet. Da dazu kaum kontrollierte Studien vorliegen, ist Methotrexat nicht völlig unumstritten (3). In einer Studie wurde zwar aus Sicht der Behandelnden und Behandelten ein gutes Resultat erreicht, ein ACR20-Wert jedoch nicht signifikant häufiger als mit Placebo erreicht (4). Methotrexat zeichnet sich durch zahlreiche Nebenwirkungen aus (bes. hämatologische und hepatische Toxizität) und ist in der Schwangerschaft wegen seiner teratogenen Wirkung absolut kontraindiziert.
Sulfasalazin (Salazopyrin® u.a.), ein weiteres Basistherapeutikum, kann die Symptome einer Psoriasis-Arthritis in bescheidenem Ausmass verbessern, verursacht jedoch ebenfalls unerwünschte Wirkungen (bes. gastro-intestinale Symptome).
Ähnlich wirksam ist Ciclosporin (Sandimmun® u.a.), es soll aber nicht länger als 12 Monate eingesetzt werden. Nephrotoxizität und Blutdruckanstieg sowie gastro-intestinale Probleme gehören zu den wichtigeren Nebenwirkungen. Ciclosporin kann bei Personen, die wegen ihrer Psoriasis mit UV-A bestrahlt worden sind, das Risiko von Hautkrebs erhöhen.
Leflunomid (Arava® u.a.) – das einzige Mittel der Gruppe, das speziell auch bei einer Psoriasis-Arthritis zugelassen ist – wird oft verwendet, wenn Methotrexat zu wenig wirkt oder nicht vertragen wird. In klinischen Studien war es bezüglich der PsARC signifikant wirksamer als Placebo. Leflunomid verursacht oft Durchfall; weitere Nebenwirkungen sind Alopezie, Exantheme, Blutdruckanstieg, sowie myeloische und hepatische Toxizität. Es ist in der Schwangerschaft kontraindiziert.
Gegenüber einer «üblichen» Therapie ist gemäss einer neuen Studie eine intensive Behandlung (mit Methotrexat + weiteren Basistherapeutika) wirksamer (5). In dieser Studie wurden sequentiell zuerst Sulfasalazin und nachher noch Ciclosporin oder Leflunomid zu Methotrexat hinzugefügt.
Apremilast
Über Apremilast (Otezla®), einen Phosphodiesterase-4-Hemmer, wurde in pharma-kritik kürzlich ausführlicher berichtet (6). Obwohl das Mittel signifikant wirksamer als ein Placebo ist, kann sein Stellenwert in Anbetracht seiner Nebenwirkungen (Brechreiz, Durchfall, Gewichtsverlust, Depression) noch nicht festgelegt werden.
TNF-alpha-Hemmer
Fünf Hemmstoffe des Tumor-Nekrose-Faktors alpha (TNF-alpha-Hemmer) sind bei Psoriasis-Arthritis zugelassen. Diese Medikamente (siehe Tabelle) gelten als die bisher wirksamsten Mittel bei dieser Erkrankung. Sie reduzieren die Aktivität der Gelenksymptome und wirken strukturellen Schäden entgegen. Im Vergleich mit Patientinnen und Patienten, die nur mit Methotrexat behandelt wurden, hatten gemäss einer retrospektiven Analyse diejenigen, die einen TNF-alpha-Hemmer erhielten, nach 1 bis 4 Jahren weniger erosive Gelenkveränderungen (7).
Mit diesen Medikamenten wurde in klinischen Studien nach 12 bis 14 Wochen bei 50 bis 60% der Behandelten ein ACR20-Wert erreicht. Es bestehen kaum relevante Unterscheide zwischen den verschiedenen TNF-alpha-Hemmern; die Medikamente wurden allerdings bei Psoriasis-Arthritis nie direkt miteinander verglichen. Im Einzelfall kann nach dem Versagen einer dieser Substanzen ein anderer TNF-alpha-Hemmer wirksam sein.
Unerwünschte Wirkungen der TNF-alpha-Hemmer: Infektionen verschiedenster Art, interstitielle Pneumopathie, Reaktivierung einer Tuberkulose, Lupus-ähnliches Syndrom.
Kombinationen von Basistherapeutika (wie Methotrexat) und TNF-alpha-Hemmer können bei ungenügender Wirksamkeit der Basistherapeutika oder auch schon primär eingesetzt werden. Ob damit mehr erreicht wird als mit TNF-alpha-Hemmern allein, wird unterschiedlich beurteilt.
Weitere Biologika
Ustekinumab (Stelara®) ist ein Antagonist der Interleukine 12 und 23, ebenfalls offiziell bei Psoriasis-Arthritis zugelassen, und hat gemäss einer Doppelblindstudie bei Psoriasis-Arthritis eine annähernd so gute Wirksamkeit wie die TNF-alpha-Hemmer: Nach 24 Wochen Behandlung wurde ein ACR20-Wert bei 42 bis 50% der Behandelten erreicht und die Wirkung blieb bis zu einem Jahr aufrechterhalten (8). Es gibt keine direkten Vergleiche mit TNF-alpha-Hemmern. Wie andere Biologika kann Ustekinumab zu Infektionskrankheiten, allergischen Reaktionen und malignen Tumoren führen.
Secukinumab (Cosentyx®), ebenfalls vor kurzem in dieser Zeitschrift vorgestellt (9), ist ein Antagonist des Interleukins 17A. Die Substanz war in zwei Doppelblindstudien bei Psoriasis-Arthritis ähnlich wirksam wie die TNF-alpha-Hemmer (nicht direkt verglichen). Secukinumab ist bisher nur bei Plaque-Psoriasis zugelassen.
Kommentar
Dass die in diesem Text wiedergegebenen Empfehlungen den Guidelines verschiedener rheumatologischer Gesellschaften entsprechen, ändert nichts an der Tatsache, dass die zugrundeliegende Evidenz sehr bescheiden ist. Gute prospektive Vergleiche fehlen weitgehend. Ob es sich wirklich lohnt, mit einem TNF-alpha-Hemmer eine gegenüber Methotrexat rund zweihundertmal teurere Therapie durchzuführen, ist offensichtlich ungenügend nachgewiesen.
Zusammengefasst und ergänzt von Etzel Gysling
Literatur
- 1) Anon. Med Lett Drugs Ther 2015; 57: e88-91
- 2) Kivitz AJ et al. Semin Arthritis Rheum 2007; 37: 164-73
- 3) Pincus T et al. Clin Exp Rheumatol 2015; 33 (Suppl 93): S82-93
- 4) Kingsley GH et al. Rheumatology (Oxford) 2012; 51: 1368-77
- 5) Coates LC et al. Lancet 2015; 386: 2489-98
- 6) Gysling E. pharma-kritik 2015; 37: 37-8 (pk970)
- 7) Eder L et al. Ann Rheum Dis 2014; 73: 1007-11
- 8) McInnes IB et al. Lancet 2013; 382: 780-9
- 9) Gysling E. pharma-kritik 2015; 37: 38-40 (pk969)
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