Secukinumab
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 37
, Nummer 10, PK969
Redaktionsschluss: 12. Januar 2016
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2015.969 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Mit Secukinumab (Cosentyx®) ist ein weiterer Interleukin-Antagonist zur Behandlung der Psoriasis verfügbar geworden.
Chemie/Pharmakologie
Interleukine, natürlich vorkommende Zytokine, aktivieren die T-Helfer-Zellen, die bei der Proliferation der Keratinozyten eine wichtige Rolle spielen. Die Hemmung bestimmter Interleukine kann deshalb die Krankheitsaktivität einer Psoriasis reduzieren. Secukinumab ist ein monoklonaler Antikörper, der sich an das Interleukin IL-17A bindet. Ustekinumab (Stelara®), das schon seit einigen Jahren erhältlich ist, bindet sich dagegen an die Interleukine IL-12 und IL-23.
Pharmakokinetik
Nach einer einzelnen subkutanen Injektion von Secukinumab werden etwa 6 Tage später maximale Plasmaspiegel erreicht. Die biologische Verfügbarkeit (nach subkutaner Injektion) liegt im Bereich von 55 bis 77%. Wird das Mittel alle 4 Wochen injiziert, so ergibt sich nach etwa 24 Wochen im Blut ein Fliessgleichgewicht. Der Metabolismus von Secukinumab ist nicht genau bekannt; wahrscheinlich wird der Antikörper in kleine Peptide und Aminosäuren gespalten und so inaktiviert. Die Plasmahalbwertzeit liegt zwischen 22 und 31 Tagen.
Klinische Studien
Die Wirksamkeit von Secukinumab bei moderat bis stark symptomatischer Plaque-Psoriasis wurde primär in vier Placebo-kontrollierten Doppelblindstudien dokumentiert.(1-3) Behandelt wurde mit 150 oder 300 mg Secukinumab (subkutan, initial für einen Monat jede Woche, dann einmal monatlich) oder mit Placebo-Injektionen. Die primären Endpunkte dieser Studien waren eine mindestens 75%ige Reduktion des «Psoriasis Area and Severity Index»-Wertes (PASI 75) und ein Wert von 0 oder 1 in der globalen Symptombeurteilung durch die Untersuchenden («Investigator’s Global Assessment», IGA, eine 5-Punkte-Skala) nach 12 Wochen Behandlung. Das PASI-75-Ziel wurde mit der niedrigeren Secukinumab-Dosis bei rund 70%, mit der höheren Dosis bei knapp 80% der Behandelten erreicht, mit Placebo praktisch nie. Das IGA-Ziel wurde mit 150 mg Secukinumab bei etwa 50% und mit 300 mg bei rund 65% erreicht. In einer dieser Studien («FIXTURE») wurde eine weitere Gruppe mit Etanercept (Enbrel®, 50 mg s.c. zweimal wöchentlich) behandelt; damit wurde PASI 75 nach 12 Wochen bei 44% der Behandelten erreicht.(3)
Zu zwei Studien («ERASURE» und «FIXTURE») sind die Resultate einer längerfristigen Behandlung publiziert. Diese betreffen Personen, die nach 12 Wochen Behandlung günstig auf die Therapie angesprochen hatten («Responders»). Wenn weiter jeden Monat 300 mg Secukinumab verabreicht wurde, blieb nach 52 Wochen PASI 75 bei etwa 80% erhalten, mit 150 mg bei etwa 75%.(3)
In einer kleinen Studie konnte nicht überzeugend dokumentiert werden, dass sich bei Personen, die nach 12 Wochen unter Secukinumab das PASI-75-Ziel nicht erreichen, eine intensivere Weiterbehandlung (300-mg-Schema oder intravenöse Gabe) ein signifikant besseres Resultat ergibt.(4)
Gemäss vorläufigen Resultaten einer 52-Wochen-Doppelblindstudie («CLEAR»), bei der 676 Personen mit einer moderat bis stark symptomatischen Plaque-Psoriasis mit Secukinumab (300-mg-Schema) mit Ustekinumab (gemäss der offiziell empfohlenen Dosierung) verglichen werden, ist Secukinumab bezüglich einer mindestens 90%igen Besserung des PASI-Wertes (PASI 90) nach 16 Wochen klar überlegen.(6)
In zwei Placebo-kontrollierten Doppelblindstudien ergab Secukinumab bei aktiver Psoriasis-Arthritis nach 24 Wochen bei signifikant mehr Behandelten eine mindestens 20%ige Besserung der Gelenksymptome («ACR20») als Placebo.(6,7) In der einen dieser Studien («FUTURE 1») wurde Secukinumab initial dreimal intravenös (10 mg/kg) verabreicht, anschliessend alle 4 Wochen subkutan (75 oder 150 mg). Dabei wurde mit beiden Dosierungen etwa dasselbe Resultat erreicht (ACR20 bei 50% der aktiv Behandelten, 17% unter Placebo).(7) In «FUTURE 2» fand sich mit Secukinumab (subkutan, wie in den oben beschriebenen Studien) ein ähnliches Resultat, wobei aber mit der 75-mg-Dosis nur bei 29% eine ACR20-Besserung erreicht wurde.(6)
Zwei Doppelblindstudien wurden bei Spondylitis ankylosans durchgeführt: Nach 16 Wochen wurde eine mindestens 20%ige Besserung der Spondylitis-Symptome unter Secukinumab (150-mg-Schema) bei 61% erreicht, unter Placebo signifikant seltener - nur bei knapp 29%.8
Unerwünschte Wirkungen
Wie bei anderen Biologika steht die Häufung von infektiösen Erkrankungen im Vordergrund: Sehr häufig, bei rund 18% der aktiv Behandelten, sind Infekte der oberen Luftwege (insbesondere Rhinitis, Pharyngitis). Unter höheren Plasmaspiegeln häufen sich auch Candida-, Herpes- und Staphylokokken-Infekte. Ausserdem werden beobachtet: Durchfall (bei 2-4%), Urtikaria (1%), Neutropenie (gelegentlich). Antikörperbildung gegen Secukinumab ist selten. Gemäss den vorläufigen Angaben zu der Vergleichsstudie mit Ustekinumab sind unerwünschte Wirkungen unter den beiden Interleukinantagonisten ähnlich häufig.(5) Um das Sicherheitsprofil von Secukinumab adäquat beurteilen zu können, müssen jedoch weitere Langzeitdaten abgewartet werden.
Interaktionen
Da Interleukine möglicherweise die Aktivität verschiedener Zytochrome beeinflussen, empfiehlt es sich zu Beginn und am Ende einer Secukinumab-Behandlung, die Wirkung von «kritischen» Medikamenten mit einem CYP-abhängigen Metabolismus zu überwachen (z.B. orale Antikoagulantien). Während einer Secukinumab-Behandlung sind Impfungen nicht sicher wirksam; Lebendvakzine sollten spätestens 2 Wochen vor und frühestens 4 Monate nach der Therapie verabreicht werden.
Dosierung, Verabreichung, Kosten
Secukinumab (Cosentyx®) steht in der Schweiz aktuell in einer Fertigspritze und als «SensoReady»-Fertigpen zur Verfügung; beide Formen enthalten 1 ml mit 150 mg Wirksubstanz. Das Medikament ist limitiert kassenzulässig. Die Zulassung des Präparates lautet auf «mittelschwere bis schwere Plaque-Psoriasis bei Kontraindikation, Unverträglichkeit oder nach Versagen anderer systemischer Therapien». Zu Beginn sollen im Abstand von jeweils einer Woche fünfmal 300 mg verabreicht werden, anschliessend dieselbe Dosis immer nach einem Monat. Jeweils zwei Injektionen zu 150 mg erfolgen am besten in die Bauchhaut (nicht in Nabelnähe und nicht im Bereich von Psoriasis-Läsionen). Die Verwendung des Präparates bei Kindern, Jugendlichen sowie schwangeren und stillenden Frauen fällt mangels entsprechender Daten ausser Betracht. Der Preis einer Secukinumab-Behandlung (18'595 Franken für das erste Halbjahr) liegt höher als derjenige der Ustekinumab-Behandlung (13'294 Franken für drei Injektionen innerhalb von 20 Wochen). Andere Psoriasistherapien sind wesentlich kostengünstiger.
Kommentar
Secukinumab ist in der Psoriasistherapie zweifellos wirksamer als ein Placebo und möglicherweise auch besser als einige andere Biologika, auch wenn dies bisher erst in bescheidenstem Ausmass dokumentiert ist. Bezüglich der unerwünschten Wirkungen unterscheidet es sich nach bisherigem Wissen nicht negativ von anderen Biologika. Es ist auch mit Abstand das teuerste Medikament, das bei Plaque-Psoriasis eingesetzt werden kann. Ferner ist zu bedenken, dass wir noch sehr wenig über die langfristigen Auswirkungen von Secukinumab wissen; es sind nur wenige Tausend Personen, die für mehr als ein Jahr Secukinumab erhalten haben. Damit ist klar, dass dieses Mittel trotz seiner Qualitäten als letzte Wahl bezeichnet werden muss – und dass die Limitationen der Indikation unbedingt beachtet werden müssen. Ob es nun wirklich so viele Personen gibt, bei denen keine der «nicht-biologischen» Therapien erfolgreich sein kann, muss doch in Frage gestellt werden.
Literatur
- 1) Paul C et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2015; 29 : 1082-90
- 2) Blauvelt A et al. Br J Dermatol 2015; 172: 484-93
- 3) Langley RG et al. N Engl J Med 2014; 371: 326-38
- 4) Thaçi D et al. Br J Dermatol 2015; 173 : 777-87
- 5) Thaçi D et al. J Am Acad Dermatol 2015 ; 73 : 400-9
- 6) Mease PJ et al. N Engl J Med 2015 ; 373 : 1329-39
- 7) McInnes IB et al. Lancet 2015 ; 386 : 1137-46
- 8) Baeten D et al. N Engl J Med 2015 ; 373 : 2534-48
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