Wurmerkrankungen

Wurmerkrankungen

Weltweit sind über eine Milliarde Menschen – hauptsächlich Kinder und junge Erwachsene – von Wurmerkrankungen (Helminthosen) betroffen. Wurmerkrankungen verlaufen grossenteils unter dem Bild eines chronischen Infektes, indem sie zum Beispiel mit einer Anämie oder mit einer Gedeih- oder Entwicklungsstörung vergesellschaftet sind.

Zwar kommen Wurmerkrankungen beim Menschen überwiegend in tropischen Ländern vor. Facetten der Globalisierung – das Reisen in tropische Länder; Menschen, die aus jenen Gegenden zu uns gelangen; eingeführte Essgewohnheiten (z.B. Sushi) – tragen aber dazu bei, dass mit «exotischen» Wurmerkrankungen auch bei uns zu rechnen ist.

Würmer zeichnen sich durch einen vielfältigen Lebenszyklus aus. Die Entwicklung von den Eiern über verschiedene Larvenstadien bis zum adulten Tier findet meistens mit Hilfe von spezifischen Zwischen- und Endwirten statt. Je nach Wurmart fungiert der Mensch als Zwischen- oder als Endwirt, manchmal auch als Fehlwirt (bei dem der Wurm-Lebenszyklus nicht mehr weiterführt).

Da die Symptome bei Wurmerkrankungen meistens schleichend und unspezifisch auftreten, ist die genaue Anamnese für die Diagnose umso hilfreicher. Gelegentlich liefert auch ein auffälliger Befund den ersten Hinweis (z.B. Eosinophilie im Blut). Für die Bestätigung der Diagnose dient in der Regel der Direktnachweis (Eier im Stuhl u.a.; Mikrofilarien im Blut; Gewebebiopsien). Bei manchen Wurmerkrankungen sind auch serologische oder radiologische Methoden sehr hilfreich.

Von der Systematik her unterteilt man die humanpathogenen Würmer in Zestoden (Bandwürmer), Trematoden (Saugwürmer) und Nematoden (Faden- oder Rundwürmer). Eine empfehlenswerte Website, die übersichtliche Informationen zu Biologie, Beschwerdebild, Diagnostik und Behandlung der verschiedenen Wurmerkrankungen liefert, ist von der amerikanischenn CDC-Behörde («Centers for Disease Control and Prevention») veröffentlicht: http://www.cdc.gov/parasites/az/index.html. 

Im Folgenden werden in einem ersten Teil die wichtigsten humanpathogenen Würmer und in einem zweiten Teil die Medikamente zur Wurmbehandlung (Anthelminthika) vorgestellt.

Zestoden

Von den in Mitteleuropa endemischen Würmern spielen Zestoden die führende Rolle.

Echinokokkose

Die zystische Echinokokkose wird durch den weltweit vorkommenden Hundebandwurm (E. granulosus) verursacht. Infektionsquelle sind Exkremente von Hunden, die mit Schlachtabfällen von Schafen oder Ziegen gefüttert wurden. Die alveoläre Echinokokkose wird durch den Fuchsbandwurm (E. multilocularis) hervorgerufen, der auf der nördlichen Hemisphäre verbreitet ist; als Endwirt dienen Füchse, zuweilen auch Hunde, die sich über Mäuse infizieren. Die Ansteckung geschieht über pflanzliche Produkte aus Wald oder Garten, die mit Eiern kontaminiert sind, oder durch direkten Kontakt mit Endwirten.(1,2)

Echinokokkus-Eier gelangen auf oralem Weg in den Dünndarm; die Larven treten ins Blut über und verteilen sich auf diverse Organe; meistens ist die Leber betroffen. Dort entwickeln sie sich weiter zur ausgereiften Larve. Beim Hundebandwurm können dies Blasen (Hydatiden) sein, die zu grossen Zysten anwachsen; beim Fuchsbandwurm bilden sie Bläschen, die sich durch Sprossung vermehren können und tumorartig die Leber einnehmen, von wo aus eine metastatische Streuung und sekundäre Infiltration in andere Organe erfolgen kann.

Beschwerden treten bei einer Echinokokkose meist erst Jahre später auf. Am häufigsten sind unspezifische abdominale Symptome, die dem Leberbefall zuzuordnen sind; je nach tangiertem Organ können auch andere Beschwerden in den Vordergrund rücken.

Die Therapie eines Hundebandwurm-Befalls hängt von mehreren Faktoren ab (u.a. von Morphologie und Lokalisation der Zysten). Bei gewissen Zysten reicht abwartendes Beobachten. Sofern ein aktives Vorgehen geboten ist, können eine Operation, perkutane Drainage oder medikamentöse Behandlung eine Option sein. Bei der perkutanen Drainage wird die Zyste entleert, mit einer parasitenabtötenden Lösung gefüllt und nochmals entleert. Beim Fuchsbandwurm-Befall wird die Therapie durch das Erkrankungsstadium bestimmt, das ähnlich wie bei einem malignen Tumor klassifiziert wird. Obligat ist immer eine mehrjährige oder gar lebenslange Einnahme eines spezifischen Anthelminthikums. Im Frühstadium spielt zudem die chirurgische Resektion eine wichtige Rolle.(3)

Taeniose, Zystizerkose und Diphyllobothriose

Über ungenügend erhitztes Fleisch können Finnen des Rinderbandwurms (Taenia saginata) oder Schweinebandwurms (T. solium) in den menschlichen Darm gelangen und sich zu reifen Bandwürmern entwicklen. Dies kann beim Menschen, der als Endwirt benutzt wird, zu abdominalen Symptomen führen; andere Störungen sind nicht zu erwarten.

Beim Schweinebandwurm kann dem Menschen aber auch die Rolle eines – akzidentellen – Zwischenwirtes zufallen, indem die ausgeschiedenen Eier direkt wieder vom Menschen aufgenommen werden (Fremd- oder Autoinfektion); daraus entsteht das Krankheitsbild der Zystizerkose, die gekennzeichnet ist durch multiple Zystizerken, die meistens in der Unterhaut, in den Muskeln sowie im Nervensystem (Neurozystizerkose) lokalisiert sind und behandelt werden müssen, wenn sie symptomatisch werden.(4)

Ein Befall mit Fischbandwürmern – es handelt sich um verschiedene Diphyllobothrium-Arten, die vornehmlich in den eher kälteren Süssgewässern der Nordhalbkugel heimisch sind – kann aus dem Verzehr von rohem Fisch resultieren. In Bezug auf die Symptomatik ist die Diphyllobothriose mit einer Taeniose zu vergleichen.(5)

Trematoden

Die mit Haftorganen ausgestatteten Trematoden kommen vor allem in tropischen Ländern vor.

Schistosomiase

Die Schistosomiase (Bilharziose) wird durch Schistosoma-Arten (Pärchenegel) verursacht. Die Infektion beim Menschen geht von Zerkarien (Wurmlarven) aus, die sich in Süsswasser-Schnecken entwickelt haben und im Wasser treiben. Nachdem die Zerkarien durch die Haut in den Körper eingedrungen sind, entstehen die männlichen und weiblichen Würmer, die sich in den mesenterialen (S. mansoni, S. japonicum) und perivesikalen (S. haematobium) Venolen niederlassen. Kranheitsauslösend sind nicht die adulten Würmer, sondern die Eier, die in Darm, Leber, Urogenitaltrakt oder ZNS eine chronische granulomatöse Entzündung hervorrufen.(6)

Ebenfalls zu den Schistosomen gehören die Erreger der weltweit verbreiteten Zerkariendermatitis («Entenflöhe»), die Wasservögel als Endwirte benutzen. Die Zerkarien können in Süss- und Salzgewässern den Menschen als Fehlwirt befallen, indem sie sich in die Haut bohren; sie führen zu einer vorübergehenden juckenden Hautreaktion. Die Zerkarien sterben in der Haut ab, so dass die symptomatische Behandlung der Dermatitis ausreicht.

Andere Trematoden

Auf oralem Weg in den Menschen gelangende Trematoden («food borne trematodes») können verschiedene Organe befallen: Beispiele für Trematoden, die in Leber und Gallenwegen parasitieren, sind der Grosse und der Riesen-Leberegel (Fasciola hepatica und F. gigantica), der Katzen- und der Südostasiatische Leberegel (Opisthorchis felineus und O. viverrini) sowie der Chinesische Leberegel (Clonorchis sinensis); für solche, die in der Lunge vorkommen, der Lungenegel (Paragonimus westermani); und für solche, die im Darm parasitieren, der Riesen-Darmegel (Fasciolopsis buski), der Kleine Darmegel (Heterophyes heterophyes) und Echinostoma-Arten. Diese Trematoden benutzen Schnecken als ersten Zwischenwirt; meistens existiert ein zweiter Zwischenwirt (Fisch, Krebs, Weichtier). Der Befall mit diesen Trematoden, die zuweilen auch in wärmeren gemässigten Zonen anzutreffen sind, verläuft in vielen Fällen symptomarm. Die Opisthorchiose und die Clonorchiose werden aber mit Cholangiokarzinomen in Zusammenhang gebracht.(7,8)

Nematoden

Nematoden bilden eine heterogene Gruppe. Dabei lassen sich Nematoden, die im Darm parasitieren, von solchen abgrenzen, die andere Organe befallen; eine dritte Gruppe betrifft Erkrankungen, die nicht durch die adulten Würmer, sondern durch die Larven verursacht werden.

Nematoden mit intestinaler Infektion

Eine wichtige Stellung nehmen Nematoden ein, bei denen die Infektion von Eiern oder Larven ausgeht, die in feuchten Böden vor allem in warmen Ländern verbreitet sind («soil-transmitted helminths»); es handelt sich dabei um den Spulwurm (Ascaris lumbricoides), den Peitschenwurm (Trichuris trichiura) und die beiden Hakenwürmer Ancylostoma duodenale und Necator americanus. Die Infektion mit Spul- und Peischenwurm findet auf oralem, diejenige mit Hakenwürmern auf kutanem Weg statt. Spul- und Hakenwürmer parasitieren im Dünndarm, der Peitschenwurm im Dickdarm.

Zwergfadenwürmer (Strongyloides spp.), die in tropischen, zuweilen aber auch in gemässigten Zonen vorkommen, weisen einen komplexen Entwicklungszyklus auf. Einerseits existiert ein exogener Zyklus, bei dem sich die Würmer ohne Wirt vermehren; andererseits können Larven aus kontaminierten Böden ähnlich wie bei den Hakenwürmern via Haut in den Menschen eindringen.(9)

In Europa begegnet man dem Madenwurm (Enterobius vermicularis), mit dem sich vor allem Kinder auf fäkal-oralem Weg anstecken. Madenwurm-Befall ruft in der Anogenitalgegend einen heftigen Juckreiz hervor – mit der Folge, dass über das Kratzen mit den Fingern Autoinfektionen unterhalten und die Wurmeier auf Gegenstände (Spielzeug u.a.) verbreitet werden. Klassische Untersuchungsmethode ist der auf die Perianalhaut gedrückte Klebestreifen, der anschliessend unter dem Mikroskop nach Eiern und Larven abgesucht wird.

Nematoden mit extraintestinaler Infektion

Erkrankungen durch Filarien werden in tropischen Ländern durch Stechmücken oder andere Insekten übertragen, die als Zwischenwirte beansprucht werden. Über den Insektenstich gelangen die Larven in den Menschen. Die adulten Würmer besiedeln das Lymphystem oder das subkutane Bindegewebe. Aus der Paarung der adulten Würmer entstehen Larven (Mikrofilarien), die ins Blut vordringen und den Entwicklungszyklus aufrechterhalten. Die wichtigsten Filariosen sind die lymphatische Filariose (Elephantiose; Wuchereria bancrofti u.a.), die Loaose (Loa loa) und die Onchozerkose (Flussblindheit; Onchocercus volvulus).(10)

Trichinen sind kleine, millimetergrosse Nematoden und befallen auf der nördlichen Halbkugel fleisch- oder allesfressende Säugetiere. Man kennt einen «Haustier-Zyklus», bei Schweinen oder Ratten vorkommend, und einen «Wildtier-Zyklus», zum Beispiel bei Wildschweinen, Füchsen oder Bären vorkommend. Die Larven der Trichinen finden sich in abgekapselter Form im Muskelgewebe. Der Mensch steckt sich durch Aufnahme von Trichinenlarven-haltigem Fleisch an (Trichinen werden durch Hitze zerstört, jedoch durch Trocknen oder Pökeln nur ungenügend abgetötet). Bei der Verdauung werden die abgekapselten Larven freigesetzt und entwickeln sich im Darm zu geschlechtsreifen Würmern. Diese produzieren wiederum Larven, die sich via Darmschleimhaut, Blut- und Lymphgefässe in die Muskulatur verteilen. Eine Trichinellose kann beim Menschen verschiedenenartige Symptome hervorrufen: der Befall des Dünndarms kann zunächst zu Bauchbeschwerden führen; nach rund einer Woche, wenn die Larven ins Muskelgewebe migrieren, können Fieber, Muskelschmerzen, Ödeme im Gesicht, Konjunktivitis, Hautausschläge, Myokarditis oder Meningoenzephalitis auftreten. Das Abkapseln der Larven im Muskelgewebe kann von Muskelschmerzen und Schwäche begleitet sein. Meistens verschwinden die Symptome allmählich wieder.(11)

Erkrankungen durch Nematoden-Larven

Larven von Nematoden verursachen sogenannte Larva-migrans-Manifestationen. Die kutane Larva migrans wird durch Ancylostoma-Arten hervorgerufen. Aus deren Eiern, die sich in Hunde- oder Katzenkot finden, entstehen Larven, die sich beim Menschen durch die Haut bohren (z.B. an Badestränden). Da der Mensch Fehlwirt ist, kriechen die Larven «ziellos» durch die Haut; die Wurmgänge zeigen sich als stark juckende, gewundene und leicht erhabene Hautrötungen. Es handelt sich um eine selbstlimitierende Erkrankung, die Larven sterben innerhalb einiger Wochen ab. Dennoch ist wegen des Juckreizes in den meisten Fällen eine Therapie nötig.(12)

Die viszerale Larva migrans wird von Toxocara-Arten herbeigeführt. Die Infektion erfolgt durch die orale Aufnahme von Eiern, die von Hunden (T. canis) oder von Katzen (T. cati) mit dem Kot ausgeschieden werden. Die Larven durchdringen den Dünndarm, gelangen ins Blut und werden auf andere Organe verstreut, wo sie sich einkapseln und zu schweren Lokalreaktionen führen können. Je nach befallenen Organen vermag sich die Toxokariose in mannigfachen Symptomen zu äussern; unter anderem können auch die Augen befallen werden (okuläre Larva migrans).(13)

Ebenfalls durch Nematoden-Larven verursacht wird die Anisakiose (Anisakis simplex); es handelt sich um eine Erkrankung, die durch den Genuss von ungenügend gekochtem Meeresfisch entsteht.

Medikamentöse Therapie

Die meisten Wurmerkrankungen lassen sich mit Anthelminthika erfolgreich und oft in Form einer Einmaldosis behandeln (hauptsächlich bei intestinalen Infektionen). Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass die Therapie Fachkenntnis erfordert und bei einzelnen Wurmerkrankungen wie zum Beispiel der Echinokokkose oder den Filariosen als diffizil einzustufen ist. Jede Wurmerkrankung kennt ein eigenes Therapieschema; über die geeigneten Anthelminthika informiert die Tabelle; für Angaben zu Dosis und Therapiedauer sei auf die erwähnte CDC-Website oder andere Publikationen verwiesen.(14,15)

Zur Wurmbehandlung sind bislang rund ein Dutzend Substanzen entwickelt worden, wovon die Hälfte heute effektiv noch verwendet wird und auf der WHO-Liste der essentiellen Medikamente figuriert. Anthelminthika-Fertigpräparate sind in der Schweiz nur zum Teil auf dem Markt; die nicht erhältlichen können jedoch aus Nachbarländern bezogen werden (die Verfügbarkeit ist in den folgenden Textabschnitten mit Länderkürzeln gekennzeichnet).

Alle Anthelminthika führen zu ähnlichen Nebenwirkungen. Am häufigsten handelt es sich um gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen u.a.); auch Kopfschmerzen, Juckreiz, Hautreaktionen (Ausschläge, Urtikaria) und allgemeines Unwohlsein werden erwähnt. Resistenzen sind in der Humanmedizin noch kein bedeutsames Problem.

Die Erfahrungen mit der Behandlung von schwangeren und stillenden Frauen sind begrenzt. Unter Abwägung der möglichen Risiken scheint die Verabreichung in der Schwangerschaft und in der Stillzeit aber grundsätzlich möglich (Benzimidazole und Pyrantel nicht im ersten Trimenon). Auch bei Kindern lassen sich Anthelminthika einsetzen, ohne dass gemäss den bisherigen Beobachtungen spezielle Komplikationen zu erwarten wären.

Benzimidazole

Benzimidazole blockieren, sich an Beta-Tubuline bindend, die Bildung von Mikrotubuli, was zu einer Hemmung der Zellteilung und der Mikrotubuli-abhängigen Glukose-Aufnahme führt (die Affinität gegenüber den Beta-Tubulinen der Würmer ist deutlich höher als gegenüber denen des Menschen). Benzimidazole werden im Magen-Darm-Trakt nicht sehr gut resorbiert und unterliegen einem starken «First-Pass»-Metabolismus.(16,17)

Mebendazol (CH: Vermox®) wirkt vor allem gegen Zestoden und Nematoden. Es wird in der Leber durch Zytochrome und Esterasen zu pharmakologisch inaktiven Metaboliten abgebaut. Albendazol (CH: Zentel®) weist ein ähnliches anthelminthisches Spektrum auf, kann aber zusätzlich bei gewissen Trematoden eingesetzt werden. Für die Wirkung ist der Sulfoxid-Metabolit verantwortlich, der vermutlich unter Mithilfe von CYP1A1, 3A4 und Flavin-abhängigen Monooxygenasen entsteht. Eine fettreiche Mahlzeit erhöht die aufgenommene Albendazol-Menge um das 2- bis 6-fache, was auszunützen ist, wenn der angepeilte Wirkungsort ausserhalb des Darms liegt. Mit Albendazol wird eine deutlich höhere Plasmakonzentration erreicht als mit Mebendazol;(18) ein Grund, weshalb Albendazol gegenüber Mebendazol als die tendenziell wirksamere und zu bevorzugende Substanz angesehen wird.(19) Für Kinder wird Albendazol auch als Suspension angeboten.

Triclabendazol (F: Egaten®) wird gegen Trematoden verwendet, insbesondere ist es Mittel der Wahl bei der Fasziolose.

Praziquantel

Praziquantel (D: Biltricide® u.a.; F: Biltricide®) bindet sich an spannungsabhängige Kalziumkanäle und verstärkt den Kalzium-Einstrom, wodurch bei den Würmern ein Lähmungszustand induziert wird. Praziquantel wird als Razemat verabreicht, wobei die R-Form für die pharmakologische Wirkung verantwortlich ist, während die S-Form zum bitteren Geschmack beiträgt. (Es sind Bestrebungen im Gang, kinderfreundlichere Verabreichungsformen auf den Markt zu bringen.) Es wirkt gegen Zestoden und Trematoden, im Allgemeinen jedoch nicht gegen Nematoden; das wichtigste Einsatzgebiet sind Trematoden-Infekte, eine zentrale Rolle nimmt Praziquantel bei der Schistosomiase und Taeniose ein (vor der Behandlung einer Taeniose sollte wegen der therapeutischen Konsequenzen eine Zystizerkose ausgeschlossen sein). Praziquantel wird fast vollständig resorbiert, weist aber einen ausgeprägten «First-Pass»-Effekt auf. Am Abbau beteiligen sich vor allem CYP3A4 und CYP2B1.(16,17)

Ivermectin

Ivermectin (F: Stromectol®) ist ein 90:10-Gemisch von Avermectin B1a und B1b, die als Fermentationsprodukte aus Streptomyces avermitilis gewonnen werden. Es hemmt Glutamat-gesteuerte Chlorid-Kanäle, die bei wirbellosen Tieren vorkommen. Dadurch verstärkt sich die Chlorid-Permeabilität in Nerven- und Muskelzellen, was zu einer muskellähmenden Hyperpolarisation führt. Bei Wirbeltieren kann Ivermectin im ZNS die Freisetzung von GABA stimulieren, die Blut-Hirn-Schranke verhindert aber normalerweise den Übertritt ins ZNS. Ivermectin wirkt vor allem gegen Nematoden, dagegen nicht gegen Zestoden und Trematoden; es gilt als Standardmedikament bei der Onchozerkose und Strongyloidose. (Ferner kann Ivermectin bei gewissen Ektoparasiten eingesetzt werden.) Ivermectin wird in der Leber durch CYP3A4 abgebaut. Es ist ein Substrat des P-Glykoproteins (das funktionell an der Blut-Hirn-Schranke beteiligt ist) und sollte nicht mit Hemmern dieses Transportproteins kombiniert werden.(17)

Diäthylcarbamazin

Für Wirkung von Diäthylcarbamazin (F: Notezine®) beruht wahrscheinlich auf einer Hemmung des Arachidonsäure-Metabolismus. Es gilt als Mittel der Wahl bei der lymphatischen Filariose. Ein Teil von Diäthylcarbamazin wird metabolisiert, als Hauptprodukt entsteht das pharmakologisch aktive Diäthylcarbamazin-N-oxid; der andere Teil wird unverändert über die Nieren ausgeschieden, und zwar abhängig vom Urin-pH: je alkalischer der Urin ist, umso geringer ist die im Urin ausgeschiedene Menge (und umso höher die Plasmakonzentration).(17)

Andere Anthelminthika

Niclosamid (D: Yomesan®; F: Tredemine®) hemmt bei den Würmern den Energiestoffwechsel. Wirksam ist es gegen gewisse Zestoden und Trematoden. Es lässt sich auch als Molluskizid gegen Schistosomiase-übertragende Schnecken verwenden. Niclosamid wird im Magen-Darm-Trakt praktisch nicht aufgenommen.(17)

Pyrantel (CH: Cobantril®) wird in Form eines unlöslichen Salzes (Pamoat) verabreicht, das kaum resorbiert wird. Es wirkt als depolarisierendes Muskelrelaxans und lässt sich gegen im Darm parasitierende Nematoden verwenden.(17)

Schlussfolgerungen

Wurmerkrankungen sind aus globaler Sicht ein immenses Problem, das sowohl die Human- wie die Veterinärmedizin angeht. Für die hiesige Durchschnittsbevölkerung am bedeutendsten sind der Fuchsbandwurm, der Madenwurm bei Kindern, die viszerale Larva migrans und der Erreger der Zerkariendermatitis. Andere Wurmerkrankungen kommen nur bei besonderer Exposition vor oder werden aus anderen Ländern importiert. Prophylaktische Massnahmen, mit Fleischschau und Entwurmungen auch in der Veterinärmedizin, helfen entscheidend, das Risiko von Wurmerkrankungen zu minimieren. Beim Menschen bedeutet das auf individueller Ebene vor allem die Tropenreisen, wo man keine ungewaschenen oder ungekochten Nahrungsmittel einnehmen, nicht in Süssgewässern waten oder baden und einen konsequenten Insektenschutz durchführen soll. Anthelminthika stehen bei der Behandlung der Wurmerkrankungen in den meisten Fällen im Zentrum, wobei mit wenigen Substanzen das ganze Wurmspektrum abgedeckt wird.

Standpunkte und Meinungen

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Wurmerkrankungen (4. Mai 2015)
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