Nepafenac-Augentropfen

Nepafenac (Nevanac®) ist ein neuer nicht-steroidaler Entzündungshemmer, der zur Prophylaxe und Behandlung von Schmerzen und Entzündungen im Zusammenhang mit Katarakt-Operationen zugelassen ist.

Chemie/Pharmakologie

Nepafenac, ein «Prodrug», ist das Amid eines Essigsäurederivats und gleicht somit anderen am Auge applizierten Entzündungshemmern. Nepafenac hat selbst nur wenig hemmende Wirkung auf die Zyklooxygenase (COX). Wirksam wird es durch Desaminierung zu Amfenac, welches eine deutliche COX-hemmende Wirkung aufweist. (Amfenac ist seit 1986 in Japan als oraler Entzündungshemmer erhältlich.)

Die Nepafenac-Suspension (0,1%) enthält Benzalkoniumchlorid als Konservans und eine Reihe von Exzipientien (insbesondere Mannitol, Carbomer 974P, Tyloxapol, Dinatriumedetat), die der Aufrechterhaltung des pH-Wertes (7,4) und der Tonizität dienen.

Pharmakokinetik

Da die Nepafenac-Suspension leicht basisch ist,  penetriert die Wirksubstanz in nicht-ionisierter Form rasch durch die Kornea.(1) Die Penetration durch die Kornea wird auch von weiteren Bestandteilen der Augentropfen (Benzalkoniumchlorid, Tyloxapol) begünstigt. Im Vergleich mit anderen lokal applizierten COX-Hemmern, z.B. Ketorolac (Acular®), erreicht Nepafenac gemäss einer Studie beim Menschen schnell höhere Konzentrationen im Kammerwasser.(2) Gemäss einer anderen Studie sind nach zwei Tagen regelmässiger Anwendung die Kammerwasser-Spiegel von Ketorolac jedoch deutlich höher als diejenigen von Nepafenac.(3) Die Umwandlung von Nepafenac in die biologisch aktivere Form (Amfenac) erfolgt wahrscheinlich im Kammerwasser und/oder im intraokulären Gewebe (Ziliar­körper, Retina).

Das Medikament wird in kleinen Mengen systemisch verfügbar; Nepafenac lässt sich 2 Stunden, Amfenac 3 Stunden nach der Applikation im Plasma nachweisen. Amfenac wird weiter metabolisiert und grösstenteils über die Nieren ausgeschieden.

Klinische Studien

Die Nepafenac-Suspension wurde in einigen Studien bei Personen getestet, die sich einer Kataraktoperation unterzogen. Zwei randomisierte und «doppelt-maskierte» Vergleiche mit der Trägerflüssigkeit (als Placebo) sind veröffentlicht, in denen die (aktuell erhältliche) 0,1%ige Nepafenac-Suspension verwendet wurde.

In der einen dieser Studien gelangten drei verschiedene Dosierungen (einmal, zweimal oder dreimal täglich 1 Tropfen) zum Einsatz. Die Augentropfen wurden erstmals 1 Tag vor dem Eingriff und anschliessend bis 14 Tage nach dem Eingriff appliziert. Der Erfolg der Behandlung wurde anhand einer Schmerzskala und von Entzündungszeichen im Kammerwasser beurteilt. Schon am ersten Tag postoperativ reduzierte die dreimal tägliche Anwendung Schmerzen und Entzündung signifikant besser als das Placebo. Im späteren Verlauf erwiesen sich auch die einmal oder zweimal tägliche Verabreichung als wirksamer als das Placebo.(4)

Die andere – bisher grösste – Vergleichsstudie umfasste 476 Personen. Diese erhielten entweder 3-mal täglich Nepafenac- oder Placebotropfen, ebenfalls vom Tag vor der Operation bis 14 Tage nachher. Auch die Beurteilung basierte auf den gleichen Kriterien wie in der oben geschilderten Studie. Kontrollen erfolgten an den Tagen 1, 3, 7 und 14 nach der Operation. Während der ganzen Studie waren die meisten Personen (83 bis 93%) der Nepafenac-Gruppe schmerzfrei, während unter Placebo nur 42 bis 46% schmerzfrei waren. Mit Nepafenac Behandelte hatten bei allen Kontrollvisiten signifikant weniger Entzündungszeichen als diejenigen, die nur mit Placebo behandelt wurden.(5)

Nepafenac (0,1%) wurde in zwei Studien bei Kataraktoperationen auch mit Ketorolac verglichen. In einer italienischen Multizenterstudie mit 227 Operierten, die drei Wochen dauerte, wurden die beiden aktiven Präparate zusätzlich dem Placebo verglichen. Sowohl Nepafenac als auch Ketorolac (0,5%) wirkten signifikant besser als das Placebo. Gemäss dieser Studie war Nepafenac bezüglich Schmerzen und Anwendungskomfort Ketorolac überlegen.(6) Die andere Vergleichsstudie, die ohne Placebovergleich in einer nordamerikanischen Einzelpraxis durchgeführt wurde, umfasste 183 Personen. Hier schnitten die Ketorolac-Augentropfen (0,4%) gesamthaft besser ab (bessere Wirkung auf die Schmerzen, seltenere Trübungen der hinteren Linsenkapsel).(7)

Die Tabelle 1 vermittelt einen Überblick zu den in der Schweiz erhältlichen Augentropfen mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern, die bei der Kataraktoperation eingesetzt werden können.

Nepafenac ist ausserdem als Entzündungshemmer bei zystoidem Makulaödem und nach photorefraktiver Keratektomie untersucht worden. Diese Studien, die eine vorteilhafte Wirkung von Nepafenac vermuten lassen, sind jedoch klein und lassen noch keine zuverlässigen Schlüsse zu.

Unerwünschte Wirkungen

Unter Nepafenac-Augentropfen werden häufig lokale Symptome (Brennen, Jucken, Fremdkörpergefühl, Augenschmerzen) und Kopfschmerzen beobachtet. In welchem Ausmass mögliche Kapseltrübungen und eine Visusabnahme mit dem Eingriff bzw. mit dem Medikament in Zusammenhang stehen, ist unklar. Von besonderer Bedeutung sind Veränderungen der Kornea, deren Häufigkeit bisher nicht genau eingeschätzt werden kann. Nach einer photorefraktiven Keratektomie angewandt, hat Nepafenac – wie andere Augentropfen mit nicht-steroi­dalen Entzündungshemmern – wiederholt zu ulzerierenden Veränderungen der Kornea geführt («corneal melting»).(8) Möglicherweise trägt das Konservans (Benzalkoniumchlorid) zur kornealen Toxizität bei. Gelegentlich kommen noch andere unerwünschte Wirkungen (allergische Reaktionen, Mundtrockenheit, Übelkeit) vor. Besondere Vorsicht ist bei Personen angezeigt, die anamnestisch eine Überempfindlichkeit auf Entzündungshemmer aufweisen.

Interaktionen

Gleichzeitig lokal verabreichte Kortikosteroide können das Ri­siko von Wundheilungsstörungen und Keratitis erhöhen.

Dosierung, Verabreichung, Kosten

Nepafenac-Augentropfen (0,1%ige Suspension, Nevanac®) stehen in der Schweiz in 5-ml-Fläschchen zur Verfügung. Das Präparat ist kassenzulässig. Es wird empfohlen, am Tag vor einer Kataraktoperation mit der Behandlung (3-mal täglich 1 Tropfen in das betroffene Auge) zu beginnen und damit bis zu zwei Wochen nach dem Eingriff fortzufahren. Am Operationstag soll 1 zusätzliche Dosis ½ bis 2 Stunden vor dem Eingriff appliziert werden. Da es sich um eine Suspension handelt, muss das Präparat vor der Anwendung gut geschüttelt werden. Sofern mehrere lokal applizierte Mittel verwendet werden, soll zwischen den Anwendungen mindestens 5 Minuten gewartet werden. Erfahrungen bei Kindern, jungen Leuten sowie schwangeren und stillenden Frauen fehlen; bei diesen Personen werden aber in der Regel keine Kataraktoperationen durchgeführt. Da Benzalkoniumchlorid zu Verfärbungen von Kontaktlinsen führen können, dürfen unter der Behandlung keine Kontaktlinsen getragen werden. Die Anwendung von Nepafenac bei einer Kataraktoperation kostet CHF 27.85 (entspre­chend den Kosten eines 5-ml-Fläschchens, siehe auch Tabelle 1).

Kommentar

Die Anwendung von Augentropfen mit nicht-steroidalen Entzündungshemmern ist keineswegs völlig problemlos. Wahrscheinlich ist man gut beraten, wenn man die bei den Diclofenac-Augentropfen genannte Empfehlung «solange erforderlich» beachtet und nicht unbedingt zwei Wochen lang postoperativ behandelt. Ob die Tatsache, dass Nepafenac besonders gut in die Kornea penetriert, einen Vor- oder einen Nachteil darstellt, ist nicht recht klar. Nach refraktiven Eingriffen scheint eine längere Anwendung von Nepafenac das Risiko einer kornealen Toxizität stark zu erhöhen.(1) Von einer «Off-Label»-Anwendung von Nepafenac ist jedenfalls dringend abzuraten. Erwähnenswert ist ferner, dass von Ketorolac und Nepafenac –  im Gegensatz zu Diclofenac und Indometacin – keine Einzeldosisbehälter verfügbar sind.

Standpunkte und Meinungen

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Nepafenac-Augentropfen (25. Mai 2010)
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pharma-kritik, 31/No. 17
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