Clarithromycin
- Autor(en): Morten Keller
- pharma-kritik-Jahrgang 13
, Nummer 19, PK559
Redaktionsschluss: 14. Oktober 1991 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Synopsis
Clarithromycin (Klacid®) ist ein Makrolidantibiotikum, das zur Behandlung von Infektionen der oberen und der unteren Atemwege empfohlen wird.
Chemie/Pharmakologie
Clarithromycin ist ein 6-Methoxy-Derivat von Erythromycin (z.B. Erythrocin®). Das antibakterielle Spektrum von Clarithromycin ist demjenigen von Erythromycin sehr ähnlich. Clarithromycin weist eine gute Aktivität gegen gram-positive Kokken -- insbesondere Streptokokken und Staphylokokken -- auf. Von den gram-negativen Keimen umfasst das Spektrum Gonokokken, Bordetella pertussis, Legionellen und Haemophilus influenzae. Die antibakterielle Wirkung von Clarithromycin auf Haemophilus influenzae ist bei üblicher Dosierung grösser als diejenige von Erythromycin bei Standarddosierung. Dies beruht wahrscheinlich auf der zusätzlichen Wirkung von 14-Hydroxyclarithromycin, einem aktiven Metaboliten. Wie andere Makrolidanibiotika ist Clarithromycin auch gegen die bakterienähnlichen Mykoplasmen und Chlamydien wirksam.
Pharmakokinetik
Clarithromycin ist ähnlich säurestabil wie Roxithromycin (Rulid®). Dank dieser Säurestabilität wird auch Clarithromycin durch den Magensaft nicht hydrolysiert. Nach oraler Gabe von Clarithromycin erfolgt eine rasche und zuverlässige Resorption. Clarithromycin erreicht nach zwei, sein aktiver Metabolit 14-Hydroxyclarithromycin nach drei Stunden maximale Plasmakonzentrationen. Die biologische Verfügbarkeit beträgt gemäss Herstellerangaben etwa 55%. Clarithromycin verteilt sich rasch in den Geweben und erreicht vor allem in Nasenschleimhaut, Tonsillen und Lunge Gewebekonzentrationen, die ein Mehrfaches über der Plasmakonzentration liegen.(1) Die Eliminationshalbwertszeit von Clarithromycin ist dosisabhängig. Bei einer Dosierung von täglich 2mal 250 mg beträgt sie für Clarithromycin etwa 3 Stunden und für 14-Hydroxyclarithromycin etwa 6 Stunden.
Clarithromycin wird zu rund 40% über die Nieren und zu ungefähr 60% über die Leber eliminiert. Im Urin werden weniger als 20% einer verabreichten Dosis in unveränderter Form gefunden.
Klinische Studien
Mit den bisher veröffentlichten Studien ist die klinische Wirksamkeit von Clarithromycin erst wenig dokumentiert. Die vorhandenen (vorwiegend offenen) Studien sind zur Hauptsache in einem Zeitschriften-Supplement erschienen.
In einer kontrollierten Studie wurden in 57 Arztpraxen 108 Personen behandelt, die an einer ausserhalb des Spitals erworbenen Pneumonie erkrankt waren. Clarithromycin (2mal 250 mg/Tag) wurde mit Erythromycin (4mal 500 mg/Tag) verglichen. Sowohl mit Clarithyromycin als auch mit Erythromycin wurde eine rasche Besserung und innerhalb von 6 bis 8 Wochen eine klinische Heilung bei rund 80% der Patienten erreicht.(2)
In einer anderen Studie ist Clarithromycin (2mal 250 mg/Tag) mit Roxithromycin (2mal 150 mg/Tag) verglichen worden, ebenfalls bei der Behandlung von Patienten mit einer ausserhalb des Spitals erworbenen Pneumonie. 26 von 34 Patienten, die mit Clarithromycin und 25 von 31 Patienten, die mit Roxithromycin behandelt wurden, konnten klinisch geheilt werden. Dies lässt den Schluss zu, dass Clarithromycin und Roxithromycin bei der Behandlung von Pneumonien praktisch gleich wirksam sind.(3)
In einer weiteren Studie wurden Clarithromycin und Erythromycin bei Streptokokken-Pharyngitis verglichen. In dieser Studie wurden beide Medikamente nur zweimal täglich verabreicht. Nach einer 10 Tage dauernden Behandlung führte Clarithromycin bei 111 von 115 erkrankten Personen zu einer klinischen Besserung, während Erythromycin das gleiche Resultat bei 108 von ebenfalls 115 Patienten bewirkte.(4)
In anderen Untersuchungen wurde Clarithromycin mit Amoxicillin (Clamoxyl® u.a.) bei akuter Kieferhöhlenentzündung(5) oder mit Penicillin V (Fenoxipen® u.a.) bei Streptokokken-Pharyngitis(6) verglichen. Weitere Vergleichsstudien fanden mit Josamycin (Josacin®) bei der Behandlung von bakterieller Pneumonie(7) und von akuter Exazerbation einer chronischen Bronchitis(8) statt. Zusammenfassend lassen die Resultate dieser Studien annehmen, dass Clarithyromycin bei geeigneten Indikationen in seiner Wirksamkeit anderen Antibiotika vergleichbar ist.
Unerwünschte Wirkungen
Clarithyromycin kann Brechreiz, Erbrechen, Bauchkrämpfe, andere gastrointestinale Beschwerden, Schwindel oder Exantheme verursachen. In den klinischen Studien klagten zwischen 6 und 16% der Patienten über unerwünschte Wirkungen. Im Vergleich mit Erythromycin scheint Clarithromycin weniger gastrointestinale Nebenwirkungen hervorzurufen.(2) Gegenüber Roxithromycin fand sich kein signifikanter Unterschied.(3) Im ganzen kann angenommen werden, dass das neue Medikament ein ähnliches Nebenwirkungsprofil wie andere Makrolide aufweist.
Interaktionen: Clarithromycin verstärkt die Wirkung von Carbamazepin und die Toxizität von Theophyllin. Zudem verstärkt es wahrscheinlich die Wirkung von Ciclosporin und die Toxizität von Ergot-Alkaloiden.(9)
Dosierung, Verabreichung, Kosten
Clarithromycin (Klacid®) ist als Filmtabletten zu 250 mgerhältlich und kassenzulässig. Eine kindergerechte Formsteht nicht zur Verfügung.
Die übliche Dosis für Erwachsene und Jugendliche imAlter von mehr als 12 Jahren beträgt 2mal 250 mg pro Tag.Bei schweren Infekten kann die Dosis auf 2mal 500 mg/Tagerhöht werden.
Eine Tagesdosis von Clarithromycin kostet Fr. 8.50.Roxithromycin (Rulid®, 2mal 150 mg/Tag) kostet je nachPackungsgrösse zwischen Fr. 6.60 und Fr. 7.50.
Kommentar
Mit Clarithromycin ist ein weiterer Konkurrent von Erythromycin erhältlich. Dieses neu auf dem Schweizer Markt eingeführte Makrolidantibiotikum ist bisher noch recht wenig dokumentiert. Clarithromycin scheint sich durch eine besonders gute Aktivität gegen Haemophilus influenzae auszuzeichnen. Mit Roxithromycin teilt es den Vorteil, dass es nur zweimal täglich verabreicht werden muss. Ob eines dieser beiden Medikamente dem anderen klinisch tatsächlich überlegen ist, kann aufgrund der vorliegenden Studien nicht gesagt werden. Auch die Frage, ob Clarithromycin weniger unerwünschte Wirkungen als andere Makrolide aufweist, lässt sich vorläufig nicht schlüssig beantworten.
Literatur
- 1) Fraschini F et al. J Antimicrob Chemother 1991; 27 (Suppl A): 61-5
- 2) Anderson G et al. J Antimicrob Chemother 1991; 27 (Suppl A): 117-24
- 3) Poirier R. J Antimicrob Chemother 1991; 27 (Suppl A): 109-16
- 4) Scaglione F. Curr Med Res Opin 1990; 12: 25-33
- 5) Karma P et al. J Antimicrob Chemother 1991; 27 (Suppl A): 83-90
- 6) Levenstein JH. J Antimicrob Chemother 1991; 27 (Suppl A): 67-74
- 7) Straneo G, Scarpazza G. J Int Med Res 1990; 18: 164-70
- 8) Fraschini F. J Int Med Res 1990; 18: 171-6
- 9) Gysling E. pharma-kritik 1991; 13: 69-72
Standpunkte und Meinungen
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